Die Sonntagsfrauen
Sonntags gehen sie durch die Stadt. Besonders bei schönem Wetter. Man sieht ihnen an, dass sie sich sorgfältig zurecht gemacht haben. Die Frisur sitzt, die Kleider sehen aus, wie frisch gebügelt, die Schuhe scheinen ungewohnt, die Gesichter sind mehr oder weniger dezent geschminkt.
Sie flanieren die geschlossene Einkaufsmeile entlang, lassen sich Zeit, die Auslagen in den Schaufenstern zu studieren, grüßen gelassen nach hier und dort. ‚Ach, Louise, dass man dich mal wieder sieht!’…
Sie scheinen so selbstbewusst und leger. Nur am festen Griff, den sie plötzlich um ihre Handtasche haben, erkennt man ihre Unsicherheit.
Sie sitzen in der Frühherbstsonne auf der Terrasse beim Konditor und im Eiscafé um die Ecke.
Sie genießen den Sonntag. Sie dehnen diese Zeit aus.
Allein…
Allen scheint ein bitterer Zug um den Mund zu liegen.
Wenn sie heimkommen erwartet sie niemand. Sie werden ihre Kleider in den Schrank hängen, sich gründlich duschen, sich einen Tee zum Abendbrot machen und den Sonntag mit dem Tatort beschließen.
Die ein oder andere wird noch einen Wein trinken. Oder einen Wein zu viel. Aber nicht viel zu viel, denn morgen wartet einen Arbeitswoche und die ist anstrengend.
Die Woche wird gipfeln in einem ruhigen Sonntag, an dem sie bei gutem Wetter durch die Stadt flanieren.
(c) Rhabia