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zwangsläufig Kopfsache! - ein paranoides Bühnenstück

zwangsläufig Kopfsache! - ein paranoides Bühnenstück
Anmerkung:

Ich habe dieses Stück 2009 in einer psychosomatischen Klinik als Teil eines Tagebuches geschrieben, als ich mich wegen Depressionen dorthin in Behandlung gegeben hatte.
Es wurde unter Anderem Borderline bei mir festgestellt bzw. diagnostiziert und wir haben viel über Zwänge und dergleichen gesprochen.
Das Stück wurde von unserer Gruppe am Verabschiedungstag unter meiner Regie und Mitwirkung "uraufgeführt" und fand echt großen Anklang, da sich viele meiner Patientenkollegen darin wiederfinden konnten.
Unter dem Gesichtspunkt dieses Hintergrundes ist das Stück eigentlich zu lesen und ich hoffe, es bringt Euch genauso viel augenzwinkernden Spaß wie uns damals. :0)





Dramatis Personae:

Ich - ein zwanghafter Mensch
Der Zwang - ein Feind
Der Spatz - ein fixer Gedanke

Handlungsort -
Ein Wohnzimmer in München. Eine rote Couch, diverse Einrichtungsgegenstände, ein Glastisch, ein Handy liegt auf dem Glastisch, ein Fernseher läuft, es ist Samstag Mittag. Ich sitze auf dem Sofa und habe einen ordentlichen Kater, stiere in den Fernseher.

Auftritt der Spatz.

Spatz (im Hirn): Lass den Abend mal Revue passieren.

Ich (beiläufig): Hm, bis ca. 2.00 Uhr weiß ich noch alles.

Spatz (lauernd): Und ab zwei?

Ich (nachdenklich): Du hast recht, keine Ahnung. Wieso, was war denn? Plötzlich hatte ich nen Blackout.

Spatz: Tja, dann überleg mal. Wie bist Du denn heim gekommen? Und wer war alles da? Und was war wieder los? War da nicht noch ne kleine Keilerei? Hm? Denk mal nach!

Ich: Nein, Quatsch! Da war doch nix! Oder? Wie kommstn da jetz überhaupt drauf? Wart mal… also, ich war aufm Klo und dann bin ich zurück an die Theke und dann war da doch so ein anderer Typ irgendwie,… wie war das noch gleich…ich weiß nur noch, dass irgendjemand eins auf die Mütze gekriegt…, aber wer und von wem? Von mir? Nee, kann nicht sein. Lass mal überlegen…
Spatz (hämisch): Viel Spaß noch, Kumpel!

Spatz ab.

Ich gehe im Zimmer auf und ab und überlege.

Ich (zunehmend nervös): Hab ich eigentlich gestern jemanden gefragt, ob er was zu schnupfen hat? Oder nein, ich hab sicher wieder nur Quatsch erzählt. Irgend Jemandem. Oje, aber was nur? Und wem? Und hab ich irgendwie Scheiß gebaut? Nein. Oder doch? Hab ICH dem Typen eins aufs Maul...? Kann doch gar nicht sein… oder?...

Auftritt der Zwang.

Ich überlege hin und her, wie war das gestern noch? Ogottogott, wahrscheinlich hab ich das alles gestern wieder gemacht, ich hab sicher irgendwas angestellt…

Zwang (von links): Ruf doch mal die Wirtin an. Die wird Dir schon sagen, was war.

Ich: Nein, das ist Quatsch. Ich hab nichts gemacht.

Zwang (von rechts): Sicher?

Ich: eigentlich schon.

Zwang (von links): Eigentlich? Hehehe. Ruf an!

Ich wähle also die Nummer der Wirtin. Sie hebt nicht ab.

Ich: Wahrscheinlich schläft sie noch und es war gar nichts.
Zwang: Möglich, ja. Ooooder aber sie hat einfach keinen Bock mehr, mit Dir zu reden, weil Du Dich gestern ja mal wieder komplett daneben benommen hast!

Ich: Meinst Du? War ich so dicht? Ich weiß einfach nix mehr. Aber nein, da war nichts. Ich hab kein Blut am Hemd und bin nicht in einer Ausnüchterungszelle aufgewacht. Also war alles ok!

Zwang (bösartig): Denkst DU! Du hast gestern am Tresen lautstark nach Koks gefragt und neben Dir stand ein Bulle in Zivil! Und als Du keins gekriegt hast, hast Du ne Keilerei provoziert, weil Du gestern mal wieder knülle warst bis zum Gehtnichtmehr, und da hattest Du noch Glück, denn der Bulle ist kurz vorher raus, um seine Kollegen zu verständigen, dass sie ihm helfen, Dich zu verhaften wegen der Koks-Geschichte, sonst hätte er Dir noch ne Anzeige wegen Körperverletzung aufgehalst, weil der Typ, den Du geschlagen hast, mit Deiner abgeschlagenen Bierflasche übrigens, geblutet hat wie ein Schwein, der arme Kerl! Und dann hat Dich die Wirtin rausgeschmissen und Du bist losgerannt und ins nächste Taxi rein und ab nach Hause, während die Wirtin nen Krankenwagen rufen hat müssen, weil ihr der Typ sonst verblutet wäre, und dann kamen die Bullen als Verstärkung und wollten Dich mitnehmen, aber Du warst ja schon weg und dann hat die Wirtin aus lauter Wut wegen dem versauten Freitagabend den Bullen Deine Adresse gegeben, dass sie Dich abholen und verhaften und wegen versuchten Totschlags ins Loch stecken, also pack am Besten schon mal Deine Sachen, denn jeden Moment klingelts eh an der Tür und sie holen Dich ab! Und das ist genau der Grund, warum die Wirtin nicht ans Telefon geht! Nicht weil sie vielleicht noch pennt oder ihr Handy aus hat oder gerade keine Zeit oder aufm Klo sitzt oder sonst Naheliegendes, nein, sondern weil sie mit so was wie Dir einfach absolut nix mehr zu tun haben will! Und mit was? Mit Recht! Denn Du bist das Allerletzte, ein Schwerverbrecher, Mörder, Drogenuser und Krimineller überhaupt! So, und jetz kommst Du!!!

Ich werde totenbleich. Ich wähle die Nummer der Wirtin, wähle, wähle, wähle…

Die Bühne verdunkelt sich. Ein Spot bleibt auf mir, ein zweiter auf der Wanduhr, die sich innerhalb von zehn Sekunden um drei Stunden vordreht. Ich bin laufend am Wählen. Dann, endlich, die Wirtin hebt ab.

Zwang ab.

Ich: Ja, hallo, Anka? Ja, äh, Robert hier. Na, wie geht’s? Ja, danke, mir auch, soweit halt. Du, äh, Anka, sag mal, war gestern noch irgendwas? Wie ich das meine? Naja, also ehrlich gesagt… Ja, genau, mir fehlen so zwei, drei Stunden… ach, lustig wars? Getanzt? Ich? Ich hab getanzt? Achja, aha. Äh, wo denn? Ach, aufm Tresen? Zu Joe Cocker? You can leave your hat on? Da fällt mir ein, wo IST eigentlich mein Hut?... Ach, Du hast den noch?... Ach, Du hast auch meine Unterhose noch? Äh, ok!?! Was hab ich denn sonst noch so…? Ach, Ihr habt noch nie so gelacht? Aha. Ja. Ja, dann danke. Ich glaub, ich erinner mich wieder, ja. Danke Dir, Anka. Ja, meine Sachen hol ich dann am Freitag ab, ja ich bin dann wieder da. Ja, das freut mich, dass mein Strip allen fünfzig Stammgästen so wahnsinnig gut gefallen hat und jeder so gelacht hat. Und ich dachte schon, ich hätte irgendwas Peinliches… Naja, dann noch schönen Samstag. Ja, Du auch, ciao, Anka, servus.

Ich lege auf.

Ich (Richtung Publikum): Hab ich es doch gleich gesagt: Nix is passiert!

Ich ab.

Finis.
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Und die Moral von der Geschicht?

Eine Kurzgeschichte ist das nicht.

*g*

Darüber hinaus: Alkohol, Drogen und psychische Vorbelastung vertragen sich nicht besonders gut.

Ist aber auch nicht neu...
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
Man könnte aber ...
... eine Kurzgeschichte daraus machen!

Mit Selbsterlebtem und Mitteilungsbedürfnis ist das immer so eine Sache ... die meisten Nichtbetroffenen von Lebenskrisen können oft nicht auf Anhieb nachvollziehen, was im Erzähler in seiner damaligen Situation vorgegangen ist.

Doch darin sehe ich eine Herausforderung! Einen Text so schreiben, dass der unbeteiligte Leser "berührt" wird.

Den Schluss, den Strip als Pointe, würde ich auf das Notwendigste kürzen. Dann kann man darüber vermutlich auch lachen ...

... sofern Du @*******mmer, dass damit bezwecken wolltest.

Nachdenklich macht die Geschichte allemal. Depressionen sind was ganz Furchtbares! Alkohol, Tabletten, harte Drogen ... Depressionen, ein Teufelskreis! Ich hoffe, Dir geht es heute wieder besser!
Es war...
...ja Absicht von mir, das eben nicht als klassische Kurzgeschichte zu schreiben.

Ich wollte das einfach mal anders darstellen, mit den Möglichkeiten spielen. Ich dachte, das kommt sogar noch besser rüber beim Leser, weil er die Figuren im Kopf so einfach besser vor sich sehen kann. Personifizierte Gedanken auf der Bühne, und das schlechte Gefühl, das wohl jeder kennt, der schon mal nen Filmriss hatte...

Es sollte eine Art zweiter Teil meiner "Wochenende" Story dastehen, nur eben anders, damit es interessant bleibt, verpackt.

Dass das nun wieder mal in die Hose geht, ich versteh es einfach nicht... aber gut. Sei es so.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Es gibt zwei Möglichkeiten, etwas zu schreiben:

1.) Ich will mir einfach mal etwas von der Seele schreiben oder nur meiner Kreativität freien Lauf lassen (und sei es noch so versponnen) oder etwas aus meiner ganz eigenen Sicht darstellen, egal wie das bei anderen ankommt.

2.) Ich will anderen etwas mitteilen, will sie erreichen, ihre Herzen berühren oder ihren Verstand anregen, sie auf etwas aufmerksam machen, vielleicht sogar Mitgefühl und Verständnis bei ihnen wecken oder eine Reaktion auslösen.

Im ersten Fall ist es völlig egal, ob ich verstanden werde oder nicht. Ich darf mich dann nur nicht wundern, wenn das, was ich produziert hab, nicht unbedingt gut ankommt.

Im zweiten Fall halte ich es für wichtig, so zu erzählen und zu schreiben, dass andere mich auch verstehen können und wissen, was ich meine.

Kommunikation, insbesondere die schriftliche, ist ein schwieriges Feld. Viele Menschen verstehen sich nicht mal, wenn sie sich gegenüber sitzen. Deshalb bin ich stets dafür, so klar und einfach und direkt wie irgend möglich zu schreiben.

Wer es wagt, wie hier etwas mal "spielerisch" oder einfach nur "anders" anzupacken, geht immer das Risiko ein, nicht wirklich verstanden zu werden.

(Der Antaghar)
Bedingt es sich etwa zwangsläufig?
Nacktheit scheint eine menschliche Grundangst zu sein, mit der auch die Psychotiker in Berührung kommen. Oder gerade sie.
Kenne es selbst zu(r) Genüge. Mein Leben war (ist?) davon geprägt.

War es doch lange Zeit ein verdrängtes Thema, bei mir - die Akzeptanz meines Körpers. Dann kam die Senbsibilität für meine
eigenen Gefühle. Incl. der Angst um meine Nacktheit, und was andere denken könnten.

Dahinter steckt wohl aber die wesentliche Angst - die vor der Wesensnacktheit - mit der wir alle letztlich durch die Annahme, es gibt einen Gott, konfrontiert werden, kopfmäßig - also einer "personalisierten Macht", in deren Wohl und Wehe-Machteinfluß wir uns befinden. Und das Ur-Vertrauen ist da leider zunächst keine wirkliche Hilfe. (Tief drin, um zu überleben, natürlich schon)

Oder sie kommt eben aus der gefühlten Erfahrung einer Göttlichkeit des Seins heraus, in die wir noch nicht wirklich wieder zurück eingedrungen sind, seit Geburt, aber sehnsuchtsvoll hinstreben - und daher ahnen, wissen, fühlen, irgendwas ist noch nicht ok - sonst wären wir ja "begnadigt oder erlöst" (worden), inzwischen.

Darum ist das Leben immer auch Versteckspiel. Und voller unerlöster Ängste.

Warum aber auch nicht. Sowas nennt Hollywood Abenteuerfilm - und ich, ich nenn's Normal.

Vermute eh, dass, sobald ich das Nirvana erreicht haben, als Entwicklungsschritt, ich eh freiwillig ganz schnell wieder als Urschleim von vorne beginnen möchte, mit einer neuen Rätselgeschichte "Leben".

Nirvana - zeitloses Erleben von Allem in einem Moment/Punkt - aus meiner Sicht bestimmt ultraschnell ermüdend und todlangweilig

Aber ich irre mich bestimmt - womöglich auf ganzer Linie!

F_H
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