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Der Kopf ist rund...

Der Kopf ist rund...
Einen herrlichen Sommersonntag hatten sie sich ausgesucht, hier in München!
Die Demo war gerade noch rechtzeitig unter entsprechenden Auflagen genehmigt worden, immerhin um die dreihundert Kameraden und Bewegungsfrauen hatten sich zusammengefunden, hier in seiner Stadt, und nun marschierten sie stolz und deutsch die Sendlinger Straße entlang.
Gegen die Üblichen ging es, gegen die Willkür des Staates, die Verharmlosung der Asylantenfrage und die Untergrabung deutscher Städte durch vermeintliche Islamisierung.
Herrlich marschierten sie, in ihrer braunen Einheit, vorne die Träger des Spruchbandes, dahinter vier Doppelreihen Trommler, fast in Uniform, dann kam die Masse, die nur als solche Stärke fand. Und mittendrin, erhobenen Kopfes, die Brust geschwollen, er, Thomas, genannt Tom, früher in der Schule noch Onkel Tom, aber das hatte er ihnen schnell ausgetrieben, den Niggernamen hatte er nicht hören wollen.
Nun ging es vorbei am Jüdischen Museum, nicht wenige seiner Kameraden spuckten aus, den Gruß zu machen trauten sie sich nicht, sie wollten marschieren, nicht verhaftet werden, da war man in Bayern zu schnell bei der Sache.
Als sie, flankiert von der Polizei und beschimpft und angestarrt von den Bürgern, Richtung Rindermarkt einbogen, meldete sich Toms Magen lautstark grollend zu Wort. Tom musste furzen. Da merkte er, dass das lange nicht alles war, was da raus wollte und konnte gerade noch rechtzeitig seinen Schließmuskel veranlassen, seinem Namen alle Ehre zu machen, sonst wäre Tom nicht nur im Kopf, sondern auch in der Unterhose braun geworden. Aber er merkte, da war nicht mehr lange fackeln angesagt, hier musste gehandelt werden, er musste aufs Klo, und zwar schnell.
Seine Not irgendwie kaschierend, versuchte er, aus der Reihe zu treten und dabei den Marsch nicht zu stören. Er raunte seinen irritierten Kameraden hektisch zu, er müsse raus und zwar flott, schlängelte sich möglichst unauffällig an den Rand der Demo und scherte aus.
Da kam der erste größere Schub aus der Magengegend, Tom spürte, dass es jetzt dann höchste Zeit wurde, sah sich um, ängstlich, hier durfte nichts passieren, diese Blamage, man stelle sich vor, ein deutscher Mann…
Tom fand keinen Hinweis auf eine Toilette, er fragte einen nebenher gehenden Polizisten.
„Wir sind hier, um Euch zu schützen, aber von mir aus kannst Du Dir in die Hose scheißen, Mann! Ich bin nicht Deine Toilettenauskunft! Schlimm genug, dass wir für sowas…“
Tom hörte nicht mehr zu, er drängte sich seitlich vorbei, lief prompt einer Gruppe grölender Punks in den Weg, die ihn anpöbelten und beschimpften. Er hatte nicht die Zeit, Kraft und Nerven, sich zu prügeln, da hätte er sich unweigerlich in die Hose gemacht.
Wohin? Wohin nur? Er bog in eine Seitenstraße ein, es war zum Verzweifeln, Tom fing an zu schwitzen.
Er fragte Passanten nach einer Toilette. Keiner konnte ihm helfen. „Scheiße!“ schrie er sich flüsternd zu. „Das geht in die Hose, ich halt es nicht mehr lange aus! Verdammte Scheiße!“
„Suchen Sie ein Klo? Hab ich da richtig gehört?“
Tom drehte sich um. Vor ihm stand ein magerer, südländisch aussehender Mann.
„Ja!“ rief Tom, der Verzweiflung nahe. „Bitte, ja, ich halt es nicht mehr aus!“
„Kommen Sie!“
Der Mann machte auf dem Absatz kehrt und betrat einen Eingang in der Häuserzeile. Tom ging komischen, verdrückten Schrittes panisch hinterher. Ein weiterer Schub. Tom musste stehenbleiben, die Beine eng aneinandergepresst. Es begann, weh zu tun, die Kraft ließ nach. Er war fast soweit, sich einzuscheißen.
„Kommen Sie!“ rief der Mann. Und Tom kam hinterher. Der Mann hatte ihm die Haustür aufgehalten.
„Schaffen Sie es in den ersten Stock? Geht das noch?“
„Es muss!“
„Dann los!“
Der Mann ging voran, Tom kam verbissenen Gesichtes hinterher.
Die Wohnungstür wurde aufgesperrt, hier rein, schnell, die zweite links!
Tom rannte. Zweite links. Tür auf, rein, hoch mit der Brille, Hose runter und schon ging es los.

Tom kam nach zehn Minuten klitschnass geschwitzt wieder aus dem Bad. Er hatte es gerade noch geschafft.
Im Flur stand der Mann, der ihm geholfen hatte, und lächelte ihn mitleidig an.
„Ich danke Ihnen“, meinte Tom, sehr verlegen.
„Schon gut“, antwortete der Mann. „Wir alle sind doch dazu da, uns gegenseitig zu helfen, nicht wahr?!“
Da erst bemerkte Tom das Aussehen und den leichten Akzent des Mannes.
„Ja, ja…“, stammelte er. „Darf ich nach Ihrem Namen fragen? Ich meine, das war echt knapp, es wäre fast… naja, sie wissen schon.“
„Ja, ich weiß. Ich habe gehört, wie sie die Leute angesprochen haben und mir gedacht, da ist ein Mensch in Not, da musst Du helfen. Mein Name ist Özdemir. Leiden Sie an Diarrhoe?“
„An was?“
„Durchfall.“
„Achso, nein, normal eigentlich nicht. Das war wohl die Aufregung und alles heute.“
„Ja, das mag sein“, meinte Herr Özdemir nachdenklich. „Wenn man bedenkt, für wen das eigentlich wirklich aufregend war, nicht wahr?! Jetzt aber schnell wieder hinunter! Sie verlieren sonst ja noch den Anschluss an Ihre Kameraden!“
„Sie wissen also genau, dass ich bei der Demo des NW mitgegangen bin?“
„Ja.“
„Und Sie haben mir trotzdem geholfen?“
„Aus Prinzip. Sie waren in Not.“
„Obwohl Sie Türke sind und ich rechts?“
Herr Özdemir kam einen Schritt näher, wurde sehr ernst. „Ich bin vor allem zunächst einmal ein MENSCH. Und DAS zählt für mich.“
Toms Blick ging zu Boden. „Ich danke Ihnen.“
„Fangen Sie nicht an, mir zu danken. Fangen Sie an, zu DENKEN. Und jetzt raus mit Ihnen.“
Wortlos ging Tom.

Unten auf der Straße hörte er die Trommeln in einiger Entfernung, sie mussten jetzt schon bald in der Blumenstraße angelangt sein.
Tom blieb stehen, dachte nach. Ging in die andere Richtung.
**********henke Mann
9.663 Beiträge
Hoffentlich...
... müssen viele Nazis dringend scheißen.

Die Geschichte gefällt mir.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich bin beeindruckt und begeistert.

Ohne Firlefanz und gradlinig erzählt, auf den Punkt gebracht und dennoch ebenso unterhaltsam wie mitreißend!

Solche Geschichten wünsche ich mir hier viel öfter. Und ich wünsche allen Nazis solche Erlebnisse - das könnte die Welt ein klein wenig ändern.

Von mir ein großes Kompliment!

(Der Antaghar)
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
Ein Anfang!
Wenn er jetzt noch in eine andere Stadt zieht, um dem Gruppenzwang tatsächlich zu entkommen, hat er gute Chancen sein Denken dauerhaft für positive Dinge zu nutzen!
Scheisse
gut!
Du schreibst, dass ich mittendrin bin.
Deshalb habe ich auch bemerkt, dass du mir mit den sarkastischen Anspielungen schon das Ergebnis angekündigt hast.
Noch besser und glaubwürdiger wäre es ohne gewesen. Leichte Zweifel in einem seiner Gedanken hätten meiner Ansicht nach gereicht, um zu zeigen, dass er offen genug für neue Einsichten ist.
So wirkt die Geschichte auf mich noch etwas pädagogisch.
Allerdings ist mir das erst hinterher aufgefallen und ich muss zugeben: wohl deshalb, weil ich mich selbst noch immer wieder dabei erwische, Menschen von oben herab zu "beglücken".

Mit etwas mehr Distanz (im obigen Sinne) wäre es mir eine Feder wert gewesen!

setzen1minus *top2* laf
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
@Olove
Also statt ...

Tom blieb stehen, dachte nach. Ging in die andere Richtung.

... in etwa so ...

Tom, blieb stehen, dachte nach. Lief dem Trommeln hinterher.
***a2 Frau
1.137 Beiträge
sehr gute Geschichte! Man fällt rein und ist dabei!

Nur die Überschrift hab ich nicht verstanden....
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
... weil ich mich selbst noch immer wieder dabei erwische, Menschen von oben herab zu "beglücken" ...

Was ich allerdings keineswegs für das Schlechteste halte ...

Und zwar nicht nur, weil auch ich das immer wieder mache, sondern weil es andere wirklich weiterbringen kann. Wer das nicht will, kann und wird es ohnehin abblocken - und z. B. weiterhin ohne Sinn und Verstand den Trommlern hinterher laufen.

(Der Antaghar)
So war das nicht gemeint!
Es ging mir um die Glaubwürdigkeit der Geschichte. Dass die Seitenhiebe dort in unser Weltbild passen, unseren ( auch meinen) Beifall finden, ist klar.
Lobhudelei auf dieser Ebene ist zwar angenehm, aber als förderliche Kritik für des Schreiber's Wachstum nicht geeignet.

Der Schluss ist perfekt - die ersten Absätze sind nicht ganz aus dem Empfinden des Protagonisten, dessen Empfinden und durchs Erlebte veränderte Sichtweise uns wichtig sind. Die Beschränkung auf die Weltsicht des Protagonisten würde meiner Meinung nach den Sinn und die Wirkung nicht
schmälern, sondern die Geschichte kongruenter und runder werden lassen.

Es ist also nicht Kritik am Inhalt und der mitnehmenden gekonnten Schreibweise.

@ Schlawimmer
Ich finde es klasse, daß Du dich weiterhin der unangenehmen Randthemen annimmst.
Anfangs gab es Diskussionen wegen deiner Fähigkeit ( besser: Bereitschaft) dich ganz hinein zu versetzen.
Nun kritisiere ich hier die fehlende Distanz.
Für mich macht die Lösung am Ende den Unterschied. Sie gibt mir die nachträgliche
Sicherheit, die mir erlaubt, Menschen und Situationen vorbehaltlos anzuschauen.
Der Türke war vorbehaltlos. Das gab bei Tom den Ausschlag sein bisheriges Weltbild zu überdenken.

Ich hoffe, dass Du etwas damit anfangen kannst. Sonst schreib mich ruhig an.

Olaf
Stellungnahme dazu
@ Cara2:

"Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ Das ist ein Aphorismus von Francis Picabia.

Ich finde, er passt ganz gut, weil damit der Vorgang in Toms Gedanken aufgezeigt wird, ohne die Story zu verraten.

@***ve:

Nein, nein, ich hab das schon richtig verstanden, wie Du das gemeint hast. Ich komme nur nicht recht dahinter, wie das stilistisch oder literarisch umzusetzen sein könnte. Und so genau steig ich auch nicht dahinter, wie Du gemeint hast, dass die Beschränkung auf die Weltsicht des Protagonisten Sinn und Wirkung nicht schmälern müsste. Meinst Du, er hätte bei seiner Meinung (also rechts zu sein) bleiben sollen?
Tom macht ja gerade eine Wandlung durch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein durch und durch nazistisch denkender Mensch sich auch in dieser Situation und durch diese Rettung von seinem Gedankengut hätte abwenden können. Wirklichen Nazis spreche ich jegliches vernünftige Denken ab! Ich ganz persönlich! Da kann einer zehn Doktortitel haben, ich spreche es ihm ab.
Tom dagegen ist wohl ein denkender Mensch, nur fehlgegangen und gerade am Aufwachen.
Wie soll die Distanz aussehen?
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Jetzt bin ich gespannt wie ein Flitzebogen ...

*liebguck*

Wirklichen Nazis spreche ich jegliches vernünftige Denken ab! Ich ganz persönlich! Da kann einer zehn Doktortitel haben, ich spreche es ihm ab.

Ich übrigens auch. Zumal Bildung und Ausbildung ohnehin absolut nichts mit Intelligenz zu tun haben, schon gar nicht mit sozialer Kompetenz und emotionaler Intelligenz ...

(Der Antaghar)
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
Richtig!
Zumal Bildung und Ausbildung ohnehin absolut nichts mit Intelligenz zu tun haben, schon gar nicht mit sozialer Kompetenz und emotionaler Intelligenz ...

Sehe ich genauso und erlebe es leider immer wieder!
Nur zwei Stellen...
die Untergrabung deutscher Städte durch vermeintliche Islamisierung.
Hier ist das vermeintlich ein Hinweis auf deine Gesinnung.
Dann bezweifle ich, dass sich Rechtsextreme selbst als Braune bezeichnen und die Farbe selbstironisch mit dem Streifen oder Inhalt ihrer Unterhose in Verbindung bringen.
@Olove
Oh oh oh, halt stopp!!!

MEINE Gesinnung? Vorsicht, Olaf, MEINE Gesinnung ist eine ganz andere! Du willst mir doch jetzt bitte nicht unterstellen, dass die Geschichte irgendwie autobiographische Züge hat, oder?!

Das Wort "vermeintlich" bedeutet hoffentlich, dass Du meinst: "Man KÖNNTE daraus eine rechte Gesinnung des Autors lesen, wenn man ein böser unterstellender Mensch ist"?!?

Denn eine Unterstellung in diese Richtung würde ich mir NIEMALS gefallen lassen, da werd ich echt zur Wildsau! :0)

Und das mit dem Braun war eigentlich eben aus der Distanz heraus geschgrieben, also vom Standpunkt des Erzählers aus gesehen. Um die Typen einfach ins Lächerliche zu ziehen.
Andersherum!
Der Protagonist ist anfangs rechtsextrem.
Deine Anti-Rechtsgesinnung scheint da durch. Wenn ich diese auch vorbehaltlos teile, stören mich doch die Spitzen. Ohne sie wäre der Text in meinen Augen perfekt!
Die Message käme auch rüber.
verstehe!
Alles klar, jetzt ist der Groschen gefallen!

Es wird im Text zu deutlich dass der Erzähler Gegner des Nationalsozialismus ist, und dadurch wird es zu offensichtlich - durch die sarkastischen Spitzen noch zusätzlich untermalt - , dass da kein gutes Ende oder zumindest eine Abwatschung folgen muss.

Und diesen Umstand hätte ich besser verkleiden sollen.

Ok, verstanden, berechigter Einwand! Wird verbessert, Sir! :0)))
Würde
die Ringparabel in "Nathan der Weise" heute so gehen?

Wer weiß?

Schade nur....dass zu wenige "Kameraden" solche Erlebnisse haben.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich war ja sehr gespannt ....

Und nun darf ich mich in diesem Punkt Olaf anschließen und ihm beipflichten. Damit wäre die Geschichte noch besser, noch runder - nahezu perfekt. Aber richtig gut - das ist sie auch so.

(Der Antaghar)
**********henke Mann
9.663 Beiträge
Schreib doch ...
... den Anfang einfach noch mal aus der Perspektive des Hosenscheißers.

Die Demo war gerade noch rechtzeitig unter entsprechenden Auflagen genehmigt worden, immerhin um die dreihundert Kameraden und Bewegungsfrauen hatten sich zusammengefunden, hier in seiner Stadt, und nun marschierten sie stolz und deutsch die Sendlinger Straße entlang.
Gegen die Üblichen ging es, gegen die Willkür des Staates, die Verharmlosung der Asylantenfrage und die Untergrabung deutscher Städte durch vermeintliche Islamisierung.
Herrlich marschierten sie, in ihrer braunen Einheit, vorne die Träger des Spruchbandes, dahinter vier Doppelreihen Trommler, fast in Uniform, dann kam die Masse, die nur als solche Stärke fand.

Die Demo war trotz der Systemgerichte noch rechtzeitig mit Auflagen genehmigt worden, beinahe tausend Kameraden und Kameradinnen hatten sich zusammengefunden, hier in seiner Stadt, und nun marschierten sie die Sendlinger Straße entlang, stolz darauf, deutsche zu sein.
Sie demonstrierten gegen die Willkür des Systems, gegen Überfremdung, gegen Moslem, gegen das ganze linke Gesocks.
Herrlich marschieren wir, vorne die Träger des Spruchbandes, dahinter vier Doppelreihen Trommler, fast wie in Uniform, dann die Truppen, in ihrer Masse stark.
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