1000 Wege, ins Gras zu beißen
Todesart #7: Der Wind des Todes
WARNUNG: Diese Serie schildert schockierende Szenen von Todesfällen, die nicht für alle zarten Seelchen geeignet sind. Die Namen der Toten wurden geändert. Spielen Sie nichts aus diesen Geschichten nach! ES WÄRE IHR SICHERER TOD!
Der menschliche Körper ist erstaunlich widerstandsfähig; aber beileibe nicht unzerstörbar. Tagtäglich kämpfen wir gegen Bakterien, Gifte, Verletzungen, Krankheiten, Katastrophen und Magersucht. Dass wir all das überleben, ist ein Wunder. Denn jeder Tag bietet Tausend Wege, ins Gras zu beißen.
3. März 2005, Hannover, Niedersachsen.
Betrachten wir zwei Jungs. Echte Kanalratten, beziehungsweise Männer. Sie waren Mitglieder der Studentenvereinigung Saxo Silesia. Ein Hort wilder Kerle, die außer Sex, Grillen und Bier nicht viel im Sinn hatten. Außer dem jährlichen Furzwettbewerb.
Arnold Weiner, der dicke, rothaarige Junge und sein Kumpel Stefan Heidenreich wollten sicherstellen, dass Arnold dieses Jahr unter allen Umständen und mit spielerischer Leichtigkeit den Wettbewerb gewinnt. Daher hatte Stefan sich angeboten, als Personal- Furz- Coach alles Menschenmögliche zu unternehmen, um Arnold zum Sieg zu verhelfen. Er dachte sich Übungen für Schließmuskeltraining aus, für Darmkontraktionstraining, für Zwerchfell- Drucktraining. Stefan holte sich aus dem Internet die besten und effektivsten Rezepte, um die Gasproduktion voranzutreiben. Er schloss sogar Verträge mit dem Gut Hauswöhrmann, um immer den frischesten und blähhaftesten Kohl zu bekommen.
Täglich trainierten sie. Also Arnold, der Narr, Stefan war ja Trainer. An der Hantelbank, um Darm und Schließmuskel zu stählen. Arnold musste sogar Kniebeugen mit einem Plug im Hintern machen und durfte ihn nicht verlieren. Arnold bekam einen Tennisball zwischen die Pobacken, mit dem er die Muskelkraft des Hinterns stärken sollte und schlussendlich musste er jeden Tag eine leere Bierdose zwischen den Pobacken zerquetschen. Und jedes Mal klebte Stefan mit seiner Schnüffelnase am Arsch Arnolds, um zu eruieren, ob er nicht doch etwas des kostbaren Gases verlor.
Keiner wusste mehr über Blähungen, als Stefan. In der Vereinigung nannten sie ihn nur noch „Der Gasmann“. Und er kochte gerne, ganz besonders für Arnold.
Bohnen und Speck. Brokkoli mit Sauce Hollandaise, Blumenkohl mit Sauce Bernaise, Kohlsuppe mit Hack, Erbsen mit Zwiebeln, Sauerkraut mit Eiern, Erbsen mit Grünkohl, jede Menge Süßstoff und Lauch-Käsesuppe. Kümmel und Flatulenzverhinderungs- Hormone waren die erklärten Erzfeinde.
Stefans Trainingsmethoden waren brutal und extrem förderlich für Blähungen aller Art.
Blähungen entstehen im Magen-Darm-Trakt, wenn die dort ansässigen Bakterien die Nahrung zersetzen und aufspalten. Bei schwer verdaulicher Kost entstehen zusätzlich Gase, die durch kräftige Schließmuskeln aus dem Körper befördert werden. Diese Gase enthalten Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Kohlendioxyd, Schwefeldioxyd und Methan, das leicht entzündlich ist.
Arnold und sein Trainer hatten nun eine probate Methode ersonnen, den Fortschritt Arnolds Gasbemühungen visuell zu messen: Sie zündeten entlang eines Metermaßes, das an der Wand fest angebracht war, die Flatulenzen an, und zwar im Keller der Dorf- Disco, die sie eigens angemietet hatten. Mit einer Kamera aufgenommen und in Zeitlupe festgehalten, konnten die beiden Schlaumeier hinterher exakt und bis auf den Millimeter messen, wie groß der Fortschritt war. Als es feststand, dass der tollkühne Arnold beim Feuerfurzen die Ein Meter- Marke überwand, wurde eiligst eine Feuerschutzmaske beim nächsten Militärladen besorgt.
Diese Feuerhauben waren ursprünglich für die Bedienmannschaften der Flugabwehrgeschütze auf Großkampfschiffen gedacht, und so sah Stefan schon recht ulkig aus, als er mit Lüsternheit in der Pupille, der Asbestmaske auf dem Kopf und dem Stabfeuerzeug an Arnolds feistem Arsch auf Brennbares wartete.
Heute nun war der Tag der Tage. Arnold hatte gut produziert und sein Schließmuskel hielt. Der gute Stefan allerdings sah aus, wie immer. Ein blauer Trainingsanzug aus Trevira, das Stabfeuerzeug, ein Nackenstützkissen (man weiß nie, wie hoch der Druck wird) und die Flammschutzmaske.
„Lass es raus! Mach schon, gib es mir!“
Das ließ sich Arnold nicht zweimal sagen und er presste den Magen zusammen, dann entspanne er sein Rektum und…!
Die Forensik der Hannoverschen Polizei stellte anhand des Videomaterials später fest, dass Arnolds Feuerwalze sage und schreibe die 2,5 Meter überwand. Unglücklicherweise stand Stefan samt Feuerschutzmaske und Kunstfaser- Anzug mitten im Weg des brennenden Gasgemisches, das sich explosionsartig ausbreitete.
Dr. Stephan Kim vom Hannoverschen Klinikum Nordstadt:
„Das brennende Methan, das nicht nur leicht flüchtig ist, sondern sich aufgrund des hohen Gasdruckes breitflächig ausbreitet und leicht entzündlich ist, hatte Stefan Heidenreich voll erfasst. Da er außer dem Trainingsanzug aus künstlichen Fasern nichts trug, brannten sich die schmelzenden Fasern sofort in die Haut des Opfers. Die Haut wurde großflächig verschlossen und die Sauerstoff- Aufnahme wurde sofort unterbunden. Stefan H. erlitt einen Panik- induzierten Schock und wurde bewusstlos, während seine Kleidung sich weiter in die Haut brannte. Die schnell eintreffenden Ambulanzen konnten nichts mehr tun, denn es genügen schon 30 Sekunden Temperatureinwirkung von 54,4 Grad Celsius um die menschliche Haut drittgradig zu schädigen. Dieselbe Schädigung tritt bei 65,6 Grad Celsius bereits nach 2 Sekunden auf. Hinzu kam eine Cyanid- Vergiftung, da Stefan H. die Rauchgase eingeatmet hat. Das Cyanid blockierte den Sauerstofftransport des Blutes, was durch die zusammengeschmolzenen Kunstfasern der Kleidung unterstützt wurde.“
Tja, Stefan. Die Nase steckte wohl zu tief in Dingen, die ungesund waren!
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