1000 Wege, ins Gras zu beißen
Todesart #10: Finger- Food
WARNUNG: Diese Serie schildert schockierende Szenen von Todesfällen, die nicht für alle zarten Seelchen geeignet sind. Die Namen der Toten wurden geändert. Spielen Sie nichts aus diesen Geschichten nach! ES WÄRE IHR SICHERER TOD!
Der menschliche Körper ist erstaunlich widerstandsfähig; aber beileibe nicht unzerstörbar. Tagtäglich kämpfen wir gegen Bakterien, Gifte, Verletzungen, Krankheiten, Katastrophen und Magersucht. Dass wir all das überleben, ist ein Wunder. Denn jeder Tag bietet Tausend Wege, ins Gras zu beißen.
24. Juni 2005, Kyoto, Japan.
Kuro Okami, ein schmerbäuchiger Yakuza- Boss der Kyotoer Unterwelt wandelt langsam durch den Rotlicht- Bezirk. Seine beiden Begleiter sind nicht weniger schlank als er. Mit verbissenen Minen und einem eher verächtlichen Blick schreiten sie durch die regennassen, vor Mäusedreck starrenden Straßen der Metropole. Man nennt ihn übrigens „Black Wolf“. Er trägt nur schwarze Sachen, fährt schwarze Autos und auch seine Gesinnung ist überaus düster.
Seine Begleiter, Akira Yamato und Ando Kurawa, sehen überaus grimmig aus. Schwarze Sachen, tiefe V-Ausschnitte über einer glatten Brust, die großflächigen Tätowierungen schimmern an Armen, Beinen, Händen und Brust durch und verraten unbedarften Passanten, dass sie augenblicklich die Straßenseite zu wechseln haben, allein weil sie den modrigen Geruch der Gewalt nicht ertragen könnten.
Und die Schergen des Bosses genießen ihre Stellung, die Furcht und Schrecken verbreitet.
Hierzu Matthias Deister, Yakuza- Historiker des BND, Außenstelle Japan: „Als Yakuza bezeichnet man allgemein das organisierte Verbrechen in Japan. Es gibt zwar noch andere Bezeichnungen, aber Yakuza hat sich offenbar weltweit durchgesetzt. Seit Jahrhunderten sind die Yakuza für ihre Gewalttätigkeit und ihre Skrupellosigkeit bekannt und gefürchtet. Auch ihr Verhaltenskodex hat sich rund um den Globus verbreitet. Aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte haben die Yakuza eine enge Bindung zum Bushido, dem Kodex der Samurai. Daher kommen die speziellen Zeremonien der Yakuza. Und natürlich ihre Bestrafungsrituale. Wie etwa das Abschneiden der Spitze des kleinen Fingers, die als Geste der Unterwerfung unter ihren Oyabun, den Anführer oder Oberhaupt des Clans, übergeben wird.“
Heute nun will sich der Erpresser, Mörder, Waffenhändler, Rauschgifthändler und Zuhälter Black Wolf seiner privaten Sake- Bar widmen.
„Saka Sake!“ brüllt Ando ungehalten in den Saal und eine als Schulmädchen verkleidete, gerade einmal 18jährige Bedienkraftmobilisiert ihre letzten Energiereserven, um ein volles Tablett mit dem alkoholischen Heißgetränk zu servieren.
In Nullkommanichts ist die kleine Karaffe gelehrt und ein herrisches „Sake Sake“ schallt durch den Raum. Karaffe um Karaffe Sake verschwinden in den Mäulern der tätowierten Großkotze und der Pegel der drei Herren nimmt ungeahnte Ausmaße an.
Unglücklicherweise ist die unbedarfte, schutzlose Seele des grauenhaften Gangsters ab zwei Promille nicht mehr in der Lage, das Gewaltpotenzial aufrecht zu erhalten und er mutiert zu einem verwaschenen, weichlichen Schmuse- Karaoke-Sänger.
„Dein Duft…süß wie Pflaumen in der Sakura….“Kuro steht hinter dem Mikrofon und ein Schwall blümeranter, obszöner und sehnsuchtsvoller Possen entfleucht seinem lallenden Mund.
Zwei Dinge sind bei Strafe verboten, wenn man sich mit Black Wolf betrinkt. Sich den Alkohol anmerken lassen und vor allen Dingen: Den Chef nicht beim „singen“ stören!
Ando ist ein Auftragskiller im Dienste der Yakuza und konnte seine Finger nicht von dem Schulmädchen lassen. Ihr quieken störte den Chef und er befahl Ando auf die Bühne. Er musste um sein Leben singen. Kaum erwähnenswert, dass sein Gekrächze schauerlich im Ohr des Oyabun klang. Der Boss war mehr als unzufrieden und als er symbolisch den kleinen Finger in die Luft hielt, wurde Ando schlecht.
Angewidert befahl er Akira, den Killer zum Tisch zu schleifen, damit er ihm persönlich den kleinen Finger absäbeln würde. Und er hatte seinen Zigarrenschneider schon bereit!
Akira tat wie ihm befohlen, zwang Andos Hand auf den Tisch des Chefs und der fackelte nicht lange. Mit einer fließenden Bewegung hatte er den Zigarrenschneider um Andos kleinen Finger gestülpt und „schnapp“ war der halb Finger ab.
Während Ando noch auf den Tisch blutete, nahm Kuro, der Yakuza-Boss den halben kleinen Finger seines Schergen und schlang ihn herunter.
Doch plötzlich stutze der dicke Mann. Der Finger steckte in seinem Rachen fest! Der ihm überaus ergebene Akira wand sich vom blutenden Ando ab, umfasste den Oberkörper seines Chefs und wandte die „Doktor Heimlich- Methode“ an. In hohem Bogen flutschte der Finger des unartigen Schergen aus dem Hals des Yakuza-Chefs. Der jedoch hielt sich den Brustkorb und fällt kopfüber auf den Tisch des Hauses. Und ist mausetot.
Dr. Stephan Burstein, Kardiologe der Berliner Charitè:
„Das korrekt ausgeführte „Heimlich-Manöver“ rettet jährlich Tausende von Menschen. Setzt man allerdings auf Höhe des Zwerchfells auf Höhe des Brustkorbs an, kann es wie im Falle des Yakuza-Bosses zum aufreißen der Aorta kommen. Der Tod tritt ein infolge tödlicher, innerer Blutungen. Und das beschert einen schnellen Tod.“
Respekt ist eine der tragenden Säulen der Yakuza. Doch Andos schräge Stimme brachte den Boss in Rage. Und dann auf den Friedhof.