Bis heute selbst nach inzwischen ein paar Jahrzehnten, kann ich es nicht aufsagen, ohne dass an manchen Stellen meine Stimme stockt und mir fast die Tränen in die Augen kommen.
Ich denke auch, dass es eigentlich das hohe Lied aller Seenotretter weltweit sein sollte.
NIS RANDERS
Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd
– Ein Schrei durch die Brandung! –
Und brennt der Himmel, so sieht man's gut.
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich's der Abgrund.
Nis Randers lugt – und spricht ohne Hast
"Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen."
Da fasst ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein!
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will's, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe nun schon,
Mein Uwe, mein Uwe!"
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
"Und seine Mutter?"
Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muss es zerschmettern ...! Nein, es bleibt ganz! ...
Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die Menschen fressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.
Wie hechelnde Hast sie zusammen zwingt!
Eins auf den Nacken des anderen springt
Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? – Ein Boot, das landwärts hält –
Sie sind es! Sie kommen!
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt ...
Still – ruft da nicht einer? – Er schreit's durch die Hand:
"Sagt Mutter, 's ist Uwe!"
Geschrieben 1901 von Otto Ernst