Ja, in der Lehre von Bhagwan, oder Osho, waren teilweise sehr interessante Einzel-Aspekte enthalten. Viele seiner Aussagen betrafen übrigens den ganz normalen Lebens-Alltag der Menschen, zu dem auch - aber eben nur auch - die Sexualität gehört.
Doch weil er eigentlich mit all seinen Aussagen nicht nur im Widerspruch zur Moral der Christlichen Kirchen und vor allem im Widerspruch zu der Werte-Ordnung der westlichen Gesellschaften stand und deren Überzogenheit und Unnatürlichkeit aufzeigte (auch, wenn er Begriffe wie "Shareholer-Value" oder "Bankster" noch nicht kannte), griff man dankbar Ausschnitte seiner Thesen zur Sexualität auf, riss diese aus dem Zusammenhang, um der Medien-Öffentlich das Bild eines gefährlichen perversen Spinners zu suggerieren, um ihn mundtod zu machen, was letztlich ja gut funktioniert hat. (genau so, wie sich die Masse davon überzeugen ließ, dass Sadam Hussein Massenvernichtungs-Waffen besäße, oder Bashar Al-Assad angeblich Krieg gegen sein eigenes Volk führt, etc.)
Trotzdem ist es richtig, seine Lehre sehr kritisch zu sehen. Nicht aus moralischen Gründen, sondern weil die Vorwürfe anderer Indischer Lehrmeister berechtigt waren, dass Bhagwan seinerseits auch lediglich Ausschnitte und Fragmente der Tantra-Lehre aufgriff, diese aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen hat und sich mit diesen Bausteinen seine eigene Wirklichkeit gezimmert hatte.
Solch eine Vorgehensweise hat leider eine Jahrhunderte lange Tradition in der Tantra-Lehre, mit dem Ergebnis, das von der ursprünglichen und sehr umfassenden Weisheitslehre des "Weißen Tantra" über den Zusammenhang von Schöpfer, Mensch und Welt (Tantra bedeutet ja in Sanskrit "ewiger Zusammemhang") nur wenig übrig geblieben ist und die meisten Menschen heute gerade noch Bruchstücke des im 16. Jahrhundert aufgekommenen "Roten Tantra" kennen, das vorrangig den sexuellen Aspekt der "Tantra-Lehre" in den Fokus stellt und überbetont.
Viele begrüßen diese Fokussierung, weil sie eine vergleichsweise einfach und schnell erreichbare Lebens-Bereicherung verspricht, ohne sich mit all zu großem "Ballast" eines umfangreichen spirituellen Überbaus befassen zu müssen.
Letztlich ist das aber Selbstbetrug - sogar in sexueller hinsicht. Denn wenn man viele Zusammenhänge gar nicht mehr kennt, weis man am Ende gerade noch, DASS bestimmte Handlungen etwas in einem selbst, oder seiner Partnerin auslösen, aber nicht mehr WARUM sie genau dieses, oder jenes bewirken.
Folglich verliert man sich doch etwas in den vielfältigen lustbringenden Handlungsmöglichkeiten und die Handlungsabläufe werden in Ritualen gewissermaßen standardisiert, was wieder Sicherheit vermittelt, an die man sich klammern kann.
Und so bemühen sich viele "Tantiker" möglichst viele dieser Lust-Rituale auswendig zu lernen, so als ob sich das persönliche Lust-Erleben durch eine Addition automatisch entsprechend steigern ließe und wenn das dann nicht eintritt zweifeln sie, alle Rituale auch bloß richtig ausgeführt zu haben.
Nicht nur hier lohnt ein Vergleich mit anderen alten Weisheitslehren, beispielsweise dem Taoismus, oder Reiki - dann wird das Wieso und Warum sofort klar und lässt einen wieder mit entspannter Leichtigkeit auf der Klavitatur der Lust spielen. (Und der des Lebens...)
Und so zeigt sich, dass ein gewisser "spiritueller Wissens-Überbau" doch sehr nützlich und kein Ballast ist. Um so erstaunlicher finde ich, dass die meisten Menschen diese alten Wissens-Systeme, die ja viel mehr können, als das Sex- und Liebes-Leben zu bereichern, als "Hokuspokus" abtun, ohne sich jemals mit deren Inhalt befasst zu haben.
Viele Grüße
Ralph