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Bin ja ein armer Student, aber dafür stelle ich einfach mal einen für meine Verhältnisse kurzen Text ein, um die Stimmung zu testen...
Morgen bin ich tot
Gestern saß ich vor meinem Laptop und grübelte. Ich versuchte verzweifelt mir einen Text für den anstehenden Poetry-Slam aus dem Gehirn zu quetschen. Ich wollte Erfolg haben. Auf der Bühne stehen, beklatscht und gefeiert werden. Wahre Ströme von begeisterten Fans sollten mich mit ihren Glückwünschen und Lobeshymnen auf meine Genialität überschütten. Endlich den mir gebührenden Ruhm erlangen!
Ich hatte nur leider ein Problem:
Mir fiel nichts ein.
Wie in solchen Fällen üblich, steckte ich mir eine Zigarette an, qualmte vor mich hin und ließ meine Gedanken schweifen, bis mir meine innere Stimme einen Einfall schicken würde.
Mach was Lustiges! Flüsterte mir mein Verstand ein. Die Leute lieben es zu lachen. Bring sie zum Lachen und sie werden dich lieben!
Ausgezeichnete Idee, dachte ich mir. Ich hatte nur leider ein Problem:
Mir fiel nichts ein.
Es ist verdammt schwer, lustig zu sein, wenn das eigene Leben keinen Spaß macht. Wenn man selbst nichts findet, das einem zum Lachen bringt. Wenn der Alltag nur aus schlafen, essen und Arbeit besteht, gewürzt mit einer Prise Privatfernsehen. Nach ein paar fruchtlosen Textexperimenten über Aliens und deren Verhältnis zu Käsetoast (Ich glaube meine Brotzeit steckt noch in diesem Erdling) und Gangsterrap im Dschungelbuch (Ey Alta, isch mach Kaa nackisch), hörte ich frustriert auf, rauchte fünf Zigaretten und überlegte, was ich sonst noch anzubieten hätte.
Da pochte mein Verstand erneut an die Tür: „Hey, ich hab’s! Schreib was über Sex. Sex sells, da stehen die Leute drauf!“
Ich hatte nur leider ein Problem:
Mir fiel zwar etwas ein, aber ich folgte einem klassisch männlichem Schema und kam bereits nach drei Minuten zum Höhepunkt. Danach rauchte ich eine Zigarette und schlief ein.
Irgendwann, mitten in der Nacht, wurde ich geweckt. Ein knochiger Finger bohrte sich in meine Schulter. Ich war ziemlich verwundert, schließlich wohne ich alleine und hatte die Tür abgeschlossen. Ich war noch zu verschlafen um angemessen zu erschrecken. Mein verschwommener Blick fiel auf eine ziemlich unterernährte Gestalt, die in einen schwarzen Umhang gewickelt war und die antiquierte Fassung eines Rasenmähers mit sich führte. Jetzt war ich definitiv wach und erschrocken.
„W. W. W. Wer bist Du?“, fragte ich äußerst unoriginell.
„ICH DENKE DAS IST ZIEMLICH EINDEUTIG“
„Ähm, ja, aber was machst Du hier?“
„MEINE ARBEIT“
„Oh Gott, dass hatte ich befürchtet!
Aber, aber, aber warum?“
„ES IST ZEIT.“
So plötzlich? Ich habe mich heute Abend noch völlig normal gefühlt. Ich bin mir sicher, dass ich noch nie eine Lachsschaumspeise gegessen habe, ich bin Vegetarier!“
Er deutete auf die Zigarettenschachtel.
„Man stirbt doch nicht über Nacht an Krebs! Da hätte ich doch vorher was mitbekommen!“
„LIES!“
„Rauchen lässt ihre Haut altern?“
„ANDERE SEITE.“
„Rauchen führt zur Verstopfung der Arterien und verursacht Herzinfarkte und Schlaganfälle!“ Ups…
„ZEHN MINUTEN OHNE SAUERSTOFF SIND MIT DEM LEBEN NICHT VEREINBAR.“
„Aber Ich wollte doch noch so viele Dinge tun, ich hatte noch so vieles vor. Ich wollte berühmt werden, und reich, und die wahre Liebe finden.“
„WOLLTEST DU, HAST DU NICHT“
„Naja, ich dachte ich hätte noch jede Menge Zeit dafür, ich bin eben nicht so der eifrige Typ, ich wollte das Alles lieber etwas langsamer angehen, und dann die ganze Arbeit, und die Freunde, die Familie. Der Computer!“
…
„Können wir das ganze nicht vielleicht etwas verschieben?“
„WARUM?“
„Ich würde so vieles anders machen, wenn ich wüsste, dass ich nicht mehr lange zu leben habe!
„WIRKLICH?“
„Ähm, klar, bestimmt, ganz sicher!“
„WAS DENN?“
„Naja, so manches halt. Mehr Zeit für mich nehmen, ich wäre ehrlicher zu meinen Mitmenschen, würde keine Zeit vertrödeln, würde bewusster leben, erfüllter.“
„DAS IST WEDER KONKRET NOCH ÜBERZEUGEND.“
„Du meinst ich sollte das etwas genauer formulieren? Ist das denn wichtig?“
„STELL DIR EINFACH VOR, DEIN LEBEN HINGE DAVON AB.“
„Wenn wir schon bei konkret sind, wie viel Zeit bliebe mir denn noch?“
WAS WÜRDEST DU TUN, WENN DU NOCH EINEN TAG ZU LEBEN HÄTTEST?
„Nur noch einen Tag? Aber wie soll ich denn da berühmt werden? Oder reich? Oder wenigstens noch eine tolle Frau finden?“
SAGEN WIR BESSER 23 STUNDEN, 59 MINUTEN UND 40 SEKUNDEN.
Mit diesen Worten löste sich mein ungebetener Besucher in Luft auf und ließ mich alleine und schockiert zurück.
Zusammengekauert hockte ich in einer Ecke meines Zimmers und jammerte: „Morgen bin ich tot, Morgen bin ich tot. Was soll ich denn jetzt tun?“
„Sag es Ihnen...“ flüsterte eine leise Stimme in mir.
„Was?“
„Sag es Ihnen!“
„Du meinst Alles?“
„Ja, sag Ihnen was wichtig ist!“
„Aber sie werden mich auslachen, mich für verrückt erklären, mir nicht glauben..“
„Na und? Du weißt, das Worte nicht ungehört verhallen, sondern auf die Zeit warten, in der sie verstanden werden. Und wenn sie Dich auslachen, dich nicht mehr respektieren, was solls? Morgen bist Du tot.“
„Aber ich hab Angst!“
„Das ist menschlich. Doch wir alle wachsen nur, wenn wir uns wirklich unseren Ängsten stellen.“
„Ich soll mich also vor diese ganzen Leute hinstellen und ihnen erklären, dass unsere Politik von Konzernen gemacht ist, die nur das Gesetz der Gewinnoptimierung kennen? Dass wir auf der Suche nach etwas mehr Komfort und dem Gefühl ,besser als andere zu sein, diesen wundervollen Planeten vernichten? Dass wir mit einer Illusion von Konkurrenz leben, die in Wirklichkeit nicht existiert und uns dadurch gegenseitig das Leben zur Hölle machen? Das wir uns von den wahren Kräften des Universums durch Beton und Plastik isolieren? Dass jeden Tag Menschen sterben, weil wir zu gierig sind um anständige Preise für Lebensmittel zu zahlen? Das trau ich mich nie!“
„Wenn Du diesen Text laut vorliest, dann hast Du es ihnen grade gesagt...“
„Oh!... Naja, kann auch nicht schaden das mal auszusprechen.“
„Warum diese Welt krank ist, kann jeder Mensch erkennen, der ein bisschen die Augen offen hält. Aber ich meine das Andere. Das was wirklich wichtig ist.“
„Du meinst also...“
„Genau...“
„Aber wie sag ich das jetzt?... und noch dazu in den paar Minuten, die mir noch bleiben?“
„Wenn Du nicht weißt, wie du etwas anfangen sollst, dann tu es einfach!“
„OK!“
Alles was im Universum existiert und lebt
ist aus tiefer Liebe und Licht nur gewebt
Materie ist eine Illusion der Gezeiten
im gewaltigen Meer der Ewigkeiten
Bewusstsein erschafft und erschaffnes vergeht
Keine Blume, keine Sonne, die ewig besteht
Wir sind keine Körper, sondern reinstes Leben
Sind Geschöpfe des Einen, zu dem wir streben
Auf unserer Reise durch den Raum und die Zeit
existierend im Jetzt, nicht in der Vergangenheit
Wie eine Blüte, die sich öffnet und schließt
und aus deren Samen, neues Leben sprießt
Vergeht unsre Form im Laufe der Jahre
ein Katzensprung von der Wiege zur Bahre
Doch was stirbt, das sind nicht wir Schöpfer
Wir sind nicht der Krug, sondern der Töpfer
Wir vergehn und erschaffen in konzentrischen Kreisen
doch es ist ganz normal, dabei zu entgleisen
Denn nur durch die Fehler können wir lernen
wir finden uns selbst, wenn wir uns entfernen
Von dem was uns alle bewegt und verbindet
und uns dann wieder zurück holt und findet
Drum gehts nicht um Schuld, Sünde, Haarspaltereien
sondern viel wichtiger: nur ums Verzeihen
Sich selbst und den Andern, die mit uns fehlen
stetig sich selbst und die anderen Quälen
denn wir haben die Macht unsere Welt zu erschaffen
Sie ist so viel schöner, wenn wir dabei tanzen und lachen
Drum gib so viel du kannst, von dem was du hast
beim Wechsel der Welten ist es eh nur Ballast
Was uns bleibt sind Gefühle, Gedanken
die ganz schönen und auch die kranken
drum bleibt die Liebe das stärkste Gebot
Denn Morgen, da sind wir alle schon tot!