guten morgen.
danke für die netten antworten. ehrlich. kommt euch vielleicht wenig vor, aber ich find sowas immer total klasse!
@****ne
die antwort "ich wollte einfach mal was anderes kennenlernen" ist nicht übel. es beinhaltet immerhin die botschaft, dass man aufgeschlossen gegenüber der neuen umgebung ist. ich glaub die antwort kommt mit auf die liste. danke
dass wir keine familie hätten... nee, ich glaub das ist weniger gut. mit "ich habe nicht mehr viel kontakt zu meiner familie" bin ich bisher ganz gut gefahren. seine eigenen wege zu gehen, entgegen den wünschen der familie findet inzwischen recht gute akzeptanz in der gesellschaft.
@*******aar2
ja, da hast du verdammt recht. es gibt leute die fragen echt die unmöglichsten dinge, ohne sich nen kopf darüber zu zerbrechen. aber wenn ich so einem begegne hab ich auch keine probleme zu sagen "das geht dich gar nix an"
schwieriger wird es wenn es die kollegin vom nachbarschreibtisch fragt und sie hat echtes interesse und zeigt auch mitgefühl. die wahrheit zu sagen kommt auch hier nicht in frage. das is meine kollegin und ich würde zumindest im ersten jahr kein so enges verhältnis zu egal wem auf der arbeit haben wollen, dass ich auch nur ansatzweise was von uns erzähle. da is mir tatsächlich noch keine bessere möglichkeit eingefallen, als die, dass es mir besser tut, nich darüber zu reden.
aber so ganz zu frieden bin ich damit noch nich. denn verbrechen wie wir es erlebt haben können deswegen stattfinden, weil geschwiegen wird und die leute glauben, es sei besser nicht darüber zu reden. das is ein enorm großes problem. dies blöde schweigende milieu macht es tätern super einfach und den opfern/betroffenen schwer.
aus diesem grund vermeiden wir es so gut es geht, auch noch aktiv an dem bild mitzuwirken, dass man über gewalt, missbrauch egal wie schwer nicht reden kann/sollte/will.
wir hatten gestern wieder therapie und ich hab unserer therapeutin von dem problem erzählt. sie guckte und meinte "was spricht dagegen wenn ihr einfach sagt, dass ihr in eurer kindheit sehr viel gewalt erlebt habt, deswegen abstand zu eurer familie wollt und euer leben gerade neu aufbaut?"
ähhh, gibt momente da kommt man sich doch reichlich dämlich vor. die antwort ist schon auch naheliegend... aber irgendwie ist sie mir nicht eingefallen. die kriegt bestimmt nicht jeder zu hören, daher sammeln wir noch n bisschen für knappere antworten... aber sie is super für all jene, die aus echtem interesse fragen.
@****ur
Ich hab bis jetzt die Erfahrung gemacht, dass in meinem Freundes- und Bekanntenkreis die Fragen nach meinem Handicap (warum, weshalb, seit wann, wie wirkt es sich aus, etc.) erst nach einer ganzen Weile gekommen sind, teilweise erst nach nem halben oder sogar erst nach über einem Jahr.
ja, das ist ein echtes gesellschaftliches problem. eine "behinderung" wird immer für den betreffenden als "problem" abgestempelt. wir leys finden zum beispiel gar nicht das wir ein "problem" haben. wir
bekommen aber probleme allein dadurch, dass DIS kaum bekannt ist und meistens mit gestörten wahnsinnigen gleichgesetzt wird.
ihr werdet es mit euren körperlichen und seelischen beeinträchtigungen wahrscheinlich oft ähnlich erleben.
@****on
ich fand deinen beitrag sehr mutig geschrieben. ja, singular und plural sind immer so eine sache bei menschen mit DIS.
ehrlich gesagt lachen wir selbst oft darüber. unsere beste freundin meinte neulich auch... "äh meinst du jetzt uns beide oder nur euch?" sehr nett. ich erlaube mir kurz mal stellvertretend für alle menschen mit DIS zu sprechen und sage: mach es wie du magst. wir selbst erleben uns als "viele". eine kleine ley die heute schon ziemlich früh aufgestanden ist, sieht mir gerade zu wie ich schreibe. ich "sehe" ein inneres bild von ihr vor mir und spüre wenn sie einen kakao oder was anderes will. weiß dass sie auch gerne jetzt hier schreiben möchte "wie die großen" und es gleichzeitig sterbenslangweilg findet, dass ich so lange vor dem computer sitze.
schmunzel ich KANN also gar nicht anders als im plural zu sprechen, wenn ich uns leys und nich nur mich meine. okay ich kann schon, auf der arbeit tue ich es natürlich nicht. aber wenn ich die maskerade einer frau fallenlasse und einfach ich selbst bin, dann bin ich alleine nicht ley. ich fände es auch ziemlich anmaßend mich für alle anderen auszugeben.
aber es gibt auch menschen mit DIS die haben so klare vorstellungen gar nicht. können gar nicht so genau sagen wer gerade aktiv ist und wer nicht. meistens "outen" sich solche menschen dann auch nicht als menschen mit DIS, daher wird sich hier auch nie die frage von singular oder plural stellen.
ob wir leys je soweit zusammen wachsen, dass ich wieder im singular über uns denken/sprechen könnte... puuh keine ahnung. darüber mach ich mir nich so viele gedanken im moment.
@*******iry
Ich kann mir vorstellen, dass es in eurem Fall auch immer sehr viel Überwindung kostet über das erlebte zu reden, weil man damit ja auch alles wieder hochholt und auf eine gewisse Weise erneut durchlebt.
ja, das glauben viele menschen. es ist ein grund warum menschen einander so selten fragen stellen über beeinträchtigungen egal welcher natur.
für uns leys gesprochen kann ich nur sagen: wir haben keine probleme über das zu sprechen was passiert ist. klar haben wir sachen erlebt wo es schwer fällt danach je wieder einem menschen zu vertrauen. wenn man einmal erlebt hat, wozu ein mensch ohne moralische bedenken in der lage ist... das ist bitter.
aber wir haben auch menschen erlebt die unglaubliches geleistet haben. die welt ist bunt. es gibt finstersten schatten, aber auch sehr viel licht. wenn man das in sein bewusstsein integriert und weder das licht noch den schatten verdrängt, dann is es gar nich mehr so schlimm über den "schatten" zu reden.
wir tuen es allerdings sehr selten von uns aus, denn ob unser gegenüber damit genauso gut umgehen kann wie wir, das is selten der fall. daher ist unser schweigen meistens ein schutz anderer, und weniger unser eigener.
werden doch mal probleme angesprochen, die mich schlucken lassen, dann is auch das für mich irgendwie kein problem. dann sag ich eben "für die antwort brauch ich mal eben n paar minuten" oder "ui, eine schwere frage, muss kurz drüber nachdenken". schlimm finde ich die frage ansich deswegen nich.
bei einer vernehmung hat ein polizist tatsächlich mal eine von uns gefragt "wie tief ist er in sie eingedrungen, können sie das in etwa sagen?" die jenige von uns die vorn war hat diese frage wirklich total aus der fassung gebracht. und da sie n bissl sehr passiv is, hat sie ihre wut über die frage nich geäußert, sondern hat einfach nur still angefangen zu weinen.
das nächste mal als wir auf dem revier waren war ich vorn und hab ihm seinen kaffee über die uniform geschüttet. hab ihn ziemlich finster angesehen und ihn gefragt ob er seine beschissenen fragen auch seiner tochter gestellt hätte, wenn die hier auf dem stuhl sitzen würde. - fazit: also ja, wenn man denn unbedingt will kann man fragen stellen die so tief unter der gürtellinie sind, dass auch wir kein bock haben nur ein weiteres wort mit dem oder derjenigen zu reden. aber dafür muss man schon ziemlich niveaulos werden
okay, nun ist der beitrag schon wieder elendig lang geworden und wenn ich nich bald einen kakao mache, krieg ich ärger
wünsch euch ein schönes wochenende.
eine ley