„Aber de facto wäre ich in diesem Fall in der Rolle einer Sexualbegleitung, jedoch ohne qualifizierte Ausbildung. Ich fühle mich daher schon irgendwie verantwortlich und bin etwas verunsichert, wie man damit professionell umgeht, ob und was das evtl. auslösen kann usw. und fühle mich da etwas hilflos. Ich bin eben auch nicht der spontane Typ, der einfach mal sagt, „OK, probieren wir es einfach mal aus“, sondern mache mir da schon meine Gedanken. Was tun, wenn nach der Begegnung der Wunsch der Schwester käme, das zu wiederholen oder weiterzugehen?
Ich habe momentan dem Ansinnen weder zu- noch abgesagt, sondern wollte mir das erst mal durch den Kopf gehen lassen und vielleicht auch hier Rat in der Gruppe finden. Oder mache ich mir da viel zu viele unnötige Gedanken?
Wenn du Zweifel hast, ob das für dich und für euch richtig ist, dann lass es lieber sein.
Gerade in so einem familiären Zusammenhang kann das schon mal schwierig werden, genau dan, wenn die Schwester das gerne öfter möchte, oder mehr. Oder sie sich in dich verliebt.
Du hilfst ihr sicher mehr, wenn du da professionelle Hilfe ermöglichst.
Wenn also die Schwester so liebevolle körperliche Nähe erleben möchte (sie muß das wirklich selber wollen!), dann suche mit ihr einen Sexualbegleiter aus und es wäre bestimmt nett, wenn du und deine Freundin auch etwas Geld dazugebt. Der Sexualbegleiter kommt von aussen und wird direkt von der Schwester bezahlt werden. Es ist also ganz deutlich, dass es eine bezahlte Dienstleistung ist, auch wenn sich das so liebevoll-zärtlich anfühlt. Und wenn sie das mal wieder erleben will oder mehr als nur mal anfassen möchte, dann weiß sie ja, mit wem sie das erleben kann. Duch das Erleben, dass sie Sex haben kann, durch die professionelle Arbeit des Sexualbegleiters wird sich ihr Selbstwertgefühl entwickeln - und so wird sie vermutlich irgendwann bereit sein, sich selbst auf eine Beziehung einzulassen.
Sexualbegleitung ist Empowerment, hilft den Klienten in ihre Kraft zu kommen und stärkt das Selbstbewußtsein.
Ich lege allen auch hier noch einmal den Podcast "die Frage: Sex mit Behinderung: Hannah, warum bezahlst du jemanden für Intimität?" aus der ARD-Mediathek ans Herz, in dem man Hannah kennen lernen kann, die ein so schlechtes Selbstwertgefühl hatte, dass sie fest damit rechnete, dass jeder der sie sieht, gleich reißaus nimmt. Und die durch ihre regelmäßigen Treffen mit ihrem Sexualbegleiter eine selbstbewußte junge Frau geworden ist, die offen über dieses Thema spricht und anderen Menschen Mut machen kann.
https://www.ardaudiothek.de/episode/die-frage/sex-mit-behinderung-hannah-warum-bezahlst-du-jemanden-fuer-intimitaet/funk/10585343/