Mit über 30 MS-Jahren kann ich mehrbändige Bücher übers Cortison schreiben.
Früher waren es 21 Cortison-Infusionen, womit Schübe behandelt wurden.
Mir ging so ab der siebenten Infusion an allen Körperstellen allergisch die Schleimhaut ab und ich habe tolle Techniken gegen die Schmerzen beim Essen mit wunden-schleimhautlosen Mund entwickelt. Magengeschwüre bekam ich davon klarerweise und offener Darm und Harnröhre - sind eben die Nebenwirkungen.
Das zweite Auffallende war die Gewichtszunahme. Dass du von den Wassereinlagerungen durch das Cortison einen Morbus Cushing (Mondgesicht) bekommst, ist eine Sache. Aber der fortwährende Heißhunger ohne Sättigungsgefühl war wirklich beeindruckend.
Stimmungsmäßig war ich ab einem bestimmten Pensum depressv angerührt und ich konnte die Wände anheulen, ohne dass ich einen Grund dafür wusste. Es war immer eine komplett neue Lebenssituation für eine unverbesserliche Optimistin wie ich bin.
Die negativste Erfahrung mit Cortison war nach einem Schub mit Halbseitenlähmung und massiven Problemen bei der selbständigen Steuerung der Atmung, wo ich zwei Monate Cortison-Infusionen bekam und dann bis die Atmung wieder selbständig funktionierte und danach vergessen wurde, das Cortison auszuschleichen.
Meine Hypophyse war ausgefallen, dadurch wurde die Nebennierenrinde zur selbständigen Wiederaufnahme der Cortisol-Bildung (körpereigenes Cortison) nicht mehr angesteuert und das Ergebnis war eine Addinson-Krise mit klinischem Tod infolge des Blutdruck- und Blutzuckerabsturzes. Cortison holte mich wieder ins Leben zurück und es wurde schön langsam über ein paar Monate ausgeschlichen. Tatsächlich sprang die Hypophyse wieder an und auch die Nebennierenrinde produzierte wieder mein Cortisol. Manchmal hast eben Glück.
Nach drei Tagen fühlte ich mich nach diesem langen Krankenhausaufenthalt dann tatsächlich in der eigenen Wohnung wieder langsam heimisch.