„Domin8me,
im Prinzip stimme ich deinem ersten Beitrag zu. Lediglich eine Sache möchte ich noch erklären.
Die Huren, wie gesagt, sie bezeichnen sich salopp auch so, habe ich nicht als Kunden kennengelernt. Mir etwas vorzumachen, hätte so gesehen, keinen Sinn gemacht. Die von mir interviewten Damen wurden vom Verband der Sexarbeiterinnen schriftlich vorgeschlagen, nachdem ich eine Mail verschickt hatte. Sogar der Kontakt wurde von Seiten des Verbands verabredet.
Ich möchte keine Illusionen zerstören, aber wenn Du Sexarbeiterinnen über journalistische Tätigkeiten kennen gelernt hast, solltest Du erst Recht vorsichtig bei den Äußerungen sein.
Im Gespräch wurde mir erklärt, wie man als Frau in das Gewerbe hineingerät. Zwang mag es selbstverständlich geben, aber das geschieht außerhalb der Legalität und entspricht nicht der Prostitution, sondern einer klassischen Vergewaltigung. Somit ist der Kunde dann ein Mittäter oder Täter.
Über Zwangsprostitution müssen wir nicht reden – dafür gibt es das Strafrecht. Allerdings sind wirtschaftliche Nöte auch ein Zwang; von daher hinkt Deine Darstellung meiner Meinung nach ein bisschen.
Die untere (below the Line), das wären Frauen, die an der Bar oder in einem Gastraum herumhängen müssen und an den Getränkeumsetzen beteiligt sind. Sie werden somit genötigt, Alkohol, meist billigen Sekt trinken. Die Damen, die mir für die Gespräche zur Verfügung standen, meinten durchweg, dass sie so etwas niemals machen würden.
Dieser Bereich zeigt sehr deutlich, warum Du irrst: Niemand macht dies gerne und freiwillig. Es geht um Zwänge beziehungsweise um Möglichkeiten. Nur weil jemand sagt, so würde sie nie arbeiten, heißt das nicht, dass sie das nie tun wird.
Die zweite Klasse, die Hauptgruppe, das wären Frauen, die in echten Bordellen auf eigene Kosten arbeiten. Sie mieten einen Raum (Zahlung 40 bis 50 Prozent der Einnahme) und leisten dann, die mit ihrem Kunden vereinbarten Dienste. Sollte ein Kunde ihnen zuwider sein, wird er keine Leistung erhalten.
Als ich mich das letzte Mal damit beschäftigt habe, wurde die Raummiete in Euros abgerechnet. Nicht in Anteilen der Einnahmen, denn das würde den Druck nochmal erhöhen. Vergessen hast Du dabei noch private Wohnungen, die ebenfalls zu diesem Bereich zählen.
Dass es Unterschiede bei der Ablehnung gibt, ist logisch. Die eine Frau besitzt Stammkunden und das reicht ihr. Zwanzig Jahre ältere oder arabischstämmige Männer (so ist es tatsächlich) werden nicht bedient. Andere Huren „müssen“ jeden annehmen, weil ihr Portemonnaie noch nicht gefüllt ist. Es gibt Spezialbordelle, zu denen ich jetzt auch die Domina-Studios zähle, obwohl dort Geschlechtsverkehr eher die Ausnahme ist.
Mit dieser Beschreibung gibst Du mir Recht. Ökonomischer Zwang.
Nun zur Oberklasse. Das sind die Escorts. Meist werden sie von einer Begleitagentur (oft auch Escort-Agentur genannt) vermittelt. Sie verdienen das meiste Geld, also wirklich richtig viel.
Eine Sexarbeiterin, die einen Stammkundenstamm aufbaut, wird Männer bevorzugen, die den Sex mit ihnen angenehm macht.
Falsch. Der Begriff "Escort" ist kein geschützter Begriff und sagt überhaupt nichts darüber aus, in welcher sozialen Schicht man arbeitet. Escorts gibt es in allen genannten Bereichen, nicht nur in der Oberklasse. Der Unterschied zur Sexarbeit ist, dass man eine Escort als Begleitung bucht; damit ist weder Erotik noch Nähe inbegriffen. Das passiert nur, wenn der Mann als sympathisch wahrgenommen wird – wie Du Dir denken kannst, ist diese Definition vollkommen realitätsfern.
Das sei der typische Schwachsinn von billigen Nutten, ollen Kerlen und der Presse. Es sei wie bei Verkäuferinnen. Nicht jede mag ihren Job und die muffeligen unter ihnen wird man kaum in gehobenen Geschäften finden.
Menschen, die ihren Beruf nicht mögen, gibt es in allen Bereichen. Der Unterschied zwischen Sexarbeit und Einzelhandelskauffrau ist, dass letztere zumindest auf dem Papier einklagbaren Arbeitsschutz hat und eher seltener während der Arbeit ermordet werden; sie müssen ihren Beruf auch nicht wegen gesellschaftlicher Stigmatisierung geheim halten. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Dir dies bewusst ist und Du beide Jobs nicht vergleichen wolltest.
Es ging mir ausschließlich darum, über die Frage zu sprechen, warum es immer die Männer sind, die bezahlen müssen.
Ganz ehrlich: Dating und Sexualität sind die einzigen Bereiche, in denen Männer mehr zahlen müssen als Frauen. Vom Friseur über Versicherung bis hin zu Hygieneprodukten sind Männer absolut im Vorteil. Stichwort Mode beispielsweise. Mir kommt es so vor, als ob Du eine (=1) reale Benachteiligung benennst und kritisierst, dabei aber gleichzeitig alle anderen Formen der Benachteiligungen ignorierst und leider auch kleinredest.