Eine entsprechende Zeiteinteilung zu finden, die den Bedürfnissen aller gerecht wird, ist tatsächlich eine Herausforderung für die Polyamorie.
Mehr als einen Menschen lieben zu können, heißt auch nicht gleich, mehrere Beziehungen führen wollen. Ich kann mich dennoch entscheiden, erst mal nur eine zu führen und richtig auf die Reihe zu bekommen.
In meinem Fall heißt das aber auch, dass ich mir eine Beziehung mit einem Mann vorstellen kann, der schon eine andere Beziehung hat. Ob das dann so möglich wäre, dass meine Bedürfnisse dabei gestillt werden können, hängt davon ab, welche Möglichkeiten mir dieser Mann bieten könnte.
Da wäre zuerst die Frage, was meine Bedürfnisse sind. Ich wünsche mir täglichen Austausch durch Schreiben und Sprachnachrichten , Teilhabe an dem was ihn bewegt und von seiner Seite , was mich bewegt. Lachen, tiefe Gespräche, etwas Tellen des Alltags. Natürlich ist das intensiver, wenn man sich öfters sieht, aber es geht tatsächlich nach meiner Erfahrung auch ohne das.
Ich brauche aber das oben beschriebene, um Verbundenheit aufzubauen.
Weiter wünsche ich mir gemeinsam verbrachte Zeit und Treffen. Früher dachte ich da sehr in der Schablone ständig zusammen sein zu müssen. Heute , nach einer Ehe, in der es so war, hat sich das geändert. Ich habe ein sehr ausgefülltes Leben und finde es schön, wenn die gemeinsame Zeit bewusst gestaltet und genossen wird. Ich benötige nicht unbedingt geteilten Alltag.
Am Anfang, frisch verliebt, möchte ich natürlich auch viele zeitnahe Treffen. Wenn das aber nicht geht, weil man zu weit auseinander wohnt?
Da muss ich dann entscheiden, ob ich genieße, was ich habe, oder auf alles verzichte.
Ist mir also dieser Mensch und das, was er geben kann, so wertvoll, dass ich es hinnehmen kann, dass nicht alles so ist, wie ich es mir wünsche?
Das muss jeder für sich entscheiden. Ganz bewusst.
Ich weiß jedoch für mich, dass ich gerade nicht mit jemand zusammen wohnen wollen würde oder einen Partner, der ständig an mir klebt.
Wenn er aber selber ein glückliches und erfülltes Leben hat, dem nicht ich den Sinn gebe, sondern in dem ich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen sein darf, dann wird er viel auch ohne mich erleben.
Und das soll er nicht für mich aufgeben.
Denn in meinem Leben ist es genauso.
Es ist nämlich auch ein Bedürfnis von mir, mein Leben zu gestalten und zu genießen unabhängig von einem Partner. Für mich.
Deshalb ist jede Beziehung ein Spagat zwischen dem Bedürfnis ganz bei mir zu sein und doch verbunden mit einem oder mehreren anderen Menschen. Während früher mein Fokus nur auf dem verbinden mit einem anderen Menschen lag und ich mit mir alleine nicht viel Freude hatte, ist es heute ein Gleichgewicht zwischen diesen Bedürfnissen, das ich suche und immer wieder neu ausrichten muss....