Es gibt tatsächlich Fälle, in denen BDSM und selbstverletzendes Verhalten ineinander übergehen können. Mir haben schon Doms davon erzählt, dass sie das Gefühl hatten, von einer Borderlinerin als Erfüllungsgehilfe für ihre destruktiven Momente instrumentalisiert zu werden. Hier also automatisch jeden Bezug zu psychischen Erkrankungen für komplett an den Haaren herbeigezogen wahrzunehmen ist auch falsch. Die Frage ist ja auch, wie die erkrankte Person es den Behandelnden gegenüber kommuniziert hat?
Ich habe mit meiner Therapeutin tatsächlich auch mal vorsichtig über das Thema gesprochen. Sie hat mir nahegelegt, dass ich da sehr vorsichtig sein muss, da ich insgesamt mitunter noch zu wenig Sicherheit in meinen Grenzen habe. Da dann an einen Mann zu geraten, der (zu) dominant ist, kann sehr schädlich für den Heilungsprozess sein. Und wenn ich in diesem Spannungsfeld dann unsicher werde, schneller und höher spreche, flacher atme, dann wird sie mir natürlich dazu raten, alles abzublasen, was irgendwie damit zu tun hat, um erst mal für mich selbst genug Sicherheit zu schaffen und sie aus mir selbst zu ziehen und nicht aus einem Partner.
Dort habe ich es aber auch erlebt, dass durchaus akzeptiert wird, wenn ich darüber spreche, dass ich wohl wirklich eine gewisse Vorliebe dafür habe, wenn Männer dominant mir gegenüber auftreten, dass ich darauf körperlich und emotional reagiere. Wenn ich das ruhig und sachlich und ein wenig suchend kommuniziere, werde ich dabei ernstgenommen und mir wird geholfen, die Balance zwischen "Augenhöhe und Respekt, das andere nur als Rollenspiel und selbstbestimmt" und "zu viel von sich selbst aufgeben" zu suchen.
Deswegen bin ich bei dieser aus zweiter Hand erzählten Geschichte vorsichtig. Klar kann es sein, dass die Behandelnden hier ewiggestrig mit einer Patientin umgegangen sind. Es kann aber auch sein, dass die Patientin beim Erzählen davon Stresssymptome gezeigt hat, die ihr selbst gar nicht klar waren. In letzterem Fall wäre m. E. schon normal und richtig, hier erst mal fürs restliche Leben Stabilisierung und Stressreduzierung und Sicherheit zu schaffen.
Die Frage ist, wie das kommuniziert wurde. Aber die Frage ist eben auch, wie es dann aus zweiter Hand weiterkommuniziert wurde.
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Zur Ausgangsfrage: Ja, tatsächlich schon erlebt, nicht als "selbstverletzendes Verhalten" betitelt, aber als "ungesund für Sie". Bei der gleichen Therapeutin, die später, als ich mit der Therapie viel weiter war, durchaus wohlwollend damit umging und umgeht, dass ich "Dominanz" bei Männern anziehend finde und mich dabei unterstützt, herauszufinden, was ich da brauche, um geschützt und sicher zu sein, jederzeit abbrechen zu können, Augenhöhe zu haben und das Spiel mit der Dominanz nur als "Rollenspiel" zu erleben und mir meines Wertes als Mensch jederzeit und permanent sicher sein zu dürfen.
Und trotzdem warnt sie mich energisch vor einer bestimmten Klientel "dominanter Männer", die über ihre Dominanz irgendwelche seltsamen Dinge zu begründen versuchen und vor denen ich mich doppelt und dreifach schützen muss, gerade weil ich auf sie reagiere.