Der Mensch hat nicht eine Seele, sondern er ist eine Seele.
Interessant, dies vor dem Hintergrund eines interreligiösen Dialogs zu betrachten! ❣️
In der Bibel ist damit meist das Leben des Menschen gemeint, nicht im Sinne einer körperlichen Funktion, sondern als Lebensprinzip. Der Mensch h a t nicht eine Seele, sondern er i s t eine lebendige Seele. An die Funktion des Gehirns oder des Herzens ist die Seele nicht gebunden. Der Begriff "Seele" gleicht eher dem, was was man heute unter Ganzheitlichkeit versteht.
Nach dem Katechismus der röm.-katholischen Kirche (1993) ist die Seele von Gott geschaffen und unsterblich: "Sie geht nicht zugrunde, wenn sie sich im Tod vom Leibe trennt, und sie wird sich bei der Auferstehung von neuem mit dem Leib vereinen." Nach dieser Vorstellung schläft die Seele zwischen Tod und Auferstehung (in sowas wie dem "Nexus" aus Star Trek: Next Generation).
An den Seelenschlaf glaubte man auch in reformatorischer Zeit. Ein buddhistischer Lehrer erklärte mir seinen Glauben auch so, wusste selbst aber keine Antwort auf meine Nachfrage, wo dieser Ort des Seelenschlafes sei und wie ihn Buddhisten nennen (es sei nicht das Nirvana).
Antwort fand ich mit der Kabbalàh, der esoterischen Tradition zum geistigen Inhalt der Toràh (Hermeneutik), die den Weg lehrt, sich innerlich empfänglich zu machen für das Licht und den Fluss des (uns heiligen) 🕊️Geistes, um durch die persönliche Erkenntnis in eine unmittelbare Beziehung zu Gott zu gelangen (Heimführung der Seele in die Erfüllung und Vollendung ihres geistigen Lebens). Die universelle Kabbalàh (hebr. "Empfang") ist der jüdisch-christliche Einweihungsweg in die Mysterien der Natur mit Einblick in kosmische Zusammenhänge (+) und Verstehen der kosmischen Ordnung und Struktur (-): Sie beweist, dass ALLES IN EINEM und EINES IN ALLEM ist in den vier Leibern Body, Psyche, Spirit und Divine (➡️ erst mit der Kabbalàh wird auch die leibliche Auferstehung des Jesus "Christus" von Nazaret verständlich, nämlich aufsteigend vom Körperbewusstsein übers Image-Bewusstsein ins Selbstbewusstsein - die Wiedergeburt im Holy 🕊️ Spirit - hinauf bis ins kosmische Bewusstsein, indem es keine Polarität, sondern nur noch Liebe und Harmonie gibt. Ganz, wie es auch Ziel des Tantrismus ist. Mega, oder? 🥰
Ich beschäftige mich seit drei Jahrzehnten intensiv mit orthodoxen, katholischen und protestantischen Christentum bzw wegen jüdischer, zum Katholizismus konvertierter Vorfahren im 18. Jahrhundert seit etwa zehn Jahren intensiv auch mit dem Judentum. Wenn ihr mich fragt, Jesus war ein Kabbalist und Tantriker! Wie das möglich sein kann, wüsste ich selbst allzu gerne. Aber wir alle wissen ja, dass Tantra weit älter ist als die Lehre Jesu und Er eine verdrängte sinnliche Schattenseite hatte, die er dank Maria Magdalena (♀️), einer wahrhaft freien, unbeschwerten und lustbejahenden Frau, die gleichermaßen Sinnbild der Schönheit und des seelischen Adels war wie auch der Sinnenlust und der gezügelten Vitalität, auf dem achtsamen Weg zu spiritueller Sinnlichkeit sehr gut integrieren konnte.
Das "Hohe Lied", das in der Übersetzung Martin Bubers "Der Gesang der Gesänge" heißt, ist ein Stück großartiger tantrischer Literatur im Ersten Testament, dessen mythisch geprägte, Sprache gewordene Sinnlichkeit die natürliche Verbindung zwischen Religion und Sexualität noch einmal klar aufscheinen lässt. Hier wird erkennbar, dass altjüdisches Lebensgefühl weit von der Sinnenfeindlichkeit und Körperverdammnis frühchristlicher Proselytenmacher entfernt war. Lese ich heute das Hohe Lied, diese kürzeste, leider bruchstückhafte Dichtung des Ersten Testaments, unbelastet von den vielen, meist in moralischen Vorurteilen begründeten Deutungsversuchen, wird mir klar, dass es sich hier um eine dem Mythos entstammende, stark erotisch betonte Gedichtfolge handelt, die ihre thematische Anregung von der Inanna-Tammuz-Literatur her empfangen hat (Mythos von Inanna und Tammuz können wir als den ältesten tantrischen Mythos bezeichnen). Auf dem II. Konzil von Konstantinopel wurde 553 n. Chr. die sinnliche Auslegung des Hohen Liedes als häretisch verurteilt. Vorher schon hatten eifrige Kirchenväter alles nur mögliche zur mystischen Verklärung des Hohen Lieds getan - an ihrer Spitze Origenes. Hier zeigt sich einer der Gründe für die unnatürliche, die Ganzheit von Sinn und Sein zerstörende Haltung des asketischen, den Body verdammenden Christentums, an der die röm. - katholische Kirche mit dem Zölibat bis heute festhält. Das hat nicht nur zu einer Entwürdigung des Priesterstands geführt, sondern auch zu einer Herabsetzung der Frau als Verführerin und Lustobjekt. Die Entartung der einst heiligen körperlichen Vereinigung - der Hingabe zu mythischem Einstein - in gemeines Dirnentum hat hier genauso ihren Grund wie die daraus folgende Verachtung, die der Frau als Dirne widerfuhr.
Wie auch immer, es gibt nichts leichter zu verstehen und doch nichts schwerer zu studieren als die Kabbalàh, die den wahren Kern aller abendländischen Mystik bildet.
LG, Dirk