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Rennschlittenbahn (Sachsen)

Sommer 2020
*******utch Mann
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Rennschlittenbahn (Sachsen)
Auf dem Fichtelberg, mit 1214m über dem Meeresspiegel höchster Berg Sachsens, wurde ab 1967 eine Rennschlittenbahn gebaut. Die Länge der Bahn betrug ca. 1100m, wobei vom höchsten Startpunkt bis zum Ziel gemessen, diese genau 1087m lang war. Sie besaß 18 Kurven, drei Startpunkte, drei Zeitnahmepunkte mit Lichtschranken-Messung und ein Zielgebäude (ebenso mit Zeitnahme). Das mittlere Gefälle der Bahn lag bei 9%. Die offizielle Eröffnung war im Winter 1969, Teile der Strecke, wurden jedoch schon vorher für Trainings genutzt. Bei der Bahn handelt es sich um eine naturvereiste Strecke.
Die steilsten Abschnitte sind zwischen den Kurven 7 und 10 sowie 14 und 16.

Während der Startpunkt I für Männer vorgesehen war, folge der Startpunkt II nach der dritten Kurve für Damen. Der Startpunkt III war für Jugendliche vorgesehen und befand sich hinter der Kurve 11. Beide Startpunkte sind noch heute vorhanden. Das Ziel befindet sich vor der letzten Kurve mit der Nummer 18 und ist noch heute existent. Ursprünglich war das Ziel hinter der Kurve 18 angelegt, war dort aber so schlecht einzusehen, dass dieses vorverlegt wurde. Der Abfahrtskanal war zudem komplett beleuchtet und konnte somit auch in den Abendstunden genutzt werden.

Aus einem kleinen Programmheft ist zu entnehmen, dass in der 1. Märzhälfte 1970 folgende nationalen und internationalen Wettkämpfe ausgetragen wurden: DDR-Bestenermittlung (das war der Wettkampfhöhepunkt für alle die Sportler, die nicht an den Leistungszentren SC Traktor Oberwiesenthal und ASK Vorwärts Oberhof trainierten), Deutsche Rennschlittenmeisterschaften der DDR, Internationales Mitropa-Pokalrennen und Pokal der Freundschaft. Vorher (ohne nähere Zeitangabe) fanden schon die DDR-Juniorenmeisterschaften statt. Auch im Jahre 1971 wurden die DDR-Meisterschaften und das Internationale MItropa-Pokalrennen in Oberwiesenthal ausgetragen. Die Einsitzer fuhren damals vier Rennläufe (heute zwei), also wurde die Bahn auch abends genutzt. Dafür fuhr sogar die Schwebebahn bis spät in die Nacht hinein. Die Rennrodelbahn war zu dieser Zeit die modernste Bahn der DDR und stellte hohe fahrtechnische Anforderungen. Selbstverständlich nahmen an den Wettkämpfen alle damaligen Spitzenathleten der DDR teil, so z.B. Anna-Maria Müller, Angela Knösel, Klaus Bonsack, Harald Ehrig, Michael Köhler, Wolfgang Scheidel. Horst Hörnlein. Dettlef Günther, Wolfram Fiedler, die Doppel Hörnlein/Bredow, Bonsack/Michael Köhler sowie Bernd und Ulrich Hahn. Gern gesehene Gäste waren zu den Mitropa-Pokalrennen die italienischen Rodler, so die späteren Olympiasieger und Weltmeister Hildgartner/Plaikner und der spätere Weltmeister Karl Brunner. Auch aus der damaligen Sowjetunion, aus Polen, der ČSSR und Österreich nahmen Sportler teil.

Nach diesem kurzzeitigen „Höhenflug“ änderte sich die die Situation für die Oberwiesenthaler Bahn abrupt. Das hatte mehrere Gründe. 1969 wurde die Rodelbahn am Königssee auf künstliche Vereisung umgebaut. Dem dufte die DDR nicht nachstehen. Oberwiesenthal hatte eben erst eine neue Bahn bekommen, also wird die nächste, auch künstlich zu vereisende, in Oberhof gebaut. Sie war ab 1971 für das Training nutzbar, ab 1972 fanden dort Wettkämpfe statt. Die Vorteile einer künstlich vereisbaren Rennschlittenbahn sind enorm:
Die Kühlung gewährleistet ein planbares Trainings- und Wettkampfgeschehen, und das von den Monaten September bis April. Damit hatte die These der DDR-Trainingsmethodik, Techniktraining möglichst ganzjährig durchzuführen, eine reale Basis bekommen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, trainierten auch die Oberwiesenthaler Rodler regelmäßig in Oberhof.
Die Eisoberfläche einer künstlich vereisten Bahn ist wesentlich glatter als die einer natürlich vereisten und lässt höhere Geschwindigkeiten und eine flachere Fahrtechnik zu. Die Schlitten wurden diesen neuen Gegebenheiten angepasst, ließen sich danach aber nicht ohne weiteres auf Natureisbahnen fahren.

Die Oberwiesenthaler Bahn versank oft unter dem am Fichtelberg herrschenden Schneereichtum. Trotz Technik (Schneefräse) verging oft ein halber Tag, ehe die Bahn vom Schnee beräumt und damit fahrbereit war. Im Winter 1971 musste ein Rennen (DDR-Meisterschaft oder Mitropa-Pokalrennen) am Sonntag abgebrochen werden, weil die Bahn bis an den Rand voll Schnee lag. Als die Frauen ihre Schlitten vom Damenstart holten, weil sie noch zu einem anderen Rennen fuhren, versanken sie bis zur Hüfte im Schnee.
Den Weg vom Zielauslauf bis zum Start mussten die Sportler damals zu Fuß mit dem Schlitten zurücklegen. Eine Bahnstraße, wie heute üblich, gab es damals nicht. Den Weg durch den Wald mussten sie oft unter dem Schnee suchen.

Die Kurve 15 war ein kaum zu beherrschender »Scharfrichter«, weil ihr Radius nicht stimmte. Dort kam es oft zu Stürzen. Davon waren vor allem die Sportler betroffen, die nicht ständig auf der Bahn trainierten. Das beeinträchtigte das Image der Bahn. Selbst die Oberhofer Sportler taten alles, um nicht in Oberwiesenthal trainieren zu müssen. Und demzufolge fanden auch kaum noch Wettkämpfe statt. Binnen weniger Jahre war die Rennrodelbahn damit technisch und moralisch verschlissen.

In der Folgezeit wurde sie zur Vorbereitung von DDR-Auswahlmannschaften auf internationale Wettkämpfe, die bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre noch auf natürlich vereisten Bahnen ausgetragen wurden, sowie für Nachwuchsrennen genutzt. Dazu wurden die Wettkampfstrecken verkürzt. Nach der Ausfahrt aus Kurve 13 entstand ein provisorischer Auslauf, um das Problem der Kurve 15 zu umgehen. Es muss in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gewesen sein, als mit baulichen Veränderungen in den Kurven 14, 15 und 16 die Befahrbarkeit der Kurve 15 verbessert werden sollte. Das gelang zumindest teilweise. Dieser verhältnismäßig hohe Aufwand zum Erhalt einer veralteten Bahn hatte den Grund, dass Oberwiesenthal aller vier Jahre im Wechsel mit Oberhof Gastgeber der Kinder- und Jugendspartakiade der DDR war. Dazu brauchte man eine von einer großen Anzahl von Nachwuchssportlern gefahrlos zu befahrende Rodelbahn.
Von den vier in Oberwiesenthal veranstalteten Spartakiaden (1975, 1979, 1983 und 1987) wurden zumindest die letzten beiden im unteren Teil der Bahn gefahren.

1983 weilte der Fliegerkosmonaut der DDR, Siegmund Jähn, anlässlich der Verleihung seines Namens an der Kinder- und Jugendsportschule in Oberwiesenthal und ließ es sich nicht nehmen, als Doppelhintermann von Weltmeister und Olympiasieger Hans Rinn eine Fahrt auf der Bahn zu unternehmen. Er ist damit vermutlich der prominenteste „Sportler“
1977 und 1982 wurden die DDR-Meister in Oberwiesenthal gekürt, regelmäßig fanden DDR-Junioren- und Schülermeisterschaften statt. Als letzter Wettkampf fand 1987 die DDR-Spartakiade statt.

Mit der Wende wurden die für Betrieb und Nutzung der Rennrodelbahn vorhandenen Strukturen (Sportstättenbetrieb, SC Traktor) aufgelöst. Die Bahn verfiel weiter. Die Rennrodler wurden im neu gegründeten Bundesstützpunkt weiter gefördert und nutzen die Bahn zum Sommertraining auf Rollenschlitten. Aber auch das erwies sich zunehmend als unökonomisch, weil alljährlich für Erneuerung der Holzbanden und Glättung der Bahnsohle hohe finanzielle Aufwendungen notwendig waren. Zudem litten die Schlitten und die Rollen stark unter der nach wie vor unebenen Bahnsohle.

Der Start lag an der heutigen Fichtelberghütte und wurde, 1994 bis zur dritten Kurve, fast vollständig abgetragen.
Heute kann man nur noch die Reste, dieser ehemaligen Sportstätte am Fichtelberg, bewundern.


Das komplette Album gibt es hier zu sehen: http://www.tomvandutch.de/rennschlittenbahn
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