Eifersucht
Über Bauchkribbeln, Geilheit, Eifersucht, Mono, - sowie Polyamorie und den ganzen Rest-Der Selbstfindungstrip einer Mansharerin mit polyamoren Tendenzen oder…welche Schublade auch immer passen möge -
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Eifersucht. Kompliziert und spannend.
Es irritiert mich sehr, dass Eifersucht in festen Beziehungen nicht nur bis zu einem gewissen Maße
toleriert ist – nein – sie scheint sogar erwünscht zu sein.
Sonst liebt man nicht!
Was ist denn das für eine Seltsamkeit? Es ist ein seltsames menschliches Verlangen.
Warum sollte ich auf Grundlage eines aus Unsicherheit resultierenden Gefühls meines Partners dessen Gefühle für mich definieren wollen? Und schlimmer noch – warum wird das von mir erwartet?
In der Regel ist es doch vermutlich so:
Eifersucht fordert – vorzugsweise Verzicht -, Eifersucht klagt an – erstaunlicherweise den anderen und nie sich selbst. Irgendwie ist mir das alles zu christlich angehaucht. Ich war ehrlich gesagt nie sonderlich religiös und wehre mich gegen jede nur denkbare gesellschaftliche oder ideologische Fessel.
Ich finde, Liebe ist kein Verzicht! Liebe ist Geben!
Eifersucht hat nichts mit dem Partner zu tun. Sie entsteht in einem selbst und nur man selbst hat den Umgang mit diesen anstrengenden Gefühlen zu verantworten. Wenn ich also eifersüchtig wäre, warum würden daraus Rückschlüsse hinsichtlich meiner Liebe für meinen Partner gezogen werden?
Das Einzige was Eifersucht mit Liebe zu tun hat, ist entweder mangelnde Selbstliebe und daher Unsicherheit, dem Partner nicht mehr zu genügen – oder zu viel Selbstliebe und ein damit einhergehendes Besitzdenken getreu dem Motto „Ich bin so geil – niemand wird mich je verlassen und wenn doch…möge er sich warm anziehen!“.
Der Auslöser für so manche Beziehungstat ist Eifersucht. Gerade dieses Besitzdenken, was sich in dem zuvor genannten Motto widerspiegelt, lässt mich vor Unverständnis erzittern.
„Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie auch niemand anderes haben.“
Zack...Bumm…Tot…ermordet.
Glaubt mir, ich schaue regelmäßig Meddel Deddel Deddel*, ich weiß Bescheid.
(*Medical Detectives; Anm.d.Red. )
Beide Ausgangsgrundlagen – ob zu viel oder zu wenig Selbstliebe und Selbstvertrauen - für das Entstehen der Eifersucht haben nichts mit Liebe für den Partner zu tun. Erst recht beweisen sie nicht ihre tatsächliche Existenz. Eifersucht ist also meiner Meinung nach kein angemessener Maßstab!
Im Falle der mangelnden Selbstliebe stelle ich mir die Frage, ob man hier überhaupt in der Lage ist, Liebe zu geben? Immerhin ist man ja chronisch und leidenschaftlich damit beschäftigt, herauszufinden ob man denn überhaupt liebenswürdig sei und ist darüber hinaus ständig damit beschäftigt, die Liebe des Partners zu belegen oder (in besonders masochistischen) Fällen zu widerlegen. Das scheint mir doch sehr ablenkend zu sein um den eigentlichen Moment der tiefen und innigen Liebe spüren und genießen zu können.
Auch etymologisch betrachtet, wird einem hier klar, dass Eifersucht mit 'nacheifern' zu tun hat und das ist ein Prozess, bei dem nicht der Partner im Fokus ist sondern nur man selbst und das Objekt, dem es nachzueifern gilt (die Geliebte, der Flirt etc.).
So, und die zweite Eifersuchtsgrundlage ist genau das Gegenteil – denn sie resultiert aus zu viel Selbstliebe.
Ich denke es erübrigt sich von selbst, zu sagen, dass dies noch weniger mit Liebe für den Partner zu tun hat.
Man mag es denken – ja – aber es gibt ja so manchen Menschen, der Besitzdenken mit Liebe verwechselt.
Man sieht, beide für die Eifersucht verantwortlichen Ausgangsgrundlagen haben null Komma nix mit Fremdliebe zu tun – warum sollte Liebe also dann daran gemessen werden?
Übrigens, ich gehörte auch mal zu diesen Menschen, die glaubten ohne Eifersucht würde man nicht lieben.
Die Abwesenheit von Eifersucht wird mit Gleichgültigkeit assoziiert. Irgendwas hat sich verändert.
Ich habe mich in eine deutlich entspanntere (nicht gleichgültige!) Richtung entwickelt und das genieße ich sehr.
Mein Mann wundert sich jedoch, warum ich überhaupt eine Beziehung führen möchte, wenn mir doch alles so egal ist. Aha, also (mal abgesehen davon, dass es mir sicher nicht egal ist!) dürfen nur eifersüchtige Menschen Beziehungen führen? Beziehung ist also ein Konzept, das nur den Eifersüchtigen vorbehalten ist.
Schlussfolgere ich daraus, dass also nur eifersüchtige Menschen in der Lage sind zu lieben? Alle eifersuchtsfreien Menschen sind umtriebig, sollten das auch bleiben und sollten die wirklich ehrlich Liebenden mit ihrem Freiheitskonzept in Ruhe lassen? Jetzt wird alles noch seltsamer.
Eifersucht ist also nicht nur der Maßstab für Liebe, es ist Liebe…oder wie oder was?
Für meinen Liebsten bedeutet Liebe Verzicht – oder noch heftiger – man soll dem Partner zuliebe gerne auf etwas verzichten, das einem wichtig ist. Wenn ich dann aber den Spieß umdrehe und sage:
"Ok. Komm schon...zeig mir, dass du mich liebst und verzichte darauf, dich wie ein angeschossenes Reh zu benehmen, nur weil ich einen anderen Mann toll finde. Verzichte mir zuliebe auf deine Opferrolle!".
Tja....soweit geht diese Verzichtsüberzeugung dann auch wieder nicht.
Ich für meinen Teil sehe das deutlich anders – ich gönne dem Menschen, den ich liebe, dessen Vorlieben.
Teile sie sogar gerne mit ihm, denn ich genieße es, in das zufriedene und glückliche Gesicht meines Partners zu blicken. Deswegen bin ich auch eine 'Mansharerin' (grausamer Anglizismus ) geworden.
Das wäre noch vor 7 oder 8 Jahren undenkbar für mich gewesen.
Wenn mein Partner als Beweis meiner Liebe Verzicht von mir verlangt, ich aber von ihm verlange, einfach nur glücklich und befriedigt zu sein – irgendwie ist das ein Problem.
Vor allem, wenn jemand so eifersuchtsfreies wie ich, dennoch irgendwie stark verliebt ist.
Oh Wunder, es scheint doch nicht zwingend miteinander zu tun haben.
Oder…ach nein…gemäß den gültigen, gesellschaftlichen Konventionen darf ich ja gar nicht verliebt sein.
Das ist widernatürlich – sagen sie!
Wie bin ich nun aber zu der Person geworden, die ich heute bin? Ich möchte jetzt nicht allzu sehr in meiner Vergangenheitsbox kramen, deswegen schneide ich die Kernpunkte nur etwas an:
Kindheit
War geprägt von einem Prinzessinnenwunschdasein. Es sollte der perfekte Partner gefunden werden, das perfekte Haus gebaut und der perfekte Baum gepflanzt werden. Der perfekte Stall würde sicherlich auch gebraucht werden – schließlich käme der perfekte Mann als perfekter Prinz auf dem perfekten Gaul angeritten. Dessen war ich mir sehr sicher.
Jugend
Bereits von den ein oder anderen Erfahrungen ernüchtert und ein klein wenig sachlicher bin ich in meinen Teen-Jahren schon gewesen, aber dennoch immer noch extrem verstrahlt. Umso erschrockener war ich über mich selbst als ich nach 4,5-jähriger Beziehung inkl. Verlobungszeit von ihm mit einer guten Freundin von uns betrogen wurde und das obwohl ich (so dachte ich) ihn mit Liebe überschüttet habe.
Er war mir nicht egal. Ich war misstrauisch, wenn er mit anderen Frauen sprach oder - Gott bewahre - mit ihnen schäkerte. Ja, ich hielt ihn an der kurzen Leine und auch ich wollte an der kurzen Leine gehalten werden. Erschreckend, dass das alles trotz bestem Willen und Tun zu einer schmerzhaften Trennung führte.
Wie konnte das passieren? An dieser Stelle begannen die ersten Umwälzungen in meinem Hirn und meinem Herzen stattzufinden.
Twenties
Selbstfindungstrip in progress.
Gott sei Dank (wieso benutze ich den Begriff ´Gott´ die ganze Zeit um Himmels Willen ), mit einem tollen Mann an meiner Seite, der dies in großen Teilen, wenn auch nicht vollends, ermöglichte.
Seit 13 Jahren habe ich meinen R. und es ist ein sehr starkes Band zwischen uns entstanden. MEINEN R.?
Schaut mal, wie subtil sich diese aufoktroyierten Beziehungssicht– und verhaltensweisen in unseren Wortschatz eingeschlichen haben, ohne dass es bewusst wahrgenommen wird.
Er ist nicht (nur) mein R.; er könnte auch der R. eines anderen Menschen sein und ganz sicher ist er in erster Linie sein eigener R. – dazu aber später mehr, wenn ich zu meinen Thirties komme.
Wir waren gerade einmal 2 Jahre zusammen als uns die Neugierde packte. Mit ersten zaghaften Schritten erkundeten wir die Swingerszene Hamburgs und ihr könnt mir glauben, da gab es ganz viele Hochs und Tiefs.
Ich war stolz auf mich, herausgefunden zu haben, dass Liebe und Sex nicht zwingend zusammengehören.
Sie ergeben in Kombination irgendwie etwas echt Unschlagbares , aber das gibt keinerlei Aufschluss darüber, ob zuerst der Sex da ist und dann die Liebe kommt oder erst die Liebe da ist und dann der Sex kommt oder ob es auch Liebe ohne Sex geben kann und Sex ohne Liebe. Wunderbar, was alles möglich ist, oder?
Deswegen sind die Twenties auch alles andere als glasklar gewesen. In den Teen-Jahren hielt man Händchen und wusste, man war zusammen. In den Twenties kann man leidenschaftlich miteinander vögeln und weiß plötzlich eigentlich gar nicht, ob man zusammen_kommt (Wortspiel!) oder zusammen sein will oder ob man überhaupt einen Jahrestag hat. Mit der Zunahme an Möglichkeiten, verschwindet die Simplizität und das finde ich toll. Freiheit ist nicht simpel, denn Freiheit bedeutet 'Möglichkeiten zu haben'.
Der erste Dreier mit einer anderen Frau war komisch. Mir lag da so ein drückendes Gefühl im Bauch, umgeben von lauter Flattermännern, die mir ein unsagbar hohes Glücksgefühl verschafften. Im Nachhinein betrachtet weiß ich, dass es eine erlernte Reaktion aus meinen Teen-Jahren war. Die Frage war an diesem Punkt nicht:
Finde ich es geil, meinen Mann mit einer anderen Frau vögeln zu sehen, sondern darf ich es geil finden, ihn mit einer anderen Frau vögeln zu sehen? Ich finde mittlerweile, das Wort 'dürfen' hat auf dem Spielplatz der Liebe nichts verloren. Ok, ok, einigen wir uns auf: es hat nur wenig da verloren. Denn wie das in einem Spiel so ist, macht es nur Spaß, wenn man sich über einige grundlegende Spielregeln einig ist. Die Frage nach dem 'dürfen' stellt sich an dem Punkt, wo Diskrepanzen in den Erwartungen und Wünschen auftreten. Es ist klar, dass man seinen Partner nicht verletzen darf, wenn man ihn liebt, es ist aber auch klar, dass man sich selbst nicht verletzen darf nur um den Partner nicht zu verletzen. Welch ein Wirrwarr.
Was darf man denn nun (nicht)?
Ich erlaubte mir, es geil finden zu dürfen und zack…wurde ich zu einer leidenschaftlichen Mansharerin. Zugegeben, anfangs noch aus egozentrischen Gründen – denn schließlich erlaubte ich der anderen Frau meinen Mann genießen zu dürfen. Mit Nachhause nahm ich ihn aber, denn er war meiner (muhahaha…teuflisches Lachen ertönt). Mich schüttelt es heute, wenn ich an diese Auffassung zurückdenke.
In meinen Twenties dachte ich aber noch so. Wir genossen unsere Beziehung an der langen Leine, denn die kurze Leine hatte ja erfahrungsgemäß nicht funktioniert.
Die ersten heftigen Herausforderungen kamen dann, als mein R. sich beim Vögeln in eine andere Frau verknallt hatte. Plötzlich waren Sex und Gefühl nicht mehr getrennt und ich fiel in ein großes Loch. Gefährdete das jetzt alles? Trotz langer Leine? Ich empfand sie als Bedrohung und doch mochte ich sie irgendwie. Wir hatten sogar einen Dreier zusammen und da stellte sich dann die weitere Frage:
Darf ich es geil finden, wenn mein Mann eine andere Frau vögelt, in die er verknallt ist? Das war der Startpunkt für meine Polyamorieforschung. Im Fokus meiner ersten Auseinandersetzungen mit diesem Thema stand mein R., war doch schließlich er derjenige, der bei zwei Frauen Flattermänner im Bauch hatte. Ich wollte lernen, damit umzugehen. Ich hielt es für möglich, dass man mehrere Menschen gleichzeitig lieben kann, war aber immer noch gefangen in dieser altbekannten Frage, ob man das denn auch dürfe. Ein Graus.
Kurzum: was man will, was man kann und was man darf, sind verschiedene Fragestellungen. Damit habe ich mich in meinen Twenties herumgeplagt. Ich habe meiner Fähigkeit Liebe und Lust zu empfinden, damit eigentlich den Moralisierungssocken übergestülpt. Das, was ich eigentlich vermeiden wollte, betrieb ich. Voller Inbrunst.
Thirties
…und habe jetzt in meinen Dreißigern festgestellt, dass das ja sowas von überhaupt nicht zielführend ist.
Worum geht es in einer Liebesbeziehung? Knifflige Frage? Simple Frage?
Glücklichsein. Ich bin glücklich, der Partner ist glücklich und gemeinsam geht man Hand in Hand durch's Leben, meistert Höhen und Tiefen. Beide Partner sind sich eine emotionale Stütze, vielleicht zeugen sie auch neues Leben (schöne Sache, nur bin ich dem Thema gegenüber seit ca. 5 Jahren eher verschlossen – sehr zum Leidwesen meines Mannes).
Ich will jetzt keinen Vortrag über die verschiedenen Lebensmodelle der Polyamorie halten, obwohl sie sehr spannend sind. Deswegen halte ich es allgemein:
Mit der zunehmenden Wissensaneignung rund um das Thema Polyamorie, bin ich für mich zu der Erkenntnis gekommen, dass kein Mensch perfekt ist. Daraus schlussfolgere ich, dass es den perfekten Partner nicht geben kann. Ein weiterer kurzer Exkurs in die Religion:
Ich fand den Monotheismus immer lahm und irgendwie nicht einleuchtend. Ich finde ja irgendwie, die Griechen hatten den Dreh raus. Auch hier taucht das Präfix 'poly' auf. Im Polytheismus hat jeder Gott, gemäß seinen Stärken, seine Aufgaben und trägt so zu einem ausgeglichenen Großen und Ganzen bei. Unser kulturelles und soziales Dasein in der Gegenwart hierzulande ist natürlich historisch geprägt und da gab es nur den Monotheismus der Christenheit. Irgendwie passt das zusammen, oder? Jetzt wissen wir, woher dieser Moralisierungssocken kommt. Glaube nur an einen Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Du sollst keine anderen Partner neben mir haben. Ich für meinen Teil bin bereit, mich aus diesem Denken zu lösen.
Die Stichwörter Imperfektion und Defizit gehen Hand in Hand. Ein Defizit ist nichts Verwerfliches, denn es ist menschlich. Wenn ich ein Defizit bei mir spüre, welches mein Partner nicht ausgleichen kann (weil er nicht perfekt ist), warum sollte ich mir speziell für diesen Ausgleich nicht einen anderen Partner angeln dürfen? Ich begreife die Polyamorie nicht als eine Bedrohung, sondern eher als einen Zugewinn auf dem Weg zum Glücklichsein.
Die Ideologie der Monoamorie ist das Bedrohliche, denn sie lässt keinen Platz für Defizite oder andere Mitspieler, die doch im Grunde genommen alles nur noch genussvoller gestalten könnten.
Als ich mit meiner besten Freundin darüber sprach, sagte sie, dass sie diese Verlustangst verstehen könne, sollte ein Partner offenbaren, dass er Kribbeln für einen anderen, beziehungsexternen Menschen verspürt.
Ich denke, diese Verlustangst spürst du nur, wenn du mono bist. Denn die Angst, abgesägt oder nicht mehr geliebt/gebraucht zu werden, einsam sterben zu müssen, ist ausschließlich ein Monodenkphänomen.
Entweder er oder ich. Es gibt nichts dazwischen. Du sollst keine anderen Götter – äh, Partner neben mir haben. Das ist Herrschaftsanspruch. Das ist ein Ausschließlichkeitsprinzip.
Ich denke, wenn ein Mensch in der Lage ist, mehrere Menschen romantisch lieben zu können (aus welchen Gründen auch immer), ist das etwas sehr Schönes. Liebe bedroht nicht. Der andere Partner ist ein Zugewinn und keine Bedrohung, denn der polyamore Mensch entscheidet sich nicht für oder gegen einen der Partner. Es geht in der Polyamorie nicht um Ersatz oder Austausch, sondern einzig und allein um Ergänzung. Ich liebe meinen Partner nicht weniger, nur weil ich ein Defizit in der Beziehung verspüre, das ausgeglichen werden sollte (und sei es nur Geilheit, weil der andere Mitspieler einen Hammerkörper hat…so what?).
Im Gegenteil: wenn mein Partner dieses Defizit anerkennt und mich gewähren lässt, ist das nur noch förderlicher für unser Band der Liebe. Puh, das klang aber abgedroschen, entspricht jedoch (meiner) Wahrheit.
Ein weiterer interessanter Einwand meiner Freundin war, dass Liebe auch bedeutet, sein Leben mit diesem Menschen teilen zu wollen. Sie spielte hier sicherlich auf diese Hausbau-& Fortpflanzungsthematik an.
Tja, ich muss zugeben, an diesem Punkt noch nicht sonderlich weiter gekommen zu sein. Klar, der Hausbau ist wohl das kleinste Problem. Die Fortpflanzungsproblematik schon viel eher. Grundsätzlich bin ich ein großer Fan der menschlichen Biologie und Genetik. Ich bin neugierig und finde es spannend, wer mit wem und nochmal mit jemand anderem kleine Menschen baut. Ich mag halt Vielfalt. Aber gerade als Frau, ist es ja eher verpönt so zu denken oder es sich sogar vorstellen zu können, mehrere Männer über sich rüber zu lassen um ein Baby zu zeugen. Ich höre schon das Tuscheln im Supermarkt über die polyamore Nachbarin X: „Sie hat 4 Kinder von 8 verschiedenen Männern. Schla-hampe!“. Gesellschaft und sozialer Druck stehen der persönlichen Selbstentfaltung nur zu oft und zu gerne im Weg. Wäre es nicht viel einfacher, sich davon zu lösen?
Was die rechtliche und meinetwegen auch emotionale Seite der Herren bezüglich ihres Nachwuchses angeht
• und ja, ich kann das total verstehen! -, es gibt Vaterschaftstests.
Zack, geklärt.
Ich habe es noch nie verstanden, wie eine Frau ihrem Partner so einen Test verweigern kann. Möglicherweise auch so eine Konsequenz des Moralisierungssockens, denn diese Frauen fühlen sich tatsächlich durch diesen Wunsch geradezu angegriffen und zutiefst beleidigt.
Was das angeht, war ich auch in meinen verstrahlten Teen-Jahren schon sehr entspannt.
Als waschechte Monoamoristin (gibt's das Wort überhaupt? ) wusste ich ja, dass es keinen anderen neben ihm gab – wovor sollte ich mich also fürchten?
Ich hätte auch damals schon alles getan um meinem Partner jede nur erdenkliche Unsicherheit zu nehmen.
Das verstehe ich als meine Aufgabe, wenn es darum geht, Hand in Hand durch's Leben zu gehen.
Zurück zu dem Einwand meiner Freundin: ist es einem Menschen möglich Mutter/Vater und Partner/Partnerin in zwei Familien zu sein? Ich denke zaghaft, ja, ist es. Der Imperfektion des Menschen jedoch geschuldet, bin ich mir da noch nicht vollends sicher. Wir alle wissen, wie anstrengend es sein kann, nur eine Liebesbeziehung zu führen. Kompromisse, ständiges Aushandeln oder Neuverhandeln der Spielregeln. Das alles gehört zur Liebe mit dazu.
Ich bezeichne mich nicht als polyamor, weil ich nicht weiß, ob ich das mit dem Zusammenleben leisten kann oder will (um ehrlich zu sein, egal ob mono oder poly).
Ich fühle mich in der Schublade 'polyamore Tendenzen zu haben' eigentlich ganz wohl, denn die Facetten der Liebe sind so vielfältig, dass es schade wäre, sie an sich vorbeiziehen zu lassen. Ich weiß nicht, ob polyamore Menschen es leichter oder schwerer haben. Allerdings frage ich mich auch nicht, ob bisexuelle Menschen es leichter oder schwerer haben als heterosexuelle Menschen. Sie können ihr Glück mit beiden Geschlechtern finden oder auch Pech mit beiden haben. Ich bin nicht sicher, ob diese Fragestellung zielführend ist. Wenn du bist wie du bist, willst du auch sein wie du bist und einfach den Moment genießen. Finde den Partner, mit dem das möglich ist. Alles andere ist nicht authentisch und nicht ehrlich.
Liebe und Gefühle sollte man fließen lassen. Ich bin überzeugt, dass sich immer ein Weg finden lässt.
Am besten gemeinsam, weil gemeinsam fetzt irgendwie.
In diesem Sinne,
let it flow.
Eure Missy