Lieber TE,
ich kann Deine Zurückhaltung sehr gut verstehen. Bei uns ist es entfernt ähnlich. Sie hat keine Lust, ich schon. Sie versucht, auf mich einzugehen, was zu grotesken Situationen führt. Ich werde mit Fragen konfrontiert wie z.B. "Wolltest Du jetzt Sex haben oder nicht?", "Willst Du mit mir schlafen?" und dabei wird schon das Nachthemd hochgezogen - anfassen ist aber nicht, "Komm jetzt noch schnell einmal Sex haben". Das fühlt sich genauso an wie eine kalte Pizza. Ja, "bist Du bald fertig" hatte ich auch schon.
Das sind Situationen, bei denen Du sehr genau merkst, dass es falsch wäre, Sex zu haben. Grotesk ist aber, dass ein "so bitte nicht" sofort zu Diskussionen führt, dass ich sie zurückweisen würde, sie könne mir nicht mehr bieten, als das. Im Ergebnis baust Du Sehnsucht danach auf, dass jemand Dich begehrt. Gegenüber Deiner Frau bis Du aber hin und hergerissen und fragst Dich, was das eigentlich soll. Mein anfänglicher Fehler war, dass ich den Fehler bei mir gesucht habe. Ich versuche es nun so zu sehen, dass sie Schwierigkeiten mit ihrer Sexualität hat. Gründe dafür gibt es, die möchte ich hier nicht ausführen. Meine Lösung ist, dass ich ihr beim Sex versuche zu zeigen, dass ich sie liebe. Das tut ihr gut. Sie weiss, dass mich der Sex so nicht befriedigt. Wir haben deswegen ein Arrangement (don't ask, don't tell). Das, was ich brauche, muss ich woanders suchen. Sie ist aber meine Partnerin und sie soll es auch bleiben. Ich sehe mich als den "stärkeren" an, also muss ich ihr gegenüber Rücksicht nehmen und auf sie zugehen. Auch wenn sich das manchmal scheisse anfühlt.
Vielleicht fragst Du sie, ob es ihr Bedürfnis ist, Sex zu haben oder ob sie Dir damit einen Gefallen tun möchte. Bei ersterem würde ich mich überlegen, ob es gut für Euch wäre, wenn Du ihr den Gefallen tust und ihr zeigst, wie gerne Du sie noch hast. Das ist der Teil, der für mich schwierig ist zu sehen und zu fühlen, wenn meine Frau mich "geschäftsfmäßig" auffordert, nun Sex mit ihr zu haben. Das wären dann nämlich vertauschte Rollen: Sie will, Du aber nicht. Oder noch nicht - wenn man so lange ein Bedürfnis wegdrückt, dann kommt eine ziemlich gesunde Reaktion: Trauben, die hoch hängen, sind bitter - entweder Du bist ständig frustriert oder Du machst Dir klar, dass Du aus welchem Grund auch immer keinen Sex haben willst. Wenn sie Dir einen Gefallen tun möchte, dann Danke ihr für das große Geschenk. Ich habe gelernt, dass es besser ist, genau das zu machen, was mir meine Eltern beigebracht haben, wenn Dir die komische Tante ein Geschenk macht, dass Du nicht willst. Du sagst artig Danke. Kocht Dir die komische Tante ein komisches Essen. Sage Danke, iss auf und auch auf das Risiko hin, dass sie Dir einen Nachschlag gibt, sag, es war lecker.
Warum? Sie hat etwas geändert. Das ist ein zartes Pflänzchen und sie ist über ihren Schatten gesprungen. Klar ist das obige zum Teil "unehrlich". Aber was würde Ehrlichkeit machen? Du kennst sie besser als ich. Vielleicht ist es ihr Versuch, Eure Beziehung zu retten.