Weg und wieder zurück
Vorweg, ich hoffe nicht, dass das ein Thread wird, der alte Wendezeiten hochleben lässt. Denn es gibt etwas, was ich gar nicht mag: den Vergleich Ossi Wessi und das Bejubeln wenn eine Ost-West-Beziehung funktioniert.
Aber hinsichtlich des morgigen Tag der Deutschen Einheit erzähle ich kurz meine Geschichte.
Zur Wendezeit bastelte ich an meinem Abitur. Im Sommer 1990 war klar, DDR gibt es nicht mehr, BRD oder wie sich Deutschland dann nennen wird, war unklar. Mein Zeugnis zählt also zu den historischen Wertvollen. Es trägt keinen Stempel, der eine Staatszugehörigkeit nachweist.
Im Herbst begann mein Studium an der heutigen Ingenieursschule für Hoch-und Tiefbau in Neustrelitz. Die Schule beabsichtigte jedoch eine Architekurklasse zu eröffnen, die sie ein halbes Jahr später, vermutlich aus übermütigen Gedanken, wieder schloss. Ein Semester BWL hier in Greifswald sollte folgen. Doch die Dozentenfrage, wen glaubt man, wer war informeller Mitarbeiter und welche neu eingekauften Dozenten sind wirklich ihr Geld wert, war absolut unklar.
Wohin also? Die Wahl fiel auf eine Lehrstelle im westfälischen Münster. Obwohl die Stadt sehr konservativ und katholisch ist, begriff ich aber sehr schnell, welche Freiheiten mir dieses Bundesland und die angrenzende Niederlande bieten werden. Ich lernte meinen Mann (Land Brandenburg) kennen, zwei Jungs (Wessis) wurden geborgen. Gute neun Jahre hielt das Glück mit vielen Höhen und selbstverständlich auch Tiefen. Ein beinahe Heimaturlaub zeigte uns auf, welches Potential MV uns eigentlich bietet: Es galt, der alten Heimat beizubringen, wozu man auszog, um zu lernen. Weitere knapp drei Jahre und mit dem Mut zur Selbstständigkeit währte das Eheglück, welches durchaus auf einen harten Prüfstein gestellt wurde, wankte und fiel.
Ich kehrte in meine Heimat zurück und fühlte mich als Einheimische wie eine Fremde, kaum aufgenommen, viele Barrieren stellten sich mir in den Weg. Verschlossen traten mir die Menschen gegenüber, die einst Freunde, KLassenkameraden, Spielpartner (Fanfarenzug) und Nachbarn waren.
Meine Jungs wurden ausgegrenzt, als sie in einer Unterrichtsstunde in der Grundschule preisgaben, sie sind geborene Münsteraner. Tränen flossen, boxen mit den Fäusten auf meine Brust und verlangten, dass wir diese Stadt bitte bitte wieder verlassen.
Neun Jahre währte der mehr oder weniger Kampf. Inzwischen ist die nachwachsende Generation gereift. Meine Jungs sind anerkannt und ich bin unglaublich stolz auf alle beide.
Was ist neben meinem Kampf um Anerkennung in der eigenen Heimat geblieben?
Der Gedanke, dass in (Mecklenburg) Vorpommern immer noch wahres Potiential schlummert, wären die Menschen hier doch Neuem gegenüber offener, neugieriger auf das Leben, selbst lebendiger, frischer, beweglicher.... würden ihren Grenzen nicht so eng ziehen...