Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
ProfilGestaltung
1466 Mitglieder
zum Thema
Swingen und die Gesellschaft66
Es gibt gerade einen Beitrag „Außenwahrnehmung von Swingern“ der sich…
zum Thema
„Mysterium“ Frau38
Liebe Community, da ich hier in ziemlich jedem Themenforum immer…
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

"Aktive Sterbehilfe" und gesellschaftliche Auswirkungen

"Aktive Sterbehilfe" und gesellschaftliche Auswirkungen
Wer bisher noch der Meinung war, dass die Billigung aktiver Sterbehilfe nicht zu tiefgreifenden moralischen Verwerfungen in einer Gesellschaft führt, der sieht sich jetzt mit neuen bitteren Realitäten konfrontiert: Belgien führt de facto die Todesstrafe ein und das mitten in Europa.

http://www.spiegel.de/panora … s-article-comments-box-pager

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann die vermeintlich freiwillige Entscheidung zur aktiven Sterbehilfe unter zunehmendem gesellschaftlichen Druck einer vom Individuum erwarteten Zustimmung zur angeblichen Selbsttötung (in Wahrheit ein vom Einzelnen selbst beauftragter Mord) Platz machen wird.

Die Büchse der Pandorra ist geöffnet !
Immer langsam...
Also ich finde, der in dem Spiegel-Artikel dargestellte Fall illustriert vor Allem unhaltbare Zustände im belgischen Strafvollzugssystem (für die das Land ja auch vom europäischen Gerichtshof mehrfach verurteilt wurde, ohne daß sich offensichtlich bisher jedoch etwas geändert hätte)...von einem so speziellen und extremen Fall gleich auf die zukünftigen Perspektiven der Sterbehilfe in Europa im Allgemein zu schließen, finde ich doch etwas übertrieben...natürlich ist aktive Sterbehilfe ein Problem, nicht nur aus den von LoZio genannten Gründen...
Wenn man sieht, daß wir in Deutschland (laut einer Studie des statistischen Bundesamtes) 60% der Ausgaben im Gesundheitswesen ausgeben für Patienten, die, ob mit oder ohne Behandlung, eine Lebenserwartung von weniger als 6 Monaten haben (ohne berücksichtigung der Lebensqualität), dann müßte uns unser Verstand sagen, daß das Wahnsinn ist (insbesondere wenn man sieht, daß die Übernahme von Behandlungskosten für sinnvolle Therapien von den Kostenträgern bei jüngeren patienten mit besserer Perspektive z.T. abgelehnt wird), aber unser Gefühl sagt uns, daß wir Oma so lange am Leben erhalten wollen/müssen, wie wir nur können...als Notarzt erlebe ich täglich (erst heute wieder), daß 91-jährige Patienten in desolatem Allgemeinzustand trotz Patientenverfügung vom Altersheim auf die Intensivstation gekarrtt werden, um dann nach einigen Tagen am Beatmungsgerät etc. dann soch an Ihrer Pneumonie zu sterben anstatt in Würde im Altersheim sterben zu dürfen...u.a. weil das dortige Pflegepersonal mit einer solchen Situation überfordert und/oder personell unterbesetzt ist...daher werden dann trotz palliativer Situation Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von mehreren tausen Euro in Kauf genommen.
Einen anderen extremen Fall habe ich vor einigen Monaten in meinem Krankenhaus erlebt, wo ich als Anästhesist und Stationsarzt auf der operativen Intensivstation arbeite. Da hatten wir eine 82-jährige Patientin, die aufgrund einer sog. Hemmkörperhämophilie starke Blutungen entwickelte. Sie wurde deswegen mehrfach operiert und als man diese (sehr seltene) Gerinnungsstörung dann nach der 2.OP diagnostizierte, wurde sie fast drei Wochen lang mit NovoSeven behandelt. Die Gesamtkosten allein für die NovoSeven-Behandlung (das ist aktivierter Gerinnungsfaktor VII) betrug innerhalb dieser 3 Wochen über 1 Mio.€ (in Worten: eine Million!). Die Firma NovoNordisk verdient sich an diesem Präparat eine goldene Nase, zum Nutzen ihrer Aktionäre.
Die Patientin hat das Ganze zwar letztlich überlebt, ist aber nun natürlich in einem deutlich schlechteren Zustand als zuvor und ihre weitere Lebenserwartung zweifelhaft. Da die Kostenübernahme für dieses Medikament durch die Kostenträger gesichert ist, wurde diese Behandlung durchgeführt. In derselben Woche hatten wir eine 72-jährige Patientin, die aufgrund einer schweren Infektion (Fournier-Gangrän) eine HBO-Therapie benötigt hätte (Gesamtkosten: ca. 30.000€). Diese Therapie wurde jedoch nicht durchgeführt, da die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zweifelhaft war und man die DRG-Pauschale außerdem mit einer anderen Klinik hätte teilen müssen...
Zugegeben, auch dies sind extreme Fälle, die jedoch zeigen, daß in unserem Gesundheitssystem so manches im Argen liegt...

Insgesamt muß man sich schon fragen, wo das in Zukunft hinführen soll und welche Ausgaben die Gesellschaft sich leisten kann und will. Aber das ist eine Frage, die die Gesellschaft als Ganzes klären muß, und nicht einzelne Gruppen, ob nun Ärzte oder Politiker etc...
Im Übrigen gibt es letztlich erstens keine scharfe Grenze zwischen "passiver" und "aktiver" Sterbehilfe, der Übergang ist fließend. Und zweitens gibt es auch bei uns schon aktive Sterbehilfe. Wenn ein Patient in seiner Patientenverfügung festlegt, daß unter den dort genannten Bedingungen (welcher Art diese auch sein mögen) keine Intubation, Beatmung, Dialyse, künstliche Ernährung etc. erfolgen soll/darf, dann ist das laut aktueller Rechtslage zu befolgen. Und wenn das bedeutet, daß z.B. eine bereits begonnene Beatmungstherapie beendet werden muß (woraufhin der Patient im weiteren Verlauf dann u.U. erstickt - wenn auch vielleicht unter Sedierung), dann ist das zu befolgen. Und das ist aktive Sterbehilfe.
Zwei Argumentationsstränge
die ja gut bekannt sind:

Erstens die Frage, ob sich eine Gesellschaft die Behandlung auch alter und kranker Menschen leisten will. Eine, wie ich finde, sehr schlimme Diskussion, die schon den Kern meiner Ressentiments gegen aktive Sterbehilfe trifft: es wird also in Zukunft sogar moralisch und gesellschaftlich erwünscht sein, wenn man sich z. B. mit 60 Jahren töten lässt ? Ist das dann noch freiwillig ?


Zweitens die Frage nach der Grenze zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe, die im Fall des psychisch kranken inhaftierten Belgiers wie ich meine sehr scharf zu ziehen ist: er wird an seiner psychischen Erkrankung nicht sterben, ja nicht einmal eine geringere Lebenserwartung haben, er fühlt sich nur unwohl. Trotzdem will er der Gesellschaft aufzwingen, dass sie für ihn die aktive Tötung einführt, eine Art von Todesstrafe auf Verlangen. Burschikos gefragt: warum erhängt er sich nicht selbst mit einem Bettlaken am Fenstergitter ? Er ist nicht so sehr gehandicapt, dass er das nicht könnte !?
docffm gut geschrieben *g*
Sehr schwieriges Thema mit Moral und Gefühlen !
Ich sehe es auch Zwiegespalten ! Denn was wenn es meine liebsten trieft? Kann ich dann loslassen oder klammer ich mich dann an jeden Strohhalm? Wenn meine lieben Leiden und dahin vegetieren müssten, würde ich das dann auch wirklich sehen, oder hören wollen und glauben ? Sehr schwer ?
Als Krankenschwester entscheide ich immer nach dem Willen des Patienten! Wir entdecken oft die Patientenverfügung, lesen sie und sorgen für die Umsetzung....!
Aber wenn dann Angehörige andere Meinung sind, ist es nicht einfach !
Ich kann beide Seiten verstehen !
Und ehrlich auch wenn ich in der Luft zerrissen werde! Warum nicht Mörder ermorden lassen? Auch Seelen Mörder,Kinderschänder, Vergewaltiger... Warum nicht einfach und schnell umbringen ? Warum noch in gut ausgestatteten Gefängnissen mit fernsehen .... versorgen ? Es übt Typen die lassen sich freiwillig weg sperren, weil es so angenehm ist *hae*
Warum Steuern ausgeben für Menschen die sich wie Tiere benehmen ? Die sich nicht in die Gesellschaft einfügen und diese zerstören ?
Also persönlich ich bin nicht dagegen. Sorry
Die Todesstrafe
• kleiner Nebenschauplatz - finde ich unmoralisch, womöglich eine Frage für einen anderen thread.

Was aber so skurril ist in Belgien: das findet die Mehrheit der Belgier vermutlich auch, aber jetzt haben sie die Todesstrafe ganz unfreiwillig beschert bekommen.
Ja sag ich ja unmoralisch ( nur ein Opfer kann das verstehen )?!
Ich wollte auch
keinen pro - contra Todesstrafe thread lostreten, mir geht es mehr um die "unerwünschten Nebenwirkungen" der Freigabe aktiver Sterbehilfe.
War ja klar...
...das das Ganze nun eine wahrscheinlich ellenlange kontroverse, emotional und ideologisch aufgeladene Diskussion nach sich ziehen wird...seufz...

@***io:
Du hast recht, in dem belgischen Fall stellt sich die Frage nach der Grenze zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe nicht.
Aber wie gesagt, das ist ein ungewöhnlicher und extremer Fall, der meiner Meinung nach nicht geeignet ist, die Diskussion zu diesem Thema in Deutschland zu befördern.
Hier handelt es sich, wenn die Frage der Sterbehilfe aufkommt, typischerweise um todkranke (Intensiv-)Patienten und nicht um psychisch kranke, aber ansonsten (mehr oder weniger) gesunde Sexualverbrecher.

Die Frage, welche Ausgaben (nicht nur) im Gesundheitswesen sozial und gesellschaftlich akzeptabel bzw. tragbar sind und wie diese verteilt werden sollen, stellt sich zwangsläufig (und das schon seit den ersten Kostendämpfungsmaßnahmen in den 70ern des letzten Jahrhunderts) und muß (im jeweils aktuellen gesellschaftlichen Kontext immer wieder neu) beantwortet werden. Ich sage nicht wie diese Antwort lauten soll, das muß letztlich die gesellschaft entscheiden. Im Moment ist jedoch die Situation, daß die Messlatte der juristischen Anforderungen an ärztliche Behandlung und Dokumentation derselben sowohl vom Gesetzgeber als auch von der Rechtsprechung immer höher gehängt wird, weswegen der Aufwand im Krankenhaus immer mehr steigt (natürlich ohne adäquaten Ausgleich dieser Kosten), andererseits die Politiker tönen, es gebe zuviele Krankenhausbetten in Deutschland, wohingegen ich jeden Tag erlebe, daß die Krankenhäsuer eines ganzen Landkreises (und dort insbesondere die internistischen Abteilungen) sich bei den Rettungsleitstellen "rot" melden (d.h. mangels Betten bzw. Behandlungskapazität keine Patienten mehr aufnehmen (können)). Die gestigenen juristischen Maßstäbe einerseits sowie die (wie ober schon erwähnt) personelle Überforderung in Alterheimen, die häufig mangelnde Bereitschaft von niedergelassenen Kollegen, Hausbesuche zu machen und die Tatsache, daß die Kassenärztlichen Vereinigung in Hessen mehrere ärztliche Bereitschaftdienstzentren aus Kostengründen geschlossen hat führt dann zunehmend zur Verlagerung von Behandlungen, die man eigentlich auch ambulant machen könnte ins Krankenhaus.
Diese Entwicklung geht in die falsche Richtung und die Gesellschaft wird sich da auf Dauer was einfallen lassen müssen.
Tut mir leid
wenn es eine emotionale, ellenlange und kontroverse Diskussion wird.

Natürlich sehe ich die zunehmend schlechten Bedingungen im Gesundheitswesen, die mangelnde Bereitschaft, die Leistungen zu honorieren - aber soll die Antwort auf diese Misere das (in Memoriam Karsten Vilmar) "freiwillige" "sozialverträgliche Frühableben" sein ? Noch zu Vilmars Zeiten war diese Äußerung skandalös - jetzt ist sie schon gesellschaftlich hoffähig ?
@***io:

das mit dem sozialverträglichen Frühableben war soweit ich mich erinnere eher ironisch gemeint und bezog sich auf das Frühableben von Rauchern etc., welches der Gesellschaft (vermeintlich) Kosten durch nicht anfallende Rentenzahlungen erspare. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß die gesellschaftlichen Folgen des Rauchens sowohl im Einzelfall wie auch in der Gesamtheit die "Einsparungen" überwiegen, einerseits durch die volksiwrtschaftlichen Kosten des krankheitsbedingten Fehlens am Arbeitsplatz trotz Lohnfortzahlung (nein, keine Sorge...die will ich nicht abschaffen, grins...) und die Kosten, die durch nikotinbedingte Behandlungskosten und krankheitsbedingte Erwerbsminderung bzw. dadurch bedingte vorzeitige Verrentung entstehen (ok, ich gebs zu, ich bin Nichtraucher...will jetzt aber hier nicht auch noch eine Diskussion zu diesem Thema anstoßen...grins..)
Es kann bei objektiver Betrachtung denke ich auch keine Rede davon sein, daß 60jährige zum mehr oder weniger freiwilligen Suizid veranlasst werden sollen - das ist Polemik.
Warum der genannte Belgier sich nicht einfach erhängt, sondern die Gerichte bemüht, kann ich natürlich auch nicht beantworten, wahrscheinlich ist er scharf auf die Publicity (oder hat Höhenangst...grins..?), diese Frage führt hier aber wohl auch nicht wirklich weiter.
Und die aktive Sterbehilfe gab es in Belgien (wie auch bei uns, auch wenn es offiziell nicht so genannt wird) auch vorher schon, er hat lediglich erreicht, daß sie auch in seinem speziellen Fall zur Anwendung kommt. Mit Todesstrafe im engeren Sinn hat das nichts zu tun - denn bei der geht die Initiative dafür vom Gericht aus, und nicht vom Täter...
Im Übrigen ist in den EU-Verträgen klar festgelegt, daß die Todesstrafe abgeschafft ist und kein EU-Land kann die daher so einfach wieder einführen. Es gibt auch kein EU-Land, in dem die Todesstrafe im Moment zulässig ist und einige östliche EU-Länder mußten im Zuge der Beitrittsverhandlungen die Todesstrafe in Ihrer Verfassung explizit abschaffen (ok, in der hessischen Landesverfassung ist die Todesstrafe theoretisch zulässig (zumindest als ich zuletzt nachgesehen habe) - aber da Bundesrecht Landesrecht bricht und im Grundgesetzt die Todesstrafe explizit abgeschafft ist, ist das auch kein Thema...).
@*******n32:

Das es für Angehörige, inbesondere wenn sie medizinische Laien sind, schwer ist loszulassen oder die Prognose und die zu erwartende Lebensqualität ihren kranken Angehörogen realistisch einzuschätzen und die richtigen Folgerungen daraus zu ziehen ist klar. Da sind einerseits die behandelnden Ärzte gefordert, aber einerseits erfordert dies sowohl Fachkompetenz im Bereich der Palliativmedizin (was im Medizinstudium nicht gelehrt wird) und die Souveränität, sich damit auseinanderzusetzen, daß man auch trotz bester Absichten nicht jeden Patienten heilen kann und es daher in solchen Fällen auch wenig Sinn hat, es auf teufel komm raus zu versuchen. Ach ja, und dann braucht es noch die Erfahrung (wofür es zum teil fast hellseherischer Fähigkeiten bedarf) die heilbaren von den "unheilbaren" Fällen zu unterscheiden...und damit umgehen zu können, daß man dabei auch vielleicht mal falsch liegen wird (was man - wie meist bei ärztlichen Entscheidungen - im Einzelfall nie erfahren wird, weil man ja nicht weiß und nicht wissen kann, wie es ausgegangen wäre, wenn man anders gehandelt hätte). All diese Faktoren unter einen Hut zu bekommen ist schon, sagen wir mal, nicht ganz einfach...
Daher kann man nur jedem Patienten raten, sich rechtzeitig mit der Frage auseinanderzusetzen und mit seinen Angehörigen zu besprechen, oder besser noch in Form einer Patientenverfügung schriftlich festzulegen, was im Zweifelsfall geschehen soll. Das entlastet sowohl die Angehörigen als auch die Ärzte von dem Rätselraten über den mutmaßlichen Willen des Patienten und der Verantwortung, nun im Sinne des Patienten entscheiden zu müssen und, vor Allem im Fall der Angehörigen, von den hinterher evtl. aufkommenden Zweifeln und Gewissensnöten, ob man nun richtig entschieden hat...wir Intensivmediziner sind jedenfalls dankbar für jeden Patienten, der diesbezüglich festlegungen getroffen hat...bleibt nur das Problem, das Patientenverfügungen häufig schwammig formuliert sind und nicht jeden denkbaren Fall abdecken können und daher im Einzelfall oft doch interpretiert werden muß, wie die Patientenverfügung bzw. der Patientenwille denn in diesem speziellen Fall auszulegen ist...
Wenn Du Krankenschwester bist, hoffe ich doch sehr, daß Du nicht, wie Du schreibst, "die Patientenverfügung liest und für die Umsetzung sorgst"...denn die Entscheidung über eine Behandlungseinschränkung oder -Abbruch treffen, ob nun auf der Basis einer Patientenverfügung und/oder im Gespräch mit dem Patienten (soweit möglich) oder den Angehörigen immer noch die Ärzte...Eigenmächtigkeiten auf diesem Gebiet können dazu führen, daß man als "Todesengel" auf der Titelseite der Zeitung mit den 4 großen Buchstaben landet (ich will ja hier keine Namen nennen, aber wir sind ja schließlich alle im Bilde,grins...) und anschließend wie der Belgier in staatlicher Unterbringung landet (wobei ich Dir hier natürlich nichts unterstellen will...)
Apropos staatliche Unterbringung: wenn Du offensichtlich den Eindruck hast, Knast sei so etwas wie ein leicht freiheitseinschränkender Hotelaufenthalt auf Staatskosten, kann ich nur sagen, Du hast noch keinen Knast von innen gesehen...ich war schon öfters im Knast (als Notarzt natürlich, nicht als Insasse, grins...) und kann Dir versichern, daß ich mir eher die Kugel geben würde als da rein zu gehen...ich will das hier nicht weiter vertiefen, aber es hat schon seinen Grund, das Knackis im Knast nur selten resozialisiert werden...und das die hinterher oft wieder reinkommen hat nichts damit zu tun, daß es dort so angenehm wäre...
Die Todesstrafe lehne ich ab (auch wenn man rein emotional betrachtet bei manchen Tätern darüber ins Grübeln kommen könnte...). Die Erfahrung (auch gerade in den USA) zeigt, das die Todesstrafe keinerlei abschreckende Wirkung hat (was u.a. an der mangelnden rationalen Steuerungsfähigkeit der Täter zum Tatzeitpunkt liegt) und die gesellschaftlichen Kosten verringert es auch nicht. In den USA sitzen Täter bis zur Hinrichtung oft 15 Jahre und länger im Knast (ob man das als "zusätzliche" Strafe für wünschenswert hält, darüber kann man sicherlich diskutieren), aber die bis zur endgültigen Rechtskräftigkeit des Urteils mit Berufungen, Revisionen, Gnadengesuchen etc. anfallenden Kosten sind keineswegs geringer als die für die 'lebenslängliche' Unterbringung...
Außerdem ist es eines zivilisierten Staates unwürdig, sich auch dieselbe Ebene herabzubegeben wie Verbrecher, so verabscheuungswürdig die Taten des Täters auch sein mögen und so "gerechtfertigt" die Todesstrafe in diesen Fällen auch erscheinen mag...außerdem zeigt ja gerade das belgische Beispiel, das "lebenslänglich Knast" von den Tätern als schlimmer empfunden wird als der Tod...und einen gesellschaftlichen Nutzen in Form von Abschreckung oder Kosteneinsparung hat es wie gesagt sowieso nicht.
Vielen ist nicht klar, daß der Sinn des Rechts im Allgemeinen und des Strafrechts im Besonderen weniger der ist, die Gesellschaft vor Tätern zu schützen als vielmehr die Gesellschaft vor sich selbst zu schützen...denn nur dies bewahrt uns davor, nach dem "Auge um Auge, Zahn um Zahn-Prinzip" zur Selbstjustiz zu greifen und dadurch Mord und Totschlag und Anarchie im größeren Maßstab erst recht heraufzubeschwören...
Also erstmal gebe ich dir recht das viele Patientenverfügungen schwammig sind.... Aber egal wie dingfest die sind, sich die werden übersehen oder eben in dem Moment noch nicht weiter geleitet... ( Pflegeheim, Ehefrau,keine Angehörigen...) , leider !
Ich meinte lediglich das ich mir die Unterlagen ansehe oder versuche zu organisieren und mir die zeit nehme sie durchzusehen und zu lesen ! Dabei habe ich schon öfters entsetzt festgestellt, das einige Angehörige gegen den Willen entscheiden und Ärzte ebenso ( teilweise auch unwissend ) ! Es wäre Mord Beatmungsgeräte abzuschalten und das ist dann auch mit Verfügung nicht mehr so einfach !
Ich habe mit den Maschinen seit der Ausbildung nix mehr zu tun!
Ich arbeite in der Neurologie und deshalb sterben auch manchmal Patienten ! Helfen dabei tun wir in dem Sinne bestimmt nicht ! Wenn ein Patient schmerzen hat bekommt er was dagegen und es wird genau darauf geachtet zB dabei nicht die Atmung einzuschränken... Nicht das das Medikament das Sterben noch beschleunigt *zwinker*
Ich arbeite nicht auf der Palliativ Station, unsere Patienten werden nur sehr selten sozusagen aufgegeben, wenn es hoffnungslos ist und das heißt ihn so gut pflegen mit der Grundversorgung ! Waschen, ernähren, bewässern, fit freie Atmung sorgen oder mit O2 unterstützen, Medikamente geben, lagern... ! Ich finde es immer noch schlimm wenn ein Patient stirbt auch wenn es ihm damit vielleicht besser gehen mag ! Aber ich kenne mich auch mittlerweile gut aus und sehe auch ohne Arzt wie es meinen Patienten geht ! Manch einer ist Herr seiner Sinne und kann noch sprechen .... und sagt das er nicht mehr Leben will... Würde ich mir anmaßen das zu unterstützen ? NEIN!!!!
Was Gefängnisse angeht die du als Hotel bezeichnest.... So war das nun auch nicht gemeint und vor allem nicht global gesehen ...
Ich beziehe mich auf bekannte Fälle von Wiederholungstätern die selber sagten die können mit der Außenwelt nicht mehr klarkommen und deshalb lieber im Knast sind ...
Und entschuldige ich sehe das im allgemeinen auch wie du mit der Todesstrafe, mich haben eben wie gesagt persönliche Gedanken geleitet und ja entschuldigen der Gedanke der Selbstjustiz kam mir auch *snief* Das will ich natürlich nicht wirklich !
Wie du schreibst ( nur anders *zwinker* ) wir sind Menschen in einem sozialen gefüge, das eben aus Gesetzen besteht an die es sich zu halten gilt ...
Und meine Ansichten haben sich natürlich im allgemeinen nicht verändert , es ist ein Gefühl was mir diese Gespaltene Meinung auferlegt .
Es ist ein Unterschied was man fühlt und sagt, als was man denkt und tut *zwinker*
Und ich als ehemaliges Opfer einer schweren Straftat, dachte damals eben anders und fühlte vor allem anders ! Erschossen werden nach 15 Jahren Einzel Folter wären da nix in meinen Augen ( ganz persönlich nicht ernst nehmen )! Aber getan hätte ich nix von dem was ich dachte, wollte oder fühlte !
@*******n32:

Es ist keineswegs Mord, z.B. ein Beatmungsgerät abzuschalten wenn der Patient in der Folge verstirbt (bzw. es kommt auf die Umstände an).
Wenn der Patient in seiner Patientenverfügung festgelegt hat, daß er unter bestimmten Bedingungen den Beginn oder die Fortführung einer Intensivbehandlung, Beatmung etc. ablehnt und diese Bedingungen zweilfelsfrei gegeben sind, dann kann und muß die Intensivbehandlung, Beatmung etc. beendet werden, auch wenn das den Tod des Patienten herbeiführt bzw. beschleunigt.
Auch die Inkaufnahme der Verkürzung der restlichen Lebenserwartung bzw. Beschleunigung des Sterbevorgangs in Folge der Gabe von Sedativa, Opiaten etc. ist hinzunehmen, sofern die Gabe zur Linderung der Symptome des Patienten indiziert ist und nicht primär der "Lebensverkürzung" dient.
Sofern der Patienten seinen Willen nicht schriftlich festgelegt hat, können die Ärzte gemeinsam mit einem vom Gericht bestellten Betreuer (normalerweise ein Angehöriger soweit vorhanden, ansonsten ein Berufsbetreuer, z.B. Anwalt, Sozialarbeiter etc.) eine Einschränkung oder Beendigung einer (im Sinne der Heilung oder Lebensverlängerung sinnlos gewordenen) Intensivbehandlung beschließen. In bestimmten Fällen ist hierbei noch eine Entscheidung des Betreuungsgerichts einzuholen. Auch dies kann dazu führen, daß z.B. eine Beatmungstherapie abgebrochen wird, was den Tod des Patienten zur Folge haben kann (aber nicht muß)...und letztlich kann kein Arzt gezwungen werden, eine aus medizinischer Sicht sinnlos gewordene Behandlung fortzusetzen - auch nicht durch Angehörige...
Genau so ist es wenn es festgelegt ist oder auch nicht, gut das ich solche Entscheidungen nicht fällen muss und selten Palliativ Patienten hab ( werden wenn möglich verlegt in Fachhände !) . Ich bekomme viel mit und sehe selten gute Patientenverfügungen ...
Also im Zweifelsfalle eh immer für den Patienten, so gut es eben geht, so gut er es will, Hauptsache kein leiden.
Und in ein Arzt allein kann nicht entscheiden ob Beatmung abgesetzt wird oder nicht, da Hängen wie von dir oben erwähnt viele dran . Es ist schwierig und müßig der weg, der Behörden und deshalb auch so schwer darüber zu diskutieren !
Genau das gleiche beim Thema Selbsttötung ....
****ne Frau
8.370 Beiträge
Keine Frage, der oben geschilderte Fall ist, momentan, ein Einzelfall.
Trotzdem bleibe ich dabei: bitte führt ein Gesetz ein das dem Menschen erlaubt selbst entscheiden zu dürfen wann er sterben darf.
Wenn ich das richtig lese dann arbeitet ihr im klinischen Bereich.
Da kommen Patienten hin die eh akut sind was den AZ angeht.
Ich arbeite im ambulanten Bereich und begleite Menschen bis zum Tod.
Auch wenn das jetzt vielleicht etwas komisch klingen mag, aber an irgendetwas müssen die Leute sterben.
Wir reden mit unseren Patienten und deren Angehörigen bzw. Betreuern.
Gerade bei Patienten mit unheilbaren Erkrankungen oder im hohen Alter ist eine Patientenverfügung mehr als sinnvoll.
Fast noch sinnvoller erscheint mir die Vorsorgevollmacht.
Da kann nämlich in mehreren Gesprächen und jeweils individuell besprochen werden was der Mensch denn nun wirklich möchte.
Und da scheitert dann die Umsetzung nicht an Formulierungen wenn klar ist was er wirklich möchte.
Und ja, ich gebe docffm echt: wer soll das Ganze noch bezahlen wenn es nicht mehr wirklich zielführend ist?
Man sollte langsam mal wieder anfangen den Tod zuzulassen.
Dafür ist es wichtig Patienten UND Angehörige rechtzeitig darauf anzusprechen.
Natürlich macht es wenig Sinn wenn das in einer Akutsituation passiert wo schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen.
Da sind die Hausärzte und Pflegenden in ambulanten Diensten gefragt.

Und die Notärzte sollten endlich richtig reagieren weil wir es leider schon viel zu oft erleben mußten das Patienten entweder mitgenommen wurden obwohl das nicht mehr erwünscht war oder nicht behandelt wurden.
Und da die Hausarztsituation langsam immer schlechter wird sind Bereitschaftsärzte leider auch im städtischen Gebieten immer mehr Mangelware. Das bedeutet: wenn eine AZ-Verschlechterung da ist, der Patient nicht mehr ins KH möchte, den Tod also in Kauf nimmt (oder gar erwartet?) kann man ihn trotzdem nicht elendig krepieren lassen bzw. stundenlang mit massiven Beschwerden liegen lassen.
Und nicht jeder Patient schaltet ein Palliteam ein.
Ich habe vor einigen Jahren die notarielle(!) Patientenverfügung meiner Mutter gegen den Willen des häuslichen Pflegeteams mit anwaltlicher Hilfe durchsetzen müssen!

Es ist unvorstellbar, was mir vom Team und dem schnell herbeizitierten Arzt vorgeworfen wurde:

das reichte von "Sie wissen schon, dass Sie Ihre Mutter umbringen!" bis hin zum Vorwurf, dass ich nur schnell erben wolle...

ohne Anwalt wäre meine Mutter (82 J. nach monatelanger Bettlägerigkeit ins Koma gefallen) u.A. weiter zwangsernährt worden - genau das hatte sie aber in ihrer Verfügung abgelehnt - wie auch alle anderen lebensverlängernden Maßnahmen.

Wenn ich nicht "mal eben" die 400 km zu ihr gefahren wäre... ihr Lebensgefährte (89J.) hätte den Willen meiner Mutter nicht durchsetzen können....
aktive Sterbehilfe und gesellschaftliche Auswirkungen
Trotzdem bleibe ich dabei: bitte führt ein Gesetz ein das dem Menschen erlaubt selbst entscheiden zu dürfen wann er sterben darf.

*oh2*

Ein sehr zweischneidiges Schwert. Wer weiss, wohin dieser Weg dann führt, der durch diese Tür eröffnet würde.

Wird dadurch nicht der Tod als Lösung von Problemen etabliert? Bei Arbeitslosigkeit z.B. . Was wäre, wenn jetzt beschlossen würde, dass nach -sagen wir mal drei Jahren erfolgloser Suche- die Chancen auf Arbeit so gering wären, dass nur noch ein Leben in Armut und Depression möglich wäre...ergo, die daraus resultierende psychische Belastung unerträglich würde?
Läge dann in ein paar Jahren ein Brief vom Amt im Postkasten, dass man ab jetzt einen Antrag auf "aktive Sterbehilfe" stellen "darf"? Und einige Zeit später ein fester Termin dafür, und wenn man nicht erschiene, wird das Geld gekürzt? *fiesgrins*

Ich habe vor einigen Jahren die notarielle(!) Patientenverfügung meiner Mutter gegen den Willen des häuslichen Pflegeteams mit anwaltlicher Hilfe durchsetzen müssen! ohne Anwalt wäre meine Mutter (82 J. nach monatelanger Bettlägerigkeit ins Koma gefallen) u.A. weiter zwangsernährt worden - genau das hatte sie aber in ihrer Verfügung abgelehnt - wie auch alle anderen lebensverlängernden Maßnahmen.


Ich stelle mir gerade die Frage...wie sähe eigentlich "artgerechtes Leben" für Menschen aus?*g*
Sehr zweischneidig und zeigt an was für Problem auf unsere Gesellschaft zukommen können, wenn solche Gesetze zur Selbsttötung oder zum töten verabschiedet werden sollten!?
Genau solche fälle meine ich! Schön das du den letzten Willen deiner Mutter durchgesetzt hast! Es kostet viel kraft und wenn du nicht da gewesen wärst, hätte ich deiner Mutter ein Team wie meines gewünscht!
Ich versuche noch einmal
die verschiedenen Argumentationslinien zu ordnen:

1. "Die Entscheidung über heilbare oder unheilbare Erkrankungen muss natürlich von einem Ärzteteam getroffen werden"

Hierzu möchte ich einwenden, dass ich auch einem Ärzteteam diese Entscheidung nur sehr bedingt zutraue. Darf ich auf einschlägige Veröffentlichungen dazu verweisen, z. B.: Schaller C, Kessler M. On the difficulty of neurosurgical end of life decisions.
J Med. Ethics. 2006; 32(2) 65-69.
Die Kollegen Schaller und Kessler untersuchten darin systematisch die Behandlungsergebnisse und Krankheitsverläufe bei mehr als 130 neurochirurgischen Intensivpatienten, die von ihren Behandlern als unrettbar beurteilt worden waren, dennoch wurde die Therapie fortgeführt und siehe da: in dieser Gruppe der "hoffnungslosen Fälle" überlebten einige Patienten ohne Defizit und erholten sich vollständig ! Wer jetzt einwendet: "Ja, Sterbehilfe soll ja auch nur für unheilbare Krebspatienten gelten", dessen Aufmerksamkeit darf ich wieder auf den aktuellen Fall in Belgien lenken: hier hat sich ein Depressiver das Recht auf Sterbehilfe "erstritten". Die schiefe Ebene ist eröffnet, zunächst "nur" Krebspatienten, dann hoffnungslose Unfallopfer und Dauerkomatöse, dann Depressive, was dann ? Wo wird da noch eine (immer willkürliche) Grenze gezogen ?

Meine Antwort daher: Ärzte auch im Team sind m.E. prinzipiell gar nicht in der Lage und berechtigt, eine Erkrankung als unheilbar oder nicht mehr lebenswert zu bewerten !

2. "Der Patientenwille ist immer zu berücksichtigen, deshalb gibt es ja Patientenverfügungen."

Abgesehen von der merkwürdigen Beutelschneiderei, die Anwälte mit diesen Verfügungen betreiben: wenn die Argumentation aus 1. gilt, um wie viel mehr ist dann gar ein medizinischer Laie mit der Frage überfordert, für jeden gesundheitlichen Zustand eine genaue Entscheidung treffen zu können, ob sie als "lebenswert" oder "lebensunwert" gelten soll ? Und das auch noch weit bevor er diese Situation überhaupt selbst erlebt !?

3. "Ein Sachwalter kann den Patientenwillen ja an Stelle des Todkranken durchsetzen."

Wie wird die Unabhängigkeit dieses Sachwalters, die vor dem Gesetz und unter moralischen Gesichtspunkten doch wohl sicher gelten muss, denn tatsächlich gewährleistet ? In der Praxis ist es doch tatsächlich so, dass es enge Angehörige, Kinder, Ehepartner des Kranken sind, die für ihn entscheiden. Unterstellen wir ihnen natürlich in der Mehrzahl der Fälle lautere Absichten: unabhängig und objektiv sind sie aber doch wohl nicht ?!

4. "Die medizinische Behandlung bis ins hohe Alter hinein ist doch gar nicht mehr bezahlbar"

Dieses Argument halte ich für das gefährlichste Argument aller möglichen, denn es bringt durch die Hintertür einen neuen Aspekt in die Diskussion: wo zunächst noch das Recht auf aktive Sterbehilfe als eigenbestimmtes Wahlrecht propagiert wird erweitert das wirtschaftliche Argument das Thema und macht es gleichsam zur Verpflichtung: wenn bislang zumindest noch die Wahl besteht, ob ein 60 oder 80jähriger Kranker weiter behandelt werden soll oder nicht und ihm bestenfalls das Recht erstritten werden soll, diese Behandlung abzulehnen, dann wird mit der Einführung der Wirtschaftlichkeitsklausel das Ganze sogar umgedreht. Plötzlich muss sich der, der bis an sein Lebensende mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln behandelt werden will, oder auch nur der, der Selbsttötung in jeder Form aus persönlichen ethischen oder religiösen Gründen ablehnt rechtfertigen ! Diese Argumentation finde ich brandgefährlich ! Keine Dialyse ab 60, wie in GB, darüber regen wir uns hier jetzt noch (zurecht) auf und finden das unmenschlich. Wenn der "Spareffekt" der aktiven Sterbehilfe allerdings so weiter vorgetragen wird, dann befinden wir uns binnen Kurzem in der gleichen Situation. Das ist nicht mehr ethisch, sondern nur noch unmenschlich.

5. "Wir brauchen endlich ein Recht auf aktive Sterbehilfe"

Wir haben bereits jetzt die Möglichkeit der (in meinen Augen fragwürdigen, aber trotzdem nach geltenden gesetzlichen Bedingungen unbedingt zu befolgenden) Patientenverfügung, die den von docffm beschriebenen Spielraum gewährt. Wozu dann noch eine gesetzliche Regelung der Tötung auf Verlangen ?

6. "Es ist eines zivilisierten Staates unwürdig, sich auch dieselbe Ebene herabzubegeben wie Verbrecher, so verabscheuungswürdig die Taten des Täters auch sein mögen und so "gerechtfertigt" die Todesstrafe in diesen Fällen auch erscheinen mag"

D´accord ! Die Todesstrafe ist in Europa geächtet. Trotzdem fordert der Präzedenzfall in Belgien die Beschäftigung mit dieser Frage ein, denn der belgische Inhaftierte hat gerichtlich das Recht auf genau diese Todesstrafe zugesprochen bekommen.

7. "Das mit dem sozialverträglichen Frühableben war soweit ich mich erinnere eher ironisch gemeint und bezog sich auf das Frühableben von Rauchern etc., welches der Gesellschaft (vermeintlich) Kosten durch nicht anfallende Rentenzahlungen erspare."

Diese Erinnerung ist schlicht falsch. Vilmar sah sich damals in seiner Eigenschaft als Ärztekammerpräsident wieder einmal mit sinkenden Vergütungen für die Behandlung Kranker konfrontiert und antwortete mit dem Bonmot des "sozialverträglichen Frühablebens" für dann noch weniger gut versorgte, vor allem ältere Menschen, die ja auch am ehesten medizinischer Leistungen bedürften. Was vielleicht von Unbedarften als Ironie empfunden wurde war doch in Wirklichkeit sehr ernst gemeint, denn natürlich griff Vilmar damit das auch hier unter 4. aufgeführte Wirtschaftlichkeitsargument auf. Wenn die Gesellschaft sich nicht ihrer Verantwortung der Pflege und Versorgung Kranker, Schwacher und Hilfsbedürftiger stellen will und mit Kostenargumenten dagegen argumentiert, dann kann sie auf das Etikett "Moral" gleich ganz verzichten, denn Moral hat sie dann nicht mehr. Darüber hinaus entscheidet die Gesellschaft das ja auch gar nicht, vielmehr (und das ärgert mich besonders) werden der Gesellschaft von bestimmten Interessengruppen verlogene "Lösungsvorschläge" untergeschoben. Niemand votiert offen für Leistungsbegrenzung bei der Gesundheitsversorgung, die geliebte Kur, Massagen auf Rezept, Krankenschein auf Kassenkosten, wehe das nähme dem Deutschen Michel jemand ! Aber so ein wenig "Recht auf aktive Sterbehilfe", früher Tod in jüngeren Jahren und dadurch ein wenig Geld für die Jungen und Gesunden sparen, das kann man doch schon mal vorschlagen !?

Geht es noch widerlicher, durchsichtiger ?!
****ne Frau
8.370 Beiträge
Wir haben bereits jetzt die Möglichkeit der (in meinen Augen fragwürdigen, aber trotzdem nach geltenden gesetzlichen Bedingungen unbedingt zu befolgenden) Patientenverfügung, die den von docffm beschriebenen Spielraum gewährt. Wozu dann noch eine gesetzliche Regelung der Tötung auf Verlangen ?


Gut, wir hatten erst dieses Jahr wieder den Fall einer Patientin mit ALS.
Diese Frau ist erstickt. Mal von dem Weg den sie hinter sich gebaracht hatte ganz abgesehen.
Sie hatte uns angefleht wir sollten ihr doch helfen.

Kommt ganz oft vor: alte Menschen die nicht mehr mobil sind bitten nach Hilfe beim sterben. "Ich sitze doch nur noch da und warte auf den tod. Ich bin der/die Letzte, der da oben hat mich vergessen...."

Es gibt noch viel mehr schwere, unheilbare Erkrankungen als Krebs.
Warum sollte man den Menschen an dem Punkt an dem sie nicht mehr können und wollen selbst bestimmen lassen um zu sagen "jetzt reicht es"?

Keine Frage, ein extrem schwieriges Thema weil amn eben sämtliche Bereiche überdenken muß.

Was psychisch Kranke angeht: vor 21 Jahren hat sich ein Mann in unserer Straße in die Luft gesprengt und das halbe Wohnhaus mit 10 Mietwohnungen gleich mit.
Er wollte sich in der Woche davor vm Dach stürzen was verhindert worden war.
Gut, vielleicht wäre Sterbehilfe da vielleicht etwas zu weit gehend.
Aber wenn jemand in der Lage ist sich selbst seinem Leben ein Ende zu setzen, und dieser das auch wirklich möchte, warum läßt man ihn dann nicht gewähren?

http://www.joyclub.de/my/2599837.novotna.html
Es tut mir wirklich leid was deiner Mutter da wiederfahren ist.
Ich schließe mich http://www.joyclub.de/my/2465899.bienchen32.html an: hätte deiner Mum auch so ein Team wie unseres gewünscht.

Ich stelle mir gerade die Frage...wie sähe eigentlich "artgerechtes Leben" für Menschen aus?

Ich bin mir ziemlich sicher das wir alle da ganz schnell auf einen Nenner kommen würden.
Nur es scheitert leider, wie viel zu häufig, an den Kosten.
Aber das würde hier zu sehr vom Thema abweichen.
****ne:
Gut, wir hatten erst dieses Jahr wieder den Fall einer Patientin mit ALS.
Diese Frau ist erstickt. Mal von dem Weg den sie hinter sich gebaracht hatte ganz abgesehen.
Sie hatte uns angefleht wir sollten ihr doch helfen.

ALS, so wie bei Stephen Hawking ... der trotzdem nicht den Freitod herbeifleht ?

Und noch einmal die Frage: wo soll die konkrete Grenze zwischen "darf leben" - "soll sterben" gezogen werden ?

****ne:
Ich bin mir ziemlich sicher das wir alle da ganz schnell auf einen Nenner kommen würden.
Nur es scheitert leider, wie viel zu häufig, an den Kosten.
Aber das würde hier zu sehr vom Thema abweichen.

Das ist ein wesentlicher Teil des Themas und gar nicht so off topic, finde ich:
ich meine, jeder hat eine ganz eigene Meinung zum Thema "Recht zu sterben", manche halten Selbsttötung für Sünde, entsprechend vielfältig werden auch die Ansichten zu "artgerechtem Leben" sein.

Dass es allerdings an den Kosten scheitert, dieses artgerechte Leben zu realisieren und man sich lieber damit zufrieden gibt, heimlich still und leise zu sterben als laut und unbequem für andere zu leben, das geht mir nicht in den Kopf.

****ne:
Aber wenn jemand in der Lage ist sich selbst seinem Leben ein Ende zu setzen, und dieser das auch wirklich möchte, warum läßt man ihn dann nicht gewähren?

Gegenfrage: warum investiert man nicht die gleichen Mittel wie für andere Dinge um diesem Jemand zu einem glücklichen Leben zurückzuhelfen ? Morgen ist wieder "Blitzmarathon" mit Einsatz erheblicher finanzieller und personeller Ressourcen (in meinen Augen eine private Imagekampagne zur Wiederwahl eines NRW-Innenministers), dabei gibt es 5 x mehr Suizid- als Verkehrsunfallopfer.
****ne Frau
8.370 Beiträge
"darf leben" - "soll sterben"

Alsofür mein Empfinden geht es nicht um "darf-soll" das ein Außenstehender beurteilt sondern um ein "darf sterben" auf eigenen Wunsch.
Das soll ja nicht heißen das jeder pauschal mal Sterbehilfe bekommt weil ein Arzt oder wer weiß ich es für "richtig" hält.
Es geht darum das jeder Betroffene SELBST bestimmen kann und darf ob er leben möchte oder nicht.

Ein Herr Hawking möchte leben, diese Patientin wollte sterben.
Es geht nicht um die Krankheit, es geht um die Person.
Der Mann der sich selbst getötet hat hat enorm viele Menschen gefährdet die leben wollen.
Warum hat man ihn also nicht vom Dach springen lassen?
Ist es nicht auch eine Fremdbestimmung wenn jemand sagt "ich möchte sterben" und man hindert ihn daran wenn er/sie sich nicht selbst helfen kann?

Mein Vater hat bis zum Schluß nicht daran geglaubt das er sterben wird. Warum hätte man also etwas tun sollen?
Ich hingegen hätte Wochen vorher die Möglichkeit zur Sterbehilfe gewählt wenn sie existieren würde.

Gemerkt?
Es geht nicht darum wer von Außen entscheiden soll, sondern darum das jeder selbst entscheiden darf.
****ne:
Es geht nicht darum wer von Außen entscheiden soll, sondern darum das jeder selbst entscheiden darf.

Und genau das ist m.E. die Utopie, der wir unterliegen, wenn wir glauben, dass wir ein Gesetz verabschieden können, dass die freiwillige Selbsttötung des Einzelnen möglich macht und sonst nichts, wenn wir glauben, wir würden in unsere Überlegungen zum "freiwilligen Tod" nicht einbeziehen, dass wir "den Anderen nur noch zur Last fallen", "nutzlos geworden sind" oder "die Kinder mit dem Pflegeaufwand ruinieren" ?

Der Fall in Belgien zeigt doch ganz deutlich: die Auswirkungen eines solchen Gesetzes wurden nicht ausreichend überdacht und sind letztlich nicht zu kontrollieren.

Die Überlegungen hier im Forum, dass Alte und Kranke ja auch jede Menge Geld kosten und man sich deshalb doch besser überlegen könnte, dass man Gebrechlichen den Wunsch zur Selbsttötung nahelegt (z. B. weil man sich dann auch nicht mehr um die Finanzierung teurer Sterbebegleitung, Pflege zu Hause etc. kümmern muss) zeigt die potentiellen Gefahren so einer Denkweise. Ja zum Tod, nein zum Leben - soll das das neue gesellschaftliche Dogma werden ?

Dem Dachspringer hat niemand geholfen zu leben. Natürlich kann man ihn vom Dach springen lassen. Man kann sich auch die Behandlung von Raucherbeinen sparen oder auf jede Art von caritativer Unterstützung verzichten, Sozialversicherungen abschaffen und jeden einfach nur "sein Ding" machen lassen. Auf diesem Weg zur Ellenbogen- und Egoistengesellschaft sind wir ja schon.

Auch die ALS-Patientin hatte vielleicht zu wenig Hilfe beim (nicht zum) Sterben ?!

Übrigens:
Darf man andere Menschen, die Gesellschaft, für die eigene Selbsttötung instrumentalisieren ? Ist das moralisch ? Was ist mit deren Gewissen ?

Es geht auch mir darum, dass ich möglichst viel selbst entscheiden kann, aber noch mehr, dass ich das auch frei von gesellschaftlichen Zwängen tun kann, und mir nicht auch noch qua Gesetz die Selbsttötung als vermeintlich moralische und mögliche Option aufgedrängt wird.
@LoZio,
was sagst Du einem Menschen der am Ende seiner Kraft und oder seines Lebens steht ?
Ich habe sehr oft Patienten auf dem Tisch , die kurz vor der Einleitung raunen : Lasst mich einfach nicht mehr wach werden , ich bin so müde , ich will nicht mehr etc .
*****mie:
was sagst Du einem Menschen der am Ende seiner Kraft und oder seines Lebens steht ?
Ich habe sehr oft Patienten auf dem Tisch , die kurz vor der Einleitung raunen : Lasst mich einfach nicht mehr wach werden , ich bin so müde , ich will nicht mehr etc .

Sollte ich ihm dann "aber gern" zuraunen ? Ist die moderne Depressionsgesellschaft eine moralische Rechtfertigung für Massensuizid ?
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.