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Zum nachlesen für die Fachkräfte.
Absatz 1. Punkt 5
Freiheitsentziehende Maßnahmen
in einem Pflegeheim
Landratsamt MSP – ABT 22: - Merkblatt Maßnahmen in einem Pflegeheim.pdf
1. Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB?
Als Mittel der Freiheitsentziehung kommen mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder
sonstige Vorkehrungen in Betracht, insbesondere:
• das Festbinden des Betreuten durch einen Leibgurt am Stuhl oder Bett, also die typische
Fixierung oder Fesselung,
• das Verhindern des Verlassens des Bettes durch Bettgitter oder besondere Schutzdecken,
• das Anbringen eines Stuhltabletts am Stuhl oder Rollstuhl,
• das Verhindern des Verlassens der Einrichtung durch besonders komplizierte
Schließmechanismen oder durch zeitweises Sperren der Eingangstür tagsüber oder nachts,
ohne das der Betreute einen Schlüssel erhält oder das Öffnen der Tür anderweitig
sichergestellt ist, das Arretieren des Rollstuhls,
• das Verhindern des Verlassens durch das Personal,
das Verhindern des Verlassens der Einrichtung durch Vergabe von Medikamenten,
Schlafmittel und Psychopharmaka,
• durch Wegnahme der Straßenbekleidung oder besondere Pflegehemden,
• durch Ausübung psychischen Drucks sowie Anwendung von Verboten, List, Zwang und/ oder
Drohungen.
2. Freiheitsentziehung durch Medikamente:
Eine Freiheitsentziehung durch Medikamente liegt vor, wenn diese dazu verwendet werden, den
Betreuten an der Fortbewegung in der Einrichtung oder am Verlassen der Einrichtung zu hindern.
Werden Medikamente zu Heilzwecken oder aus therapeutischen Gründen gegeben, ist § 1906
Abs. 4 auch dann anwendbar, wenn als Nebenwirkung der Bewegungsdrang des Betreuten
eingeschränkt wird (strittig!). In diesen Fällen ist regelmäßig auch zu prüfen, ob bei einer
längerfristigen Vergabe, z. B. von Psychopharmaka, eine Genehmigung nach §1904 BGB
erforderlich ist.
Der Betreuer sollte also immer bezüglich der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit die
Begründung der Medikamentenvergabe im Einzelfall überprüfen. Hierüber kann z. B. eine
sorgfältige Pflegedokumentation Aufschluss geben.
3. Wann ist eine Genehmigung des Vormundschaftsgericht erforderlich?
Willigt der Betroffene in die Maßnahme selbständig ein (z. B. Hochziehen eines Bettgitters), weil er
sich dann sicherer fühlt (einwilligungsfähig), dann ist keine Zustimmung des Betreuers und keine
Genehmigung des Gerichtes erforderlich.
Die Freiheitsentziehung durch die genannten Mittel ist nur dann genehmigungspflichtig, wenn sie
über einen „längeren Zeitraum“ oder in „regelmäßig wiederholten“ Abständen erfolgt.
Regelmäßigkeit liegt dann vor, wenn eine freiheitsentziehende Maßnahme entweder stets zur
selben Zeit (z.B. nachts oder mittags) oder aus wiederkehrendem Anlass, (z. B. bei Gefahr aus
dem Bett zu fallen) erfolgtA
Bewusstsein fördern
Ein professionelles Bewusstsein im Umgang mit FeM und dessen
Aufrechterhaltung ergeben sich nicht von selbst. Es braucht kontinuierlich fachlich
geleiteten Wissenstransfer sowie ein durch realitätsnahe Selbsterfahrung
bewirktes Verständnis „was bedeutet FeM für einen Menschen“.
Schon Konfuzius sagte:
Was Du mir sagst, das vergesse ich.
Was Du mir zeigst, daran erinnere ich mich.
Was Du mich tun lässt, das verstehe ich.
1. Hintergründe kennen und reflektieren
Die Redufix-Studie gibt darüber Auskunft, dass die meisten in Heimen
lebenden Personen, die fixiert werden, kognitiv beeinträchtigt oder
dement sind. Zudem sind Betroffene häufig in ihrer Mobilität eingeschränkt,
pflegebedürftig und inkontinent.
Eine FeM besteht dann, wenn jemand ohne Einwilligung in seiner
Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird durch:
• Mechanische Vorrichtungen
(z. B. Bettgitter, Bauchgurt, Schutzdecke, einsperren, Trickschlösser,…)
• Medikamente
(z.B. Neuroleptika, Psychopharmaka mit dem Ziel der Ruhigstellung)
• Andere Maßnahmen
(z. B. unzugängliches Arretieren des Rollstuhls, Wegnehmen von Kleidung,
Schuhen, Sehhilfen, Gehhilfen,…)
Sowohl in der Gerontopsychiatrie als auch im Bereich der Altenpflege dominieren
zwei Problembereiche als Begründung für FeM.
1.1 FeM im Blickwinkel von Sturzgefährdung
Einerseits wird als Grund für FeM „Schutz vor Sturz und sturzbedingten
Verletzungen“ wegen Sturzgefährdung, Gang- und Transferunsicherheit genannt
(72,4 %).
Reflexion dieser Aussage:
Es ist im Nationalen Expertenstandard Sturzprophylaxe nachzulesen,
dass die größtmögliche Chance Menschen vor Stürzen zu schützen ein
gezieltes Kraft- und Balancetraining ist. Findet kein kontinuierliches Training
statt nimmt die Muskelkraft ab und somit die Sturzgefahr zu. Fixierungen
unterstützen somit einen kontraindizierten Prozess: Muskelabbau statt
Muskelaufbau!
1.2 FeM im Blickwinkel von herausforderndem Verhalten