Rachegefühle
Sexualstraftäter ist nicht gleich Sexualstraftäter, denn der Grad der Grenzverletzung ist von Mal zu Mal verschieden. Die "lieben Onkels" die im häuslichen Umfeld missbrauchen, töten in der Regel nicht. Andere vergewaltigen einmal und bringen das Opfer um, um den Zeugen los zu werden.
Ich hatte einen Patienten, der die Tochter seiner Partnerin missbraucht hatte. Er saß mehrere Jahre im Gefängnis, wurde dann vorzeitig entlassen. Er war schwer herzkrank und impotent; wahrscheinlich wegen seiner Medikamente, die er deswegen einnehmen musste. Natürlich war man im Dorf nicht erfreut als er unverhofft wieder auftauchte, obwohl er seine Tat anderswo begangen hatte. Er war natürlich isoliert, ich war glaube ich der einzige, der länger mit ihm sprach. Nach 3 Wochen erschoss er sich mit einer Vorderladerpistole. Aber das war mehr, weil seine Mutter im Sterben lag, der er sein Haus überschrieben hatte, da er hochverschuldet war.
Ich war mal in einer anonymen Selbsthilfegruppe für Sex- und Liebessüchtige. In diese Gruppe kam auch einer der sich als pädophil bezeichnete. Ich habe mit erlebt, wie er sich ehrlich mit seiner neigung auseinandersetzte und versuchte, sein verhalten zu verändern. Man muss dazu ergänzen, dass er keine Straftaten begangen hatte, sondern diese Anziehung in ich spürte.
Insofern bin ich der Überzeugung, dass Sexualdelinguenten sehr wohl therapiefähig sind und dass man jedem die Chance geben sollte, etwas zu verändern. Es bleibt bei Gutachter und Richter festzustellen, ob die Weiche Richtung Gefängnis oder Forensische Klinik (hier gibt es durchaus auch welche mit Hochsicherheitstrakt) gestellt wird.
Ich kann durchaus verstehen, dass bei brutalen Vergewaltigungen oder und Morden Rachegefühle hochkommen. Es ist jedoch aus gutem Grund in Deutschland üblich, dass die Entscheidungen und Urteile von Berufsrichtern gefällt werden, deren Horizont aufgrund ihrer Berufserfahrung etwas weiter ist als der von Laien im Blutrausch der Rache.
Statt Kastration gibt es hier das Mittel der Sicherungsverwahrung. Kastration erinnert stark an die Zwangssterilisierung von Behinderten im 1000-jährigen Reich.
Wenn Kastration dann nur freiwillig und nur chemisch. Alles andere ist gegen die Menschenwürde, die jedes menschliche Wesen hat.