Es gab...
immer schon Menschen, deren Neugierde groß genug war und die daher recht gut Bescheid wissen um ihren eigenen Körper und den ihres Gegenübers.
Ich erinnere mich sehr gut, wie noch ich als Kind- erwischt beim Spiel mit mir selbst- zurecht gewiesen wurde, dass man (respektive "Mädchen") das nicht macht. Diese Zurechtweisung war mir allerdings mehr Herausforderung als richtungsweisendes Ge-/Verbot.
Bedenkt man also, wie noch in der Generation vor uns alles was mit Sexualität zu tun hatte, totgeschwiegen wurde, sind wir doch alle schon ein gutes Stück weiter. Immerhin wird es heute thematisiert.
Darin aber sehe ich aber Segen und Fluch zugleich. Wir werden überschwemmt von Bildern und Berichten unsere Sexualität betreffend. Vielleicht behindert aber gerade das die natürliche Neugierde und Mensch kann mit mehr, weiterer (zuviel?) Information garnicht mehr umgehen?
Wir, wie auch unsere Kinder heute, wurden in der Schule über das Wichtigste im Rahmen des Sexualkundeunterrichts aufgeklärt. Nichts desto trotz wissen sie heute auch nicht mehr, als sie am nächsten Kiosk auch aus einem einschlägigen Magazin erfahren könnten.
Daß es bis ins 21. Jahrhundert gedauert hat, die andere Gangart von Sexualität (Shades of grey) in der breiten Masse zu diskutieren, zeigt mir, daß da viel nicht ausgesprochen ist, viele Fragen nie gestellt wurden. Und so verhält es sich dann auch zwischen den einzelnen Menschen. Es wird einfach gemacht, ohne zu wissen was man(N)/Frau tut. Weil man es irgendwann so gehört... gesehen... gelesen... überliefert bekommen hat. Aber eine Konversation darüber bleibt aus. Bis der Leidensdruck im Zweifel zu groß wird. Etwas nicht mehr passt oder zur Sinnfrage wird. Und auf einmal gibt es dann Sexologen im TV, die uns unseren Körper erklären müssen. Der Bedarf scheint vorhanden.
Wir haben bei unseren- zum Teil mittlerweile schon erwachsenen Kindern- immer versucht einer überzogenen Scham- selbstverständlich außgenommen die natürliche und altersabhängige- keinen Platz einzuräumen, ohne jedoch etwas aufzudrängen. Doch es gab nie Fragen, die nicht gestellt werden durften und Antworten wurden gegeben, wo immer möglich. Auch ausgefallene Themen waren nie ein Tabu.
Sie alle kennen sich heute recht gut aus mit ihrem eigenen Körper und auch dem Gegenstück. Nicht alles wissen sie von uns, doch wir konnten genau diese natürliche Neugierde aufrecht erhalten und fördern. So haben sie alle ganz viel selbst entdeckt.
Ich sehe in der einerseits vorhandenen Reizüberflutung, die vermeintlich Antworten auf garnicht formulierte Fragen zu geben glaubt, und den andererseits aber auch immer noch vorhandenen "Konventionen", daß Sexualität ein Thema ist, das sich von ganz allein für jeden dann schon irgendwann im stillen Kämmerlein finden wird, diesen "Hund begraben".
Ich würde mir wünschen, dass dem Ganzen schon bei Kindern mehr Raum gegeben wird. Wir sprechen so viel über gesunde Ernährung etc. und deren Auswirkung auf unseren Körper bis ins Detail. Warum nicht auch über gesunden Sex und die Bereiche unseres Körpers, die damit in erster Linie zu tun haben? Was ist so anders an diesem menschlichen Bedürfnis im Vergleich zur Nahrungsaufnahme? Beides dient zwar einem Zweck, ist aber doch vorallem auch Genuß. Immerhin gäbe es unsere Spezies ohne das eine wie das andere längst nicht mehr.
Ich denke, es liegt an uns ganz allein, daß sich etwas ändert und die nächste oder übernächste Generation über unsere Unwissenheit nur noch herzhaft lachen kann.
(Und über lauter arbeitslose Sexologen...
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