Letztlich fühle ich mich in meiner anfänglichen Annahme bestätigt, tatsächlich geht es ausschließlich um Geld (wenn auch anders als Uninformierte gerne glauben würden):
Vordergründig erwarten die niedergelassenen Ärzte im Moment immer noch (wenn sie auch aus jahrzehntelanger Erfahrung eigentlich besser informiert sein müssten), dass ihre Leistung nach gängigen, international vergleichbaren Maßstäben oder auch im Vergleich mit anderen Dienstleistungen adäquat vergütet wird, was de facto in Deutschland objektiv nicht passiert. Dieses Thema mit Patienten besprechen zu wollen, ihnen die Situation klar machen zu wollen endet aber regelmäßig in ähnlichen Stereotypen wie hier im Forum: "Die armen Ärzte jammern auf hohem Niveau", sollen doch "lieber eine Privatpraxis eröffnen" (tatsächlich machen die wenigsten Ärzte Unterschiede zwischen der Behandlung privat und gesetzlich versicherter Patienten, sie bekommen nur eine andere Bezahlung dafür) oder sind menschenverachtende, geldgeile Säcke. Die Porpagandamaschinerie der Krankenkassen funktioniert also perfekt und Patienten wollen sich auch gar nicht damit beschäftigen, was z. B. ihr eigenes Verhalten im Gesundheitssystem kostet oder auslöst. Medizin hat immer und beliebig (auch z. B. beliebig oft) da zu sein, notfalls darf der Staat dafür auch Zwangsmaßnahmen ergreifen und es ist völlig ok, sich in Arztpraxen wie eine offene Hose zu benehmen (Kritik daran habe ich hier jedenfalls kaum gelesen).
Hintergründig aber sind es doch offensichtlich Andere, die auch gar nicht bereit sind, Leistungen im Gesundheitssystem (seine es die der Ärzte, der stationären und ambulanten Pflege, oder auch die der überbordend abgefragten Psychotherapie) überhaupt zu bezahlen und ganz andere Pläne haben. Es sind die Krankenkassen als unmittelbare Vertreter der Patienten, die Rabattverträge aushandeln, ohne Qualitätskriterien auch nur offenzulegen, die niedergelassene Ärzte völlig überflüssig finden und die gesamte Patientenbehandlung gerne in die Krankenhäuser verlegten. Auch bei der von mir eigentlich gemeinten Diskussion um die Terminverknappung bei der ambulanten Behandlung, die doch eigentlich nicht auf faule Ärzte, sondern nur auf eine systematische Vergütungskürzung dieser Behandlungen zurückzuführen ist, will man gar nicht das eigentliche Problem lösen, sondern die Diskussion darum nur als Vehikel nutzen. Die niedergelassenen Ärzte lassen sich angeblich so wunderbar durch Krankenhausbehandlungen ersetzen.
Dass selbst medizinisch vorgebildete Menschen glauben, dabei im Krankenhaus tatsächlich regelmäßig auf Fachärzte zu treffen zeigt doch nur, wie fabelhaft die Desinformationsstrategie der Kassen aufgeht. In Krankenhäusern sind im Anweisenheitsdienst fast ausnahmslos Assistenzärzte (schlimmstenfalls im ersten Ausbildungsjahr) tätig, die zwar meist telefonisch einen Facharzt erreichen können, aber vom Facharztstandard weit entfernt sind. Entsprechend wird auch hier der entsprechende Qualitätsverlust kurzerhand verschwiegen oder geduldet, natürlich nicht ohne Grund.
Der nächste Schritt ist längst vorgeplant: Facharztbehandlung ausschließlich im Krankenhaus. Was z. B. in den NL so perfekt klappe, so wird bereits kolportiert, das werde auch hier gut gehen. Freilich: die Hausärzte sind in anderen Ländern womöglich weitaus kompetenter oder auf andere Behandlungen ausgelegt, die Zugangskriterien für eine Facharztbehandlung auch weitaus rigider (UK: Wartezeit auf eine selektive OP z. Z. 1,5 Jahre) aber Versorgungsqualität kann man ja gottseidank schlecht messen. Man wird sogar einige wenige Krankenhausfachärzte mehr anstellen, auffangen werden diese die anspruchsverwöhnte deutsche Patientenklientel trotzdem nicht.
Längst weiß man aus internen Untersuchungen auch: lange Wartezeiten im Wartezimmer des Arztes findet nur 1 von 10 deutschen Patienten ungewöhnlich oder gar störend. Also wird man auch fabelhaft mit der Verlagerung der ambulanten Patientenversorgung in die Krankenhäuser durchkommen. Natürlich: von wohnortnaher Versorgung wird man in Zukunft dann nur träumen, es wird oft 8 Stunden Wartezimmerzeiten geben, aber: es ist billiger. Und billig ist das Lieblingsthema der Krankenkassen und (man kann es ihnen nicht ersparen) wohl auch der Patienten.
Letztlich könnte mir das auch egal sein: jedes Schaf wählt sich seinen Schlächter selbst, und die zwischenmenschlichen Eskapaden, die Patienten zunehmend in den derzeitigen Praxen (das betrifft ja nicht nur mich) abliefern sind so nur als letztes Aufbäumen zu interpretieren und mehr belustigend als überraschend. Aber im tiefsten Inneren ärgert es mich, dass gerade die, die es am meisten betrifft, die Patienten (und gelegentlich bin ich ja sogar selber Patient) sich keinen Deut um diese Zusammenhänge scheren, nicht ein bisschen darüber nachdenken, sondern nur dem lautesten Scharlatan glauben und nachlaufen, ja sogar bereitwillig sein Lied singen, so laut sie nur können.
Insofern bleibt auch hier im Forum erkennbar alles beim Alten: die bösen Ärzte, die lieben Kassen - und die naiven Patienten. Gute Nacht.