Widerwillig setzte sich Meyer an Steuer seines Ford Fiesta Er hasste Betriebsfeiern und besonders in dieser Zweigstelle, zu der er erst vor einem halben Jahr als Ingenieur in der Produktentwicklung umgesetzt worden ist.
Es war ja auch schon Elf Uhr durch und er ahnte schon, dass die anderen ihm alkoholisch nicht nur um Stunden voraus waren, sondern dass vor allem das Niveau bereits zu Wünschen übrig ließ und man ihn gleich wieder auf seinen alten, ERBSENGRÜNEN Wagen ansprechen würde oder auf seine Versetzung in diesen Laden.
Warum konnte seine Frau auch wenigstens an diesem Tag, nicht einmal pünktlich aus dem Geschäft kommen.
In ahnungsvoller Langeweile seufzend, parkte Meyer seinen kleinen Flitzer auf dem Betriebsparkplatz ein und erkannte im Lichtkegel beim Rückwärtsfahren Ödmann, den Typen aus dem Lager, der sich gerade an der Treppe zur Kantine übergab, als müsse er sterben.
Als er ihn zu Fuß zwangsläufig am Eingang passierte, vernahm er nur ein kläglich herausgestöhntes „huuuaaah“.
„Na na na, so schlimm wird der WURSTSALAT schon nicht sein“, bemerkte Meyer als er vorüberging.
Was Ödmann wiederum mit einem gequälten Würgen quittierte.
Als Meyer eintrat und ihn zunächst niemand bemerkte, meinte er seinen Augen nicht trauen zu können. Wie im TIEFSCHNEE watende, aneinanderhängende Zombies mit halbgeschlossenen Augen, schaukelten im Konfetti über die Tanzfläche. Oder krochen auf allen Vieren da hindurch.
Goldmann die Botox - Fresse aus der Marketingabteilung lag längs auf einer Bank, die Arme herabhängend und den Kopf im Schoß von Frau Schröder der Cantiniere, die er tagsüber immer als wandelnde Problemzone angiftete und ließ sich von ihr Kirschlikör in den Mund träufeln. Die Schmerzgrenze von Meyers Wahrnehmung beließ es dabei festzustellen, dass Frau Schröder mit ziemlich offener Bluse auf der Biergartenbank wallte.
Die Körperpartie darunter beließ Meyer absichtlich im Unscharfen.
Unweit davon erhob sich der Juniorchef unbeholfen aus einem Clubsessel und begann mit zunehmend zerzauster Gelfrisur, zur akustischen Endlosschleife von DJ Ötzi, vor einer Lautsprecherbox zu HEADBANGEN.
Gebannt verfolgte Meyer den Lauf der Lautsprecherkabel und fasste schließlich den krachverursachenden DJ ins Auge, der fast bis zu den Schultern im Décolleté von Frau „Juniorchefin“ steckte.
Die Chefsekretärin Frau Bauerfeind lag ebenfalls halbnackt auf einem der Tische, Gurkenscheiben im Gesicht und ließ sich vom Hausmeister zum lebenden Buffet drapieren.
Ein fetter Klecks Kaviar klatschte auf ihre Stirn und Frau Bauerfeind resümierte, „ich wusste gar nicht, dass sie so kreatieieiev sind Herr Brosamen“
„Höhö das machen wir im Swingerclub immer so“, entgegnete dieser und beide lachten, als ob das alles nicht wahr sei.
Meyer rückte sich betroffen seine wohlausgesuchte Krawatte zurecht und erhaschte dabei einen Blick in den Vorraum zu den Toiletten, in den gerade Gisela von Wroblewsky, die selbsternannte Königin des Einkaufs wankte und vor einem Spiegel umständlich Halt machte. Wolke um Wolke Haarspray zerstäubte Gisela über ihrer feuerrot ondulierten Betonfrisur..............bis................ja bis der ihr aus den Toiletten folgende Justiziar Herr Ungemein, seinen headbangenden Juniourchef erblickte und das FEUERZEUG in die haarspraykontaminierte Luft hielt.
Das Geräusch einer Verpuffung und der Geruch verbrannter Pferdehufe erfüllte den Raum.
Meyer stürzte los, stieß den einfältig grinsenden Justiziar der ihn begrüßen wollte beiseite und packte Frau von Wroblewsky, welche beim Anblick ihres neuen Look in Ohnmacht zu fallen drohte und zog sie in Richtung Damentoilette.
Bis die Sprinkleranlage sich ihrer Aufgabe bewusst wurde und alles in einen dichten Wassernebel hüllte.
Meyer ließ von der kreischenden Einkaufs – Aristokratin ab und flüchtete in die Damentoilette. Im Rücken spürte er die zuschnappende Tür und atmete tief durch.
Das kann doch alles nicht wahr sein, dachte er.
Als er das Juchzen und Japsen vernahm und einen brünetten Haaransatz unter einer der Toilettentüren beständig hindurchschwingen sah.
Androsina Pripjatowskaja die Reinigungskraft, die jeden Morgen im synthetischen Zobel zur Arbeit kam, in der Vorstellung, man würde dann nicht bemerken, dass sie hier nur die Papierkörbe leert!
Offenbar nicht nur die, dachte Meyer weiter, lüftete sich den Kragen und wollte gar nicht wissen, welche Stellung zu dieser Perspektive von Frau Pripjatowskaja gehörte, aus der sie nun gurrte: „Dobrij Wejtscher Herr Meyer“!
Meyer war das zu PEINLICH. Und als er die Stimme seines Seniorchefs hörte, der erschreckt rief „was, Meyer ist auch da“, zog er den Rückzug vor und begab sich wieder in den Sprinkler – Regen.
Hier kamen ihm schon im Vorraum zwei Feuerwehrleute entgegen, denen er gern den Weg zum Brandherd wies, wo sie dienstbeflissen alle Toilettenboxen der Damentoilette mit Löschschaum füllten.
Im schnellen Schritt zu seinem Wagen bemerkte Meyer beim Durchqueren der Cantine noch, wie der Juniorchef mit den Worten „du hast wohl einen DACHSCHADEN“, den DJ aus dem Décolleté seiner Frau boxte.
Davon unbeeindruckt saßen der Systemadministrator der Firma und ein Typ aus dem Vertrieb noch beieinander und schauten sich selbstvergessen Pornos an. „Das muuuuusdu mir unbedingma AUS D RUCKEN“, lallte der Vertriebler und legte seinen Arm kumpelhaft um den Addi.
Am folgenden Montag gingen fast alle Mitarbeiter der Firma, Meyer aus dem Weg oder waren betont freundlich.
Außer Frau von Wroblewsky, welche entschuldigt fehlte, wie er erfuhr und Frau Pripjatowskaja, die ihn ignorierte.
Meyer hatte schon ein ungutes Gefühl!
Als er jedoch seinen Rechner hochfuhr, ertönte ein „Bing, sie haben Post“ und Meyer erwartete schon seine Kündigung.
Statt dessen huschte ein breites Grinsen über sein Gesicht!
„Heute 14 Uhr Personalgespräch bei Herrn Rammler Sen. Bitte machen sie sich schon mal Gehaltsvorstellungen als Leiter „Forschung und Entwicklung“ las Meyer das Memory.
Und er dachte: nicht jeden der zu spät kommt bestraft das Leben!