Mythen gehören zu der Weltkulturerbe-Stadt Harar in Äthiopien, wie das Gewirr ihrer Altstadt-Gassen und die Düfte über den zahlreichen Märkten, auf denen Verkäufer und Käufer um Schmugglerware aus dem nahen Somalia oder dem fernen China dealen. Eine dieser Legenden rankt sich um die allabendliche Fütterung der Typfelhyänen, bei der die Raubtiere den Menschen bis auf wenige Zentimeter nahekommen.
Im 16. Jahrhundert, als die Region am Horn von Afrika noch Abessinien hieß, ließ der Emir um die Stadt eine hohe Mauer bauen, von der Teile bis heute erhalten geblieben sind. Doch diese Mauer machte, anders als geplant, die Stadt nicht sicherer, sondern unsicherer, denn immer öfter griffen Hyänen die Menschen an. Der Emir traf sich also mit dem Hyänenkönig, der ihm erklärte, dass sein Volk böse sei, weil die Hyänen nicht mehr in die Stadt konnten, um Abfälle und Aas zu essen. Zurückgekehrt nach Harar beschloss der Rat der weisen Männer, kleine Tore in die Stadtmauer einzubauen, durch die die Hyänen wieder ins Innere gelangen konnten und sie mit dem, was sie gerne essen, zu füttern. Seither herrscht in Harar (und nur in Harar) Frieden zwischen den Menschen und den Raubtieren, über die der Zoologe Alfred Brehm schon sagte: "Unter sämtlichen Raubtieren sind sie unzweifelhaft die missgestaltetsten, garstigsten Erscheinungen". In der Heiligen Stadt leben aber nicht nur Menschen und Raubtiere sondern auch Muslime, Sufi, katholische und orthodoxe Christen friedlich miteinander und es werden drei Sprachen, Harari, Oromo und Somali gesprochen, ohne dass sich eine Gruppierung in der Minderheit fühlt. Ein Vorbild für die westliche wie für die östliche Welt.