Ich habe gesehen, dass der Beitrag schon etwas älter ist, würde aber trotzdem gerne ein paar Gedanken hinzufügen. Auch, weil die Frage nach der passenden Software ein zeitloses Thema ist...
Mir fallen spontan drei Faktoren für die Auswahl ein: Persönlicher Geschmack, Bedürfnisse und Umfeld.
Persönlicher Geschmack:
Musik ist etwas Kreatives. Wir erschaffen etwas. Dazu ist es wichtig, dass wir uns wohlfühlen. Dies gilt auch und gerade für das Aufnehmen, Schneiden, Mischen etc.. Es ist also sicherlich kein Nachteil, wenn die gewählte DAW uns alleine schon optisch gefällt. Ich tue mich schwer damit, ungehindert kreativ zu sein, wenn ich auf den Bildschirm starre und mir nur denke: "Gott, sieht das hässlich aus". Gleiches gilt für die Bedienung. Es ist lästig, wenn Du bei jedem Arbeitsschritt um drei Ecken denken musst. Da wir alle unterschiedlich ticken, kann hier nur der persönliche Geschmack entscheiden.
Bedürfnisse:
Ich habe letztes Jahr etwas mit Ableton Live herumgespielt und denke, dass es eine sehr spannende Angelegenheit ist, wenn man sich für die Loop-orientierte Arbeitsweise begeistern kann. Umgekehrt ist es vermutlich nicht die richtige Wahl, wenn es darum geht, eine Rockband aufzunehmen. Logic Pro X und Cubase sind sowohl im Audio als auch Midi-Bereich (bzw. virtuelle Instrumente) sehr gut ausgestattet. Es sind tolle "Rundumwerkzeuge". Wenn der Audio-Bereich für dich nicht so wichtig ist, spielt das aber keine Rolle...
Umfeld:
Ich denke, solange du alleine für Dich arbeitest, ist es ziemlich egal, was Du verwendest (die obigen Punkte mal ausgenommen). Schwieriger wird es, wenn Du mit anderen arbeitest. Ich kenne einen Mischer, dessen Kunden fast ausschließlich Cubase haben. Sie produzieren damit im Keller, Proberaum, Heimstudio... und schicken ihm ihre Produktionen zum Abmischen. Also arbeitet er auch mit Cubase. Einfach, weil es vieles erleichtert.
Ich habe jahrlelang ausschließlich Logic Pro X verwendet, bis meine Arbeit weitere Kreise gezogen hat. Und fast alle arbeiten mit Pro Tools. Am Ende habe ich es mir auch zugelegt, um kompatibel zu sein. Sicherlich kann man sagen: "Hey, exportiert die Aufnahmen einfach als Wave-Dateien, dann kann ich sie in Logic importieren". Leider bedeutet das aber auch, dass Du jemand bist, mit dem die Zusammenarbeit nicht so einfach ist. Wenn heute jemand sagt: "Ich schicke Dir die Pro Tools-Dateien" lautet meine Antwort: "Alles klar, ich freue mich darauf!" Es wird tatsächlich oft vorausgesetzt, dass Du das Ding hast. Wenn es also konkrete Pläne gibt, überregional (oder weltweit) als Mischer zu arbeiten, ist es bestimmt keine schlechte Idee, sich rechtzeitig Pro Tools zu besorgen und damit vertraut zu werden. Ansonsten spielt es aber keine Rolle...
Zum Schluss eine kleine Einschätzung:
Die "Schlachtrösser" heißen Pro Tools, Logic Pro X und Cubase. Hinzu kommen ähnliche Programme wie Reaper oder Studio One. Plus ein paar Spezialisten wie Ableton Love oder Harrison Mixbus. Bei den ersten drei DAWs ist immer zu hören, dass sie die "erste Wahl der Profis" sind. Dabei wird nur selten darüber gesprochen, dass es mehrere Arten von Profis gibt...
Pro Tools ist gerade in großen Studios, in denen viel mit Audio-Aufnahmen gearbeitet wird, eine Art "Industriestandard". Logic Pro X scheint "des Produzenten liebstes Kind" zu sein. Cubase habe ich oft bei Leuten gesehen, die komplett autark arbeiten. Also z.B. Komponisten, die ihre Musik komplett im Alleingang produzieren (oder sie nachher zum Mischen aus der Hand geben). Ich glaube, Hans Zimmer arbeitet auch mit Cubase (oder hat es früher getan. Ist schon eine Weile her, dass ich Fotos aus seinem Studio gesehen habe). Ebenso Songwriter, die zu Hause Demos ihrer Songs produzieren, um sie dann anzubieten. Ich glaube, Tangerine Dream haben auch mit Cubase gearbeitet.
Ungeachtet dieser Dinge: Wenn es um DEINE Musik geht, musst DU Dich mit der Software wohlfühlen. Was hilft es, wenn "alle Welt" mit Pro Tools arbeitet, und Dir jedes Mal der Blutdruck steigt, wenn Du versuchst, das Ding zu bedienen.
Viel Spaß und frohes kreatives Schaffen!