Die Seele der Niederrheiner
Hab da mal nen schönen Artikel gefunden. Und um irgendwelchen Plagiatsjägern Vorschub zu leisten, nein er ist ( leider ) nicht von mir, sondern wurde in der RP veröffentlicht und von D. Krings geschrieben. Hier also einige Auszüge. Hoffe euch gefällts.
Die Seele der Niederrheiner
Es geht um den Blick über ein weites Feld, die schwarze Erde grob gepflügt, hinten am Horizont ein lichtes Wäldchen. Es geht um die Kastanien, Pappeln, Weiden entlang der Landstraßen, in denen sich der Nebel morgens fängt. Es geht um das Gehöft aus rotem Backstein mit dem großen grünen Tor. Im Innenhof steht ein Trecker, ein Tigerkätzchen reibt sich das Fell am Profil der dreckverkrusteten Reifen, aus dem Stall ist das Klackern und Schmatzen der Melkmaschine zu hören.
Es geht um das Unscheinbare diese Szenerien, denn darin liegt das Geheimnis der niederrheinischen Seele. Sie lebt in der Weite der flachen Äcker, in der Schwere der feuchten Böden, in der Stille der Bäche, die so träge, träumend fließen, daß sich die Kopfweiden in der Oberfläche spiegeln können. Es geht um die ganze Unaufgeregtheit diese Bilder, um etwas Wahrhaftiges, das in der Einfachheit liegt.
Der Niederrhein ist nicht majestätisch, er schüchtert nicht ein. In dieser Landschaft steht der Mensch nicht im Schatten der Berge, verliert sich nicht in der Unendlichkeit des Meeres, der Mensch kommt vor in dieser Landschaft. Er kann ohne falschen Ehrgeiz wandern, sich auf s Fahrrad setzten, einfach losradeln über die Felder, die sanften Moränenhügel hinauf und wieder hinunter. Und wenn die Beine langsam schwer werden, dann hält der Niederrheiner an, kehrt ein in eines diese Bauernhofcafes, bestellt Riemchentort mit Sahne. Das schmeckt so schön schlicht nach Apfel und fetter Milch, macht den Gaumen samtig und zufrieden.
Es ist eine Gelassenheit im Leben am Niederrhein, die nichts Dumpfes hat sondern etwas Weises, Abgeklärtes. Wo Römerstädte zu besichtigen sind, an den Marktplätzen mittelalterliche Rathäuser stehn, in den Kirchen Schnitzaltäre aus dem 16. Jahrhundert aufgeklappt sind, Landstraßen an Preußensiedlungen vorbeiführen, wo sich die Geschichte also sichtbar abgelagert hat, da nimmt sich der einzelne nicht zu wichtig.
Mögen andere Regionen mit Skipisten, Kletterrouten, Wildwasserabenteuern locken. Dem Niederrheiner ist das wurscht, er versucht nicht aufzutrumpfen. Seine Idyllen sind alltäglich, urig, gewachsen. Er fühlt sich wohl darin, pflegt seinen Garten, hängt Blumenampeln auf und kann beim Familientreffen über das rechte Kraut für das schattige Ende des Grundstücks palavern. Und dann wird der Kaffee aufgesetzt, die sahne geschlagen und die Kinder dürfen so lange draußen spielen gehen.
Man kann am Niederrhein ohne Gipfelstürmerei die Blicke schweifen lassen bis zum nächsten Birkenhain, fühlen wie sich dann der Brustkorb weitet, weil es gut tut, manchmal den Kopf zu heben, aufzutauchen aus der alltäglich Enge.
Grenzgänger ist der Niederrheiner seit jeher. Darum ist er tolerant, großzügig, aufgeschlossen. Der Niederrheiner wird leicht verkannt, von denen die nicht zuhören, die nicht hinschauen können. Die sollen ruhig in den Alpen Urlaub machen. Gefällt dem Niederrheiner auch, doch dann ist er froh, wenn er wieder in einer der Kastanienalleen einbiegen, den Blick über schwarze Felder schweifen lassen kann. Heimat – vielleicht klingt das Wort nirgends so unschuldig wie am Niederrhein.
Gruß Bruno