Meine Eltern waren sehr eifrige Theatergänger - Schauspiel aber auch Oper und Operette - und nahmen mich, sobald sie glaubten, dass ich reif genug dafür wäre, öfters mit.
So war ich mit 8 Jahren erstmals mit ihnen in einer Oper "Figaros Hochzeit" - damals in München noch deutsch gesungen - ich war sehr interessiert und angetan, aber noch nicht so begeistert wie vom Schauspiel (hierhin wurde ich schon als Dreijährige mitgenommen).
Das änderte sich schlagartig, als ich mit 11 Jahren mit meinen Eltern das erste Mal in Rossinis "Der Barbier von Sevilla" (immer noch deutsch gesungen) im Münchner Cuvilliéstheater war. - Es war die legendäre Aufführung unter Joseph Keilberth, Regie Günther Renner, mit Hermann Prey in der Titelrolle, Fritz Wunderlich als Graf Almaviva, Erika Köth als Rosina, Max Proebstl als Bartolo und Hans Hotter als Basilio. Einerseits elektrisierte mich die unbeschreiblich schöne Musik und die Komik der Handlung und andererseits verknallte ich mich in Hermann Prey, dessen Timbre ich noch heute sehr liebe. Von Stund an wollte ich in jede Oper in der Prey sang; und da ich bis dato vor allem für Schlagersänger geschwärmt hatte, meinten meine Eltern diese Schwärmerei sei (auch für meine Allgemeinbildung) Stützens wert und nahmen mich öfter als zuvor mit oder ließen mich auf billigen Rang-oder Stehplätzen auch immer wieder alleine hin ...
Dazu begann ich immer mehr Bücher zur Operngeschichte und Komponisten- Dirigenten- oder Sängerbiografien und Memoiren zu lesen ...
Meine Begeisterung für Prey blieb mir lebenslänglich, sprang aber bald auch noch auf andere Sänger über ... Aber vor allem wurde ich so nach und nach zu einer begeisterten Opernliebhaberin und - nicht nur durch den prägenden Eindruck des Barbiere zu einer bekennenden Rossini-Anhängerin - wozu ich auch sehr bald meinen Vater bekehrte. Gemeinsam sahen wir uns viele seiner Opern - auch in Pesaro - an und waren uns einig, dass dieser Komponist - zumindest im deutschsprachigen Raum - viel zu sehr unterschätzt wird ...
Meine Mutter hingegen war eher Wagner Anhängerin, doch zu diesem Komponisten konnte ich nie den 100% Zugang finden. Wahrscheinlich auch, weil er mir bei der Lektüre der oben erwähnten Bücher immer unsympathischer geworden war. - Und ich kann und will da nicht trennen.
Hermann Prey singt als Figaro Largo Al Factotum (in deutsch) in der Münchner Aufführung (Premiere und Fernsehaufzeichnung 1959)