Hallo ihr Lieben,
Ich bin bisexuell und weiß das eigentlich schon seit meiner Kindheit, auch wenn es mir nicht immer ganz bewusst war. Für mich haben Monosexualitäten intuitiv nie Sinn gemacht. Warum sollte man denn nur entweder Männer oder Frauen mögen?
Doch Alternativen gab es offenbar nicht. Das erste Mal mit dem Thema Bisexualität in Kontakt gekommen bin ich im Grundschulalter, als ich über das alte Griechenland gelesen habe. Für mich war das eine Offenbarung, so sehr, dass ich insgeheim überzeugt war, alle Menschen wären von Natur aus Bi, mit Abstufungen, und die "bösen Religionen" hätten uns eingeredet, man darf nur Hetero sein. In Wahrheit hat das Konzept schon damals mich tief angesprochen und seither fasziniert. Jedes Fitzelchen einer Andeutung von Bisexualität in den Medien habe ich verschlungen, immer wieder gelesen oder zurückgespult.
Den Begriff Bisexualität habe ich aber erst mit 11/12 zum ersten Mal gehört. Nachdem ich schon einige Celebrity crushes von weiblich, androgyn bis männlich hatte (und Keira Knightley und Orlando Bloom in PoC gleichzeitig, natürlich), hatte ich endlich einen Namen für das Phänomen. Und noch immer hatte ich das Gefühl, nicht "bi genug" zu sein, um mich so nennen zu dürfen, weil ich im realen Leben lange keine Frauen/Mädchen traf, die ich anziehend fand. Als Teenager habe ich mich mit den Labeln beschäftigt, was damals sehr üblich war, in Online-Foren und auch auf Jugendtreffs und Hausparties gab es die volle Breitseite an Diskurs und Vorurteilen, wer sich wie zu bezeichnen hat und darf. Bisexuelle seien gierig, promiskuitiv und untreu, Pansexuelle denken sie wären was Besseres, Goldstar-Lesben sollten Bisexuelle Frauen nicht mit der Kneifzange anfassen usw.
Im Endeffekt habe ich damals die Hetero "Allies" in unseren Jugendstrukturen als wesentlich aufgeschlossener und toleranter erlebt als die LGBTQ-Jugend, weshalb ich damals nach einigen Anschlussversuchen dachte, macht euren Scheiß doch allein, ich bin wie ich bin und das hat sonst keiner zu entscheiden.
Erst im Studium habe ich Gleichgesinnte und vor allem viele Bisexuelle kennen gelernt, die meine Erfahrungen und Einstellungen teilen und verstehen und bin so auch mit der Kink- und sexpositive Community in Kontakt gekommen.
Heute bin ich sehr gefestigt in meiner bisexuellen Identität und höre gern, wie andere ihre eigene Sexualität erleben, was es da an Vielfalt und Zwischentönen gibt und an persönlichen Definitionen. Das finde ich an dieser Gruppe besonders spannend!