Wir haben in unserer langjährigen Beziehung viele Höhen und Tiefen durchgemacht. Nach einer weiteren Talfahrt (für die nicht nur Asexualität verantwortlich war) scheint es nun wieder bergauf zu gehen.
Was mir über die Jahre zunehmend bewusster geworden ist, ist das Verständnis dafür, dass meine Partnerin und ich (oder vielleicht auch sehr viele Frauen und Männer im allgemeinen) grundlegend verschieden ticken. Ich baue Stress und auch Streitigkeiten durch Körperlichkeit und Sex ab, will nahezu immer und habe häufig morgens Lust. Meine Partnerin muss idealerweise absolut stressfrei sein und sich emotional wohl fühlen, um überhaupt für Irgendetwas in der Richtung empfänglich zu sein (nein, keinen Sex), darüber hinaus ist sie ein ausgesprochener Morgenmuffel. Bin ich frustriert, bin ich gereizt und pampig und gehe deshalb auf Distanz (aus Angst es schlimmer zu machen). Nicht selten wünscht sie sich in solchen Momenten jedoch Aussprache, Harmonie und Nähe.
Best Practice bei uns sind Workarounds, die jedoch nur für die wenigsten hier funktionieren dürften. Ehrlich gesagt habe ich das Thema Sex im klassischen Sinne weitestgehend aufgegeben. Ich bin, und das merke ich immer wieder, totaler Kinkster und BDSMler (devot, maso). Meine Partnerin ist... absolut wundervoll (allerdings nicht dominant, nicht sadistisch, ohne sexuelles Verlangen und ohne jegliche Kinks). Gemeinsam versuchen wir meine Fantasien und Sehnsüchte umzusetzen. Die letzen Wochen waren geprägt durch viele gute Gespräche. Wir werden immer offener zueinander und unsere Kommunikation ist aktuell besser als je zuvor. Letztes Wochenende hatten wir eine wunderschönes, romantisches Wellness-Wochenende im Hotel, einschließlich einer großartigen BDSM-Session (die erste seit einem Jahr). Ich habe den kompletten Tag lang vor Freude gestrahlt. Sie sagt es mache sie glücklich, mich so glücklich zu sehen.
Wir waren schon einmal an dem Punkt, dann sind traurige Dinge passiert und das Ganze ist wieder im Sande verlaufen. Es kann wieder passieren, doch momentan bin ich wieder sehr hoffnungsvoll. Wir wissen, dass es ernst ist. Absolut wichtig ist Langsamkeit, ich darf sie nicht überfordern, sie hat genug um die Ohren. Das Pensum ist niedrig, auch wenn Sturm und Drang meinerseits keine Grenzen kennen. Wir versuchen einen neuen, zärtlicheren, offeneren Umgang miteinander zu lernen.
Wie geschrieben dürfte dieser Plan B für die wenigsten hier funktionieren und unser Workaround ist keine Optimallösung. Ich habe immer mal wieder Lust auf klassischen Sex (es wird weniger). Doch Kink und BDSM sind mir inzwischen wichtiger und ich werde mir zunehmend bewusst, wie glücklich und positiv sich das was wir stattdessen haben, entwickeln könnte, wenn wir es nicht vermasseln. Einen Partner zu haben, der einen über alles liebt, der viele weitere Hobbies, Vorlieben und Ansichten mit einem teilt, mit dem man zwar keinen Sex im klassischen Sinn hat, der dafür aber extrem intimen und speziellen BDSM mit einem macht (und für den das zwar ungewohnt, aber ok ist), fühlt sich - trotz allem - großartig an. Mindestens wie eine 7 mit deutlich Luft nach oben. Tatsächlich bin ich aktuell trauriger darüber, dass sie nicht weiß, wie schön Sexualität sein kann und dass ihr sämtliche meiner vielen Kinks so gar nichts geben, als dass wir keinen Sex haben.
@*****e84: Deine Anmerkung bezüglich der Verstärkung deiner weiblicher Seite finde ich interessant. Auch meine Sexualität hat sich über die Jahre verändert und angepasst. So wie es aussieht versuche ich kreativ mit der negativen Situation umzugehen, sie in etwas Positives zu verwandeln, ein Bild zu schaffen, in das alles irgendwie passt (und das Bild gefällt mir zunehmend gut). Man könnte es als eine Art "Evolution" bezeichnen, die mir hilft zu überleben und nach vorne zu blicken. Dazu gehören etwa auch Spielarten wie SPH und Feminisierung und ja, ich bekomme gute Laune davon. Zur Umsetzung ist es noch ein weiter Weg, doch die Idee von Strapon-Sex mit meiner Partnerin ist fester Bestandteil meiner Tagträumereien geworden (sie stellt sich das noch schwer vor, aber wir reden darüber). Und meine Garderobe ist deutlich gewachsen ;).