Ich bin diplomierte Kinderkrankenschwester
und arbeite in einem privaten Wohnhaus, in dem wir, in einem interdisziplinären Team aus Pflegefachkräften und Pädagogen, in zwei Wohngruppen, selbständige und basale Bewohner mit schweren psychiatrischen Krankheitsbildern und geistiger Behinderung, rund um die Uhr, betreuen und begleiten. In diesem Haus arbeite ich nun seit Juni 2011. Es ist meine beste Arbeitsstelle die ich bisher hatte. Wir arbeiten nach einem menschlichen Konzept, indem der Bewohner selbstbestimmt leben darf, mit entscheidet soferne noch möglich, human leben darf, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen. Bei uns hört die Pflege nicht bei satt, sauber und sicher auf, sondern bei zufrieden, glücklich und selbstbestimmend. Unsere Bewohner arbeiten nach ihren individuellen Möglichkeiten im Haus mit, es ist ihr Zuhause. Bei uns wird auch niemand ins Bett gepflegt, inkontinent oder imobil gemacht!!! Es gibt bei uns keine WC Stühle, Vorlagen nur in Ausnahmefällen. Wir kochen mit den Bewohner gemeinsam, spazieren mehrmals täglich in individueller 1:1 Betreuung mit den Bewohnern, fahren täglich mit unserem großen Auto am Nachmittag in den Wald zum Spazieren, Eis essen oder einkaufen, lassen die Bewohner spüren, dass sie "leben"!! Je nach finanzieller Möglichkeit fährt jeder Bewohner mind. einmal pro Jahr mit einem Betreuer in Urlaub. Sämtliche Therapien werden im Haus durchgeführt, zum Schwimmen fahren wir im Winter in ein öffentliches Schwimmbad und im Sommer an einen See. Und da gäbe es noch vieles was ich aufzählen könnte, dies würde jedoch den Rahmen hier sprengen.
Wir als Team arbeiten in unserer Alltagskleidung, völlig distanzlos mit unserem Klientel. Ein "Persie" gibt es nicht, wir sprechen uns alle mit "Du"an und beim Vornamen, auch den obersten Chef. Der Umgang untereinander, sowohl zu Klienten als auch zu anderen Mitarbeitern ist persönlich, jedoch respektvoll.
Finanziert wird unser Modell zum Teil vom Staat, zum Teil von Spenden und der Rest wird von den Bewohnern selbst getragen. Unser Personalschlüssel ist sehr gut, wir sind immer ausreichend besetzt. Jeder von uns im Team hat eine ganz besondere Bindung zu den Bewohnern, welche jedem von uns sehr ans Herz gewachsen sind. Die Bewohner suchen auch immer wieder unsere Nähe und freuen sich uns zu sehen. Wir betreiben einen intensiven Austausch untereinander, haben jeden Tag Möglichkeit uns über Klienten und deren Probleme zu unterhalten, haben monatlich unsere Teambesprechungen und Supervisionen. Für persönliche Probleme gibt es bei unserer Chefin immer ein offenes Ohr.
Unsere Bewohner kommen zum Großteil aus der ehemalig geschlossenen Psychiatrie und zum Teil aus der Forensik. Derzeit ist unsere jüngste Bewohnerin 18, der Älteste 75. Bis zu ihrem Tod, verbleiben sie in unserem Haus, ihrem Zuhause. Niemand muss bei uns im Krankenhaus versterben. Wir begleiten bis zum Tod, lassen uns bei Bedarf vom Hospiz helfen.
Ich habe zuvor in der Hauskrankenpflege gearbeitet und auf einer neonatologischen Station, wie eine Maschine, wobei die Dokumentation und die Abschirmung nach außen wichtiger war, als der Kranke und Bedürftige selbst!!! Einzig was zählte, war das Bild nach Außen zu bewahren. Der Personalschlüssel war immer knapp bemessen, es galt das satt-sauber-sicher Prinzip und wie es mit der eigenen Psychohygiene ausschaute, interessierte niemanden. Einem Burnout nahe habe ich gott sei dank für mich einen besseren Weg gefunden und ich wünschte mir, dass es noch mehr Häuser und Einrichtungen wie unsere gäbe, zum Wohle der hilfsbedürftigen Menschen.
Lieben Gruß aus Tirol von Patricia.