Es ist von Vorteil, dass die Eingangsfrage nicht lautete, wie die Zukunft voraussichtlich sein wird, sondern wie wir sie uns wünschen. Das erspart viele finstere Gedanken, die sich notwendig über jedem Denkenden zusammenbrauen, wenn er die gegenwärtigen Verhältnisse und ihre Entwicklung nur ein wenig über den Ereignishorizont hinaus zu projizieren wagt.
Besagte Verhältnisse sind dermaßen unterhalb des Niveaus einer Gattung, die sich als vernunftfähig beschreiben ließe, dass es sich zutiefst beschädigend auf das Potential jedes Zeitgenossen auswirken muss, eine integre Aussage über die wünschenswerte Gestalt der Zukunft zu machen. Noch die lauterste und freundlichste Vision wird unweigerlich mit den Ideologien, Ressentiments und Wahnsystemen infiziert sein, die den Heutigen erst das schiere Funktionieren in diesen absurden und menschenfeindlichen Zuständen ermöglichen. Nur als kleines Beispiel sei das Lob der Tauschsysteme hier im Thread angeführt, die sich als relativ nette, tatsächlich gut gemeinte, graswurzelartige Initiativen zu etablieren suchen, doch bereits im theoretischen Apparat das sehr brisante, um nicht zu sagen abgründige Gift der "antikapitalistischen" Zinskritik transportieren.
Wenn überhaupt, ließe sich vielleicht eine Verständigung darüber anstreben, wie die Zukunft
nicht werden sollte. Eine Utopie, die nicht sogleich mit den noch kommenden Blutbädern schwanger gehen will, muss in Anwandlung ans jüdische Bilderverbot durch strikte Negativität geschützt werden, muss dem planenden Ausmalen des Schlaraffenlandes entsagen, um nicht die nächste Hölle auf Erden zu verschulden.
Karl Marx beschrieb einmal die Revolutionen als Lokomotiven der Geschichte, als Beschleuniger gesellschaftlicher Entwicklungen, und er affirmierte als echtes Kind des XIX. Jahrhunderts ihre gewalttätige und alles erneuernde Wucht, voller (letztlich urbürgerlichen) Vertrauens in den unaufhaltsamen Fortschritt. Diese Haltung verliert historisch spätestens mit der Wannseekonferenz ihre Berechtigung, und die heutige Anwendung der Lokomotivenmetapher würde eher dahingehend lauten müssen, dass es erst einmal darauf ankäme, den verdammten Zug anzuhalten.