Letztendlich haben wir eine Beziehung zu einem anderen und nicht mit
einem anderen.
(Eingangsposting)
Nicht "nicht", die Grammatik schließt nicht aus, definiert nur eine Achse. Aber die Wendung "zu" ergibt sich aus der grundsätzlichen Dynamik des Ziehens, des Zuges. Man macht Spielzüge, auf dem Wir-Brett, und geht meistens davon aus, dass der Andere das selbe Spiel kennt und spielt.
Überhaupt erliegen wir alle dem "man", dem Universal-Claim der Sozialisierung. Daher sind Überzeugungen, wie sie hier genannt werden, nicht etwa Sachverhalte, die Über-Zeugen postulieren, sondern diejenigen, die einen sozialisierten. Also Familie, Peers und sogenannte Experten, also die Erfahrenen. Aber die Erfahrenen werden zu Beginn (des Lebens, der Gedankenbau-Werdung) nicht geprüft auf ihre Über-Zeugschaft, sondern sie werden kraft anderer Parameter ins Glauben "eingepflegt" ... (Einpflegen ist so ein lustiges Wort!). M a n sammelt die Daten, mit denen m a n später Sachverhalte deutet bei zufälligen Gelegenheiten, etwa im Modus der beiläufigen Beratung. Ein Beispiel: das junge Mädchen erfährt von der Tante / Mutter der Freundin / der Autorin des Lieblingsromans / [...],
dass "man" in "so einer Situation" das und jenes zu denken habe: "Na, das gehört sich doch nicht ..., da hätte er Ihnen doch beistehen müssen ..., das macht doch die Beziehung aus ..., nein, das dürfen Sie sich nicht gefallen lassen ..., das ist nicht okay ..." usw, usf.
Da hat m a n als f r a u meiner Altersgruppe (jetzt) bis zum zwanzigsten Lenz etwa, bereits ein stattlich Arsenal an solchen Glaubenssätzen (ich nenne Überzeugungen lieber so), da hat man ein Credo. Und dieses Credo bewirkt und wirkt, verstrickt und verknotet, und die Aufgabe, es beständig zu überprüfen, also Zeugnis abzulegen, sich zu überzeugen, wird einem ja nicht unbedingt zwingend mitgeliefert. Also werden im Prozess, in den Be-Zügen der folgenden Jahre einige Männer aufgerieben (Ratgeber konsultiert, Psychoheinis bezahlt ...), bis mit etwas Glück und guter Führung die Substanz dieser Glaubenssätze soweit aufgeweicht ist, dass sie zu höherer Mathematik taugt. Und leider ist "Minus mal Minus ergibt Plus" keine höhere Mathematik, es ist nur ein weiterer Satz, dessen Gültigkeit und Adäquatheit noch zu bezeugen ansteht.
Wir, "man" geht ins "Schlachtfeld der Liebe", wie ich immer wieder lese, ziemlich unbedarft. Oder bedürftig, nach echtem Bedarf, nach echtem Bedürfnis Ausschau haltend. Die meisten unserer Wir-Spielzüge sind leere Formeln. Ich kenne Leute, die behelfen sich mit den m a n -Zahnstochern als Krücken über die vermintesten Felder. Weil sie nur die haben, weil sie kaum darauf aufmerksam gemacht wurden, dass sie sie gar nicht brauchten, sähen sie zuerst sich, und dann den Anderen. Beziehung also
kann, soll sie halbwegs eine Chance auf Substanz und Transport mittels Züge dieser Substanz haben, bei m i r beginnen. Von wo aus ziehe ich was wohin und wofür? Und warum (sofern das Budget für eine Tiefen-Analyse reicht).
Das w i r ist ein Konstrukt. In den meisten Fällen, und viele davon sind solche von Anwaltskanzleien. Stelle ich im Nachhinein fest, dass mein Gegenüber ein a n d e r e s Spiel spielte als ich, kann ich ihn anklagen. De facto müsste ich mich selbst anklagen, nicht nach der Über-Zeugenschaft gefragt zu haben.
Im Idealfall ist jedes neue "Wir" ein Neubeginn der Verrechnungen. Mit offenem Ergebnis, mit eyes wide open.
Dass wir so oft im "wir" schlittern, verdankt sich dem fundamentalen Sog, Zug, den Einbahn-Denken und sonstige Pret-à-porter- An-Züge auf uns ausüben: wir wären halt gerne Norm. Die Norm ist bestärkend und rückversichernd. Und unser aller Ego-Brunnen zum Absaufen in die Grundwasser der Sozietät.