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Gibt es Menschenwürde überhaupt?

**********henke Mann
9.667 Beiträge
Tante Wiki sagt:
Würde (von althochdeutsch wirdî; mittelhochdeutsch wirde) ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem Wort „Wert“ und bezeichnete anfänglich den Rang, die Ehre, das Verdienst oder das Ansehen einer einzelnen Person.

Ein jeder hat seinen Wert - die Frage ist für mich nur, wie dieser jeder seinen Wert durchsetzen, "in Wert setzen kann".

Die Menschenwürde eines Drohnenfernsteuerers ist gewiss einfacher durchzusetzen als die Würde eine an Hunger sterbenden Kindes.
Würde und Ehre sind gewissermaßen gleichbedeutend, nur daß deren Verletzung unterschiedlich sanktioniert wird.
**e Mann
2.564 Beiträge
Das unsere Begriffe von uns, und nicht vom lieben Gott oder dem Hamster gemacht sind, besagt nur, dass sie von uns, und nicht vom lieben Gott oder vom Hamster gemacht wurden.
Zudem ist jeder Begriff ein "abstrakter" Begriff !!!!
:-)))

Dann ist das ja schon mal richtig, was ich schrieb.

Die würde hat rein gar nichts mit ethischen Gründen zu tun

Die Diskussion um die Würde des Menschen hat wohl doch ganz entfernt was mit Ethik und vor allem, auf was sie gründet, zu tun. Menschenwürde ist ein Zentralbegriff der Ethik und des Rechts.

... für einen Nazi ist das gar nicht gut, für einen Isiskämpfer auch nicht. Für einen christlichen Fundamentalisten auch nicht. Für einen Kommunisten auch nicht ....

Die allgemeine Anerkennung moralischer Prinzipien als das Gute für den Menschen ist zum Glück auch nicht auf dem Mist militanter Spinner gewachsen, sondern wird von der Mehrheit getragen.

Zur Ehre: da sehe ich doch große Unterschiede.

Ehre kann man jemandem angedeihen lassen. Ehre kann man sich erwerben, verdienen. Natürlich kann man auch jemanden würdigen. Das ist aber dann eine andere Würde als die, die einem von Geburt an durch die Menschenwürde zugesprochen wird.

Zur Menschenwürde in Deutschland ist die Objektformel, die auf Kant zurück geht, interessant:

http://de.wikipedia.org/wiki/Objektformel
Fragen an einen TE
Nehmen wir an ich bezeichne dich als Arsch. Würdest du dich nicht in deiner Würde herabgesetzt fühlen?

Stelle dir vor, du wist (von einem 'Menschen') in einem nassen Kerkerloch bei -22 Grad ohne etwas zwischen deine Lippen zu kriegen (außer vielleicht Ratten) an rostige Ketten fixiert, käme dir das nicht anders vor - nämlich unter deiner Würde - , als in einem Schloss ein rauschendes Fest mit einer festlichen Tafel und schönen Frau statt Ratten zu feiern?

Ich sehe hier nur den Blickwinkel der Würde - ich hoffe du verstehst... Du würdest dann dort von der Königin zum Ritter geschlagen und dann in Amt und Würden versetzt, wo auch immer. Wäre das nicht ein Akt voller Würde?

Spürst du eine Evidenz von Würde? Hast du Erfahrung von Würde? Wenn nicht, dann kannst du weder die Frage praktisch stellen, noch Antworten darauf verstehen.

Letzte Frage: Was verstehst du hier unter einem Beweis? Du kennst sicher die Beweise der Mathematik, die meine ich aber nicht.
ich würde nicht fragen,
ob es sie an sich gibt. sie ist ein abstrakter begriff. ich würde fragen, warum es sie geben muss, wobei dann der antworten so viele (mir ein-)fallen, dass man sie fast nicht mehr geben muss. aber darf und soll. und zwar möglicherweise öfter und auch sich selbst und auch außerhalb von foren.
aber innerhalb der gemeinschaften. denn, wäre ich allein im wald, wie in "cast away" verschollen und inmitten der natur, würde die würde obsolet werden. oder eben universal, je nach gesichtspunkt. sie ist relational, aber nicht relativ. notwendend, wo sie hinreichen muss. sie macht gemeinschaft überhaupt erst erträglich, in relation zu bestimmten gegebenheiten. etwa der unsrigen ersteklasse verfassungsgeschützten welt. in einer gemeinschaft von kannibalen kann sie anders ausfallen, ich kenne mich da nicht so aus. ob es da eine würdevollere verspeisung der nichte als die des onkels gibt.
also ist würde eine geschichtliche variable. ein fortschritt, seit wir wissen, dass brothungrige nicht mit kuchen verspeist werden können und man nur noch zigarren guillottiniert.
aber ein fragiles unterfangen, nicht wahr? als mir neulich einer vortrug, er habe sich über die wendung "unwürdige verhältnisse" bezüglich der unterbringung der flüchtlinge in zelten empört, wo, zitat: > die doch daheim ja auch nicht anders hausen <, da blieb mir der mund offen. würde kann gar nicht gesättigt genug am hunger entlangdefiniert werden. würde ich wollen, dass ich ...

so denke ich, soll würde im meer der möglichkeiten ufer definiert bekommen, muss ich sie in relation zu mir sehen. mich selbst muss ich anerkennen und erkennen, eh ich anderes erkennen oder verorten kann.
na, das hat aber wirklich schon mal einer geschrieben!

in "cast away" bekommt ein ausrangierter sportball humane gesichtszüge aufgemalt. weil er zu einem dialogpartner wird und somit symbolisch vergemeinschaftet wird. nun hat der ball, so sehe ich das, würde. er würde sprechen, wenn er könnte.
**e Mann
2.564 Beiträge
Danke, MaerzMond!

mich selbst muss ich anerkennen und erkennen, eh ich anderes erkennen oder verorten kann.

Ich kann das nur, wenn ich mit dem Anderen einen Umgang gefunden habe. Verstanden habe, dass der Andere genau mich ausmacht, so wie ich ihn.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Danke MaerzMond.
*hehe
*********sy_nw Frau
36 Beiträge
Meine persönliche Ansicht, die keinen Anspruch auf Wahrhaftigkeit erhebt:

Egal, wie ich es drehe und wende...drehe und wende....drehe und wende

Jede Theorie ist vom Menschen gemacht.
Nur der Verstand bringt Würde ins Spiel.
Das Wesen, hier der Würde, wird sich nie per se zeigen.
Dieser Begriff, wie jeder, kann nicht im Sinne einer Entität im menschlichen Dasein dienen bzw. gedeutet werden. Das muss ich aushalten.

"Ich weiß, dass ich nichts weiß."...............Aber es macht Spass, sich damit zu beschäftigen *nachdenk* und die Fragezeichen müssen handhabbar gemacht werden.

So drehe und wende ich noch heute...

In diesem Sinne für Euch alle einen "würdevollen" Tag *wolke7*
Guten Morgen zusammen,

ich glaube dieses Argument, das ich vorgebracht habe, zielt auf die gesamtgesellschaftliche Vorstellung von Würde ab, d.h. es wird gefragt, was die Gesellschaft unter Menschenwürde versteht.
Und dann wird im zweiten Schritt erklärt (und zwar ohne Verwendung von Wert oder ähnlichem), dass dieser Begriff von Menschenwürde, so wie ihn die Gesellschaft verwendet, zwei Aspekte enthält, die beide notwendigerweise enthalten sein müssten, aber nicht gleichzeitig existieren können.
Mit dem Begriff " etwas ist unter meiner Würde" tue ich mich schwer.
Mir geht es darum zu fragen, ob Menschenwürde unabhängig von einem persönlichen Gefühl existiert. Würde kann kein Gefühl sein. Das würde ja bedeuten, dass ich die Würde nicht verletzen könnte, wenn jemand dieses Gefühl seiner eigenen Würde nicht hat, oder?
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Theoretisch philosophisch ist die Entität eines Begriffs abstrakt.
In Wirklichkeit ist es aber so, daß der Mensch jeden Begriff mit einem Gefühl verbindet.
Im Wort Begriff wird dies auch nahegelegt, um etwas begreifen zu können, muss ich es auch zugleich fühlen.
Die Frage lautete: Ist meine Würde meine emotionale Einstellung zu mir oder eine Eigenschaft, die mir objektiv zugeschrieben werden kann?
Gefühlsregelung
Ich stimme @uncle_H zu, dass die Würde des Menschen ein Gefühl ist (Emotion). Sie gehören zum Wesen des Menschen (Anthropologie). Menschen haben Gefühle. Wir können sie erfahren (Gefühle). Erfahrung ist objektiv (subjektiv ist die individuelle Form der Erfahrung z.B. es gibt Menschen, die fühlen sich in ihrer Würde durch eine Schimpfwort nur gering verletzt, andere stark). Wir (hier) sind Menschen.

Wer das Wort 'Menschenwürde' schreibt (ausspricht) ohne eine Erfahrung davon zu haben, benennt in der Tat eine nur gedachte ('theoretische') Entität. Allerdings wäre er damit auch per Definition kein Mensch. Ein Mensch ist durch seine Gefühle definiert (wenngleich er über noch mehr Eigenschaften bzw. Merkmale verfügt).

Als Beleg gibt es dafür eine philosophisches Experiment. Ein Mitglied möge mir erlauben ihn in seiner Würde herabzusetzen, indem ich ihn (gröblichst...) beschimpfe (beleidige). Wenn er dabei nicht die Verletzung seiner Würde fühlt, gibt es diese nicht in seiner Erfahrung und er ist damit kein Mensch. Damit wäre es nach den Regeln der Gesellschaft (Gesetze) für ihn auch keine Beleidigung. Denn diese beziehen sich hier auf Menschen und ihre Gefühle.
Menschenwürde
Hallo miteinander,

ich gehe mal die Posts durch und hoffe es kommt etwas lesbares dabei heraus:

Vorneweg würde ich vorschlagen die Historie des Begriffes zu beachten, da dies in diesem Fall recht erhellend ist. Die Vorstellung einer gleichen basalen Würde speist sich historisch aus zwei Quellen:

1) die biologisch-schöpferische Seite, die Menschen als eine Gattung ausmacht, die sich signifikant von anderen abgrenzt (Tiere, Pflanzen)

2) die Aufgabe von Standes- oder Kastendenken, die tatsächlich unterschiedliche Ehrebegriffe kannte und die eben keine Gleichheit in der Würde vorsah.

@**o
Entweder wir akzeptieren also , dass manche Menschen keine Würde haben oder das selbst die Ameise, die wir am Frühstücksbuffet platt drücken, Würde besitzt.

Da machst du einen Wahl auf, die nicht notwendigerweise so ist. Du kannst der Ameise eine eigene Würde zuerkennen, z.B. eine Ameisenwürde und dennoch eine Menschenwürde aufrechterhalten.
Du kannst auch eine basale Würde für alle Lebewesen nehmen und sie dann für Menschen differenzieren. In diesem Fall hättest du nicht die Binarität Würde-nicht Würde, sondern ein Spektrum. Hans Jonas hat z.B. vorgeschlagen als verbindenden Grundsatz lebender Wesen das "Überlebenwollen" zu sehen. Von der Amöbe bis zum Menschen gibt es in der Regel den Willen weiterzuexistieren. Wenn jedoch dieser Wille existiert, braucht es Gründe diesen Willen zu negieren. Diese Notwendigkeit, dieser Anspruch, den das Überlebenwollen des Anderen an mich stellt, ist dann der Ausgangspunkt für Würde.

Das ist keine Menschenwürde, aber es ist ein erster Hinweis, wie eine solche Menschenwürde aussehen könnte. Sie ist nicht gegen Tiere gerichtet, sondern eher eine spezifischere Form einer grundlegenderen Würde. Auf diesem Weg ergibt sich die spezielle menschliche Würde aus einem speziell menschlichen Bedürfnis.
Du hast jedoch recht, dass die Würdediskussion anthropozentrisch ist und in den meisten Fällen Tiere schlicht vergessen werden. (Kant z.B. hat sie gar nicht im Blick)

Ich weiss leider nicht, wie deine Einstellung zu meinem Argument lautet, aber jemand hat doch nicht ein Recht auf etwas nur weil er potenziell zu einem Wesen werden kann, das dieses Recht auf etwas hat.

Diese Aussage halte ich erst einmal für begründungswürdig und recht schwammig formuliert. Recht auf etwas haben ist eine poliitische Frage, weil Rechte und Pflichten von einer Gemeinschaft festgelegt werden. (Bundeskanzler sein ist daher das falsche Beispiel, weil das Amt keine moralischen Vorrechte gewährt.) Ich denke du meinst einen "moralisch begründbaren Anspruch auf etwas haben". Hier sehe ich jedoch nicht, nach welchem Argument du zwingend eine Gegenwartsmoral befolgen musst, die kein bisschen vorausschauen kann?
Wieso ist ein Potenzial nicht schutzwürdig? Weshalb sind noch nicht einmal gezeugte Menschen moralisch nichts wert, obwohl wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen müssen, dass z.B. in 100 Jahren Menschen leben werden, die ähnliche basale Ansprüche haben werden, wie wir heute?
Es ist gerade ein Kennzeichen von Moral diejenigen in ein allgemeines Prinzip einzuschließen, die nicht im eigenen Nahbereich existieren und die ich daher nicht individuell oder als mir präsente Gruppe speziell behandeln kann. Da ist es zweitrangig ob sie räumlich oder zeitlich von mir absolut getrennt sind.

Wenn ich also eine basale Würde für alle Menschen sehe, dann gilt es auch für künftige Generationen. Hans Jonas hat im "Prinzip Verantwortung" daher vorgeschlagen den kategorischen Imperativ zu erweitern:
„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

(Das baut natürlich auf die Vorüberlegungen des Kat.Imp. von Kant auf, die ich hier nicht referieren kann.)
Du misst doch einer Kastanie nicht den gleichen Wert zu wie dem aus ihrer hervorgehenden Baum, oder? Warum sollte ich also einem Embryo den gleichen Wert zu messen wie dem aus ihm hervorgehenden Menschen?

Analogien sind immer gefährlich, insbesondere zu Pflanzen, da Pflanzen von den meisten Menschen wie Dinge behandelt werden. Darüber hinaus geht es in dieser Diskussion nicht darum ob ein Baby und ein Mensch den gleichen Wert haben, sondern ob es zwischen dem Wert eines Menschen und dem eines Babys eine Schnittmenge gibt, die dann Menschenwürde heißt.
Die richtige Frage wäre also: Warum sollte ich einem Embryo irgendeinen Wert zumessen, den ich einem Menschen zumessse? Den schließlich müsste ja eine Gemeinsamkeit existieren, auf die die Wertzuschreibung aufbaut.
Oben habe ich die Antwort gegeben: Erstens gehören beide der menschlichen Art an, zweitens verbindet beide der Überlebenswille, drittens ist es sehr wohl ein moralischer Anspruch die Zukunft dieses Menschen, sein Anrecht auf Entwicklung z.B. mit einzubeziehen.
Kann ein Ding durch einen Vorgang definiert werden? Klingt komisch.

Eigentlich wäre doch das Gegenteil viel komischer. Das wäre wenn ein Ding durch sein Sein definiert werden würde. Denn dazu müsste ein bestimmtes Sein in dem Ding existieren, was sich der Beobachterin durch die Beobachtung erschließt. D.h. Kinder müssten überhaupt keine Bezeichnungen gelernt werden, weil sie z.B. durch die Beobachtung eines Löffels erkennen könnten: "Löffel!" (und auch alle Wörter, die in allen Sprachen für Löffel benutzt werden). Dinge werden durch Vorgänge bezeichnet und du lernst die jeweilige Bezeichnung und die dazugehörigen Bedeutungen und Bezüge.

Doch diese Diskussion führt uns weg von dem Thema "Menschenwürde".

Für Kant gilt eine klare Trennung von "vernunftbegabten Wesen" und dem Rest und die heutigen Verfassungen und Gesellschaften sind noch sehr stark geprägt von der Abgrenzung Mensch-Nichtmensch. Das ist dem damaligen Stand der Wissenschaft geschuldet und ziemlich Vernunftlastig:
"Der Grund dieses Prinzips ist: die vernünftige Natur existiert als Zweck an sich selbst. So stellt sich notwendig der Mensch sein eigenes Dasein vor; sofern ist es also ein subjektives Prinzip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere vernünftige Wesen sein Dasein zufolge eben desselben Vernunftgrundes, der auch für mich gilt, vor, also ist es zugleich ein objektives Prinzip, woraus, als einem obersten praktischen Grunde, alle Gesetze des Willens müssen abgeleitet werden können.“ (Kant, “Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, BA 66)

In diesem Fall entsteht aus der Vorstellung des eigenen Daseins die Fähigkeit eigene Ziele zu setzen und ein Zweck an sich selbst zu sein. Da diese für die anderen Menschen auch gilt, bin ich nach dem kategorischen Imperativ verpflichtet ihre Zielsetzungen zu berücksichtigen, da ich nicht wollen kann, dass ein Gesetz wie ein Naturgesetz gelte, nach dem jeder Mensch rücksichtslos gegenüber allen anderen handle.
Sehr wohl kann ich einen Menschen als Mittel behandeln, aber eben nicht nur. (Bei Interesse würde ich mal nach dem Stichwort "Verdinglichung" suchen.)

@****hle/Tier etc.
Natürlich hat sich die Diskussion weiterentwickelt. Was Flo spürt ist, so sehe ich das, eine Ungleichgewicht zwischen politischer Setzung und Erkenntnisstand. Wir wissen heute viel mehr über Tiere und ihre Emotionen und sind, in Teilen der Gesellschaft, sensibler für ihr Leid geworden. Deswegen mutet der Begriff "Menschenwürde" fast so an als wäre er gegen eine Tierwürde in Stellung gebracht. Erstere ist zu schützen, letztere nicht, obwohl ein einjähriges Baby weniger von der Welt versteht als ein Hund.
Hans Jonas und andere schlagen deswegen auch eine Spektrum und nicht eine Infrontstellung vor. Wir Menschen zeichnen uns durch mehrere Fähigkeiten aus, die in der Summe und in der Ausgeprägtheit einzigartig sind, im einzelnen aber von Tieren auch erbracht werden. Er nennt Werkzeug, Bild und Grab. Wir nutzen Werkzeuge wie selbstverständlich, haben ein Bild von uns selbst und wissen ob unserer Sterblichkeit. Alles findet man auch im Tierreich. Es gibt Vögel, die sich im Spiegel erkennen, Affen die Werkzeuge nutzen und Elefanten die Gräber kennen.

Aus diesem Blickwinkel ist "Menschenwürde" überholt, wenn sie gegen Tierwürde in Stellung gebracht wird.

Der für mich aktuell überzeugendste Ansatz ist hier die Anerkennungstheorie. Sie verlangt, dass wir andere Wesen "adäquat würdigen". Das verlangt natürlich im ersten Schritt eine Sensibilität für die Bedürfnisse der Anderen, die jedoch mehrschichtig vorgeht. D.h. was einem Wesen an Würde zukommt ist nicht in einem Federstrich zu setzen, weil die adäquate Würdingung eben gerade verhindert, jemanden mit einer Eigenschaft vollständig erklären zu wollen.

Ja, es gibt Menschenwürde, weil ein Mensch ein Mensch ist und als solcher basale Bedürfnisse mit anderen teilt. Er ist jedoch gleichzeitig ein Tier bzw. Lebewesen, was mit anderen Lebewesen den basalen Lebenswillen teilt. Sie ist vielleicht darüberhinaus ein Erwachsener und hat das Bedürfnis als geistig vollwertiger Mensch ernst genommen zu werden und z.B. Geschäfte tätigen zu dürfen (in Abgrenzung zu einem Kind oder Hund, denen wir dieses Recht nicht zugestehen und auch nicht sagen würden, dass ein dreijähriger in seiner Würde beschnitten wird, weil er nicht eigenständig entscheiden darf).

Kurz gesagt:
Der Begriff der "Menschenwürde" ist eine historische Errungenschaft in Abgrenzung zu einer Ehre-Gesellschaft, die keine allgemeine Würde kannte. Jedoch ist der Begriff auch schon wieder alt und erzeugt so Spannungen, weil er aktuelle philosophische Entwicklungen nicht mehr abbilden kann.

p.s.:"Ich weiß, dass ich nichts weiß."
Es gehört nicht hierher, aber das ist wohl das missverstandenste Zitat der Philosophiegeschichte. Sokrates war laut dem Orakel der weiseste Mensch seiner Zeit, weil er die Grenzen seines eigenen Wissens erkannt hatte und andere auf ihre Grenzen hinweisen wollte. Genaugenommen sagt Sokrates also "Ich weiß, was ich nicht weiß. Ich weiß, wo mein Wissen endet und das es so vieles gibt, was ich nicht weiß." *zwinker*
*******use Mann
3.197 Beiträge
Erste Gedanken
Menschenwürde

Es gibt ein gemeinsames Merkmal:

Das Bewußtsein der Menschen für Würde. Es ist ein Gefühl -individuell und
gleichzeitig gesellschaftlich geprägt.

Ein Beispiel:

Es berührt mich unangenehm, wenn ich Menschen sehe, die die Abfälle
anderer nach Verwertbarem (zB. Pfandflaschen) durchsuchen, weil ich dies
als "unter meiner Würde" empfinde.
In einer entsprechenden Notlage müsste ich jedoch meinen Wertmaßstab
herabsetzen, um zu überleben oder konsequenter Weise nur solange
suchen (oder betteln), bis ich einen Strick habe, mich aufzuhängen,
wogegen dann der Selbsterhaltungstrieb steht.
Dieser Zwiespalt ist schwer auszuhalten. Wenn ich also lange genug meinen
Lebensunterhalt mit Betteln bestreite, wird ein Gewöhnungseffekt einsetzen
und ich empfinde dies dann nicht mehr als "unter meiner Würde"...?

Menschenrechte

Sind die Konsequenz der Menschenwürde.
Ein funktionierendes Rechtssystem braucht gesellschaftlichen Konsens um auf
Dauer durchsetzbar zu sein.
Beim Abgleich der individuellen Würde lassen sich also Gemeinsamkeiten finden.
So sollte Einigkeit darüber zu erzielen sein, daß es die Würde eines Menschen
verletzt, ihn mit Gewalt der Freiheit zu berauben und ihn zur eigenen
Belustigung körperlich oder psychisch zu mißhandeln...

Ehre

Geht mE. über die Würde hinaus.
Wenn ich zB. zu meinem Wort stehe, obwohl mir daraus materielle Nachteile
daraus erwachsen ("Ein Mann, ein Wort!"), behalte ich meine Ehre
(für die ich mir freilich nix kaufen kann).
Auch ein reeler Vorteil entsteht allerdings dann, wenn mein Verhandlungspartner
das gleiche Ehrgefühl hat.

Diese grundsätzlichen Gefühle
sind meiner Meinung nach tief in uns verankert und es sind genau diese, die
uns erst zum Menschen machen.
Daraus entsteht eine (individuell unterschiedlich) ausgeprägte Hemmung,
bestimmte Verbrechen zu begehen.

Es ist ein grober Fehler, den Nazis zu unterstellen, sie hätten mit diesen
Begriffen "nichts am Hut gehabt". Sie haben sie instrumentalisiert:
Sie haben diese Hemmungen überwunden, indem sie Gruppen von
Menschen die Menschenwürde (und damit auch -rechte) aberkannt haben,
was diese verankerte Hemmung bei der "Herrenrasse" überwunden hat
und zudem bei diesen ein zusätzliches Gemeinschaftsgefühl erzeugt hat.
Erst diese Idiologie machte Kriegsverbrechen dieses Ausmaßes möglich
(dazu gab und gibt es Untersuchungen von Soziologen).

Fazit:
Das Bewußtsein nicht nur der eigenen Würde, sondern auch die von anderen
Wesen, macht die Menschenwürde aus.
*******use Mann
3.197 Beiträge
Bemerkung zum letzten Beitrag v. @Brynajar
Ich schrieb ganz bewußt *zwinker* zuletzt "Wesen", schließe also alle
Lebensformen mit ein.
Aber hier sind die individuellen Würde -Begriffe der Menschen offensichlich
besonders unterschiedlich.

Unnötiges Leid wird auch innerhalb der Natur vermieden (sieht man zB.
bei der Untersuchung von Giften) -nur höchstwahrscheinlich nicht
wegen eines Ehrbegriffes, sondern wegen der "schnöden"
Energieeffiziens, die sinnlose Handlungen verbietet, denn eine
negative Energiebilanz führt (nach artspezifisch unterschiedlicher Zeit)
unweigerlich zum Tod.
Außerdem:
Gourmets unter den Menschen sagen, daß ein Schwein (und andere Nutztiere),
die keine Angst bei der Schlachtung hatten, besser schmecken.
Und Tieren mag das Bewußtsein fehlen, aber einen ausgeprägten
Geschmackssinn haben sie... *g*
**e Mann
2.564 Beiträge
Das Fazit kann ich nicht unterschreiben, denn die Menschenwürde ist nun mal die des Menschen und sie lassen Tiere, Pflanzen und tote Materie außen vor.
Auch kann ich nicht sehen, das die Nazis was mit Menschenwürde am Hut haben. Wenn sie einer Gruppe von Menschen die Gleichwertigkeit absprechen, so hat es eben mit Menschenwürde nichts zu tun.
Ansonsten gehen wir im Einklang.

Die Menschenwürde ist leider noch nicht weltweit durch gesetzt. Auch halte ich die Auslegung der Menschenrechte, die damit eng verknüpft sind, streckenweise für überdenkenswert.

Davon abgesehen ist die Menschenwürde eine große Errungenschaft in der Menschheitsgeschichte. Das gefällt mir gut, Brynjar:

Der Begriff der "Menschenwürde" ist eine historische Errungenschaft in Abgrenzung zu einer Ehre-Gesellschaft, die keine allgemeine Würde kannte.

Die Menschenwürde ist ein Postulat und sie existiert als allgemein anerkannte Absprache. Sie ist überdies die Grundlage für jede Demokratie.

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

Das halte ich für schlichtweg vermessen von Hans Jonas. Hier wird der Einzelne mit seinem Handeln Auswirkungen gegenübergestellt, die er nicht überblicken kann. Das menschliche Leben (was ist das echte?) spielt sich weltweit in einer Komplexität ab, dass kein Wissenschaftler mit dem allergrößten Computer die Auswirkungen auch nur einer vielleicht nebensächlichen Handlung auf das zukünftige Leben der Menschheit hochrechnen könnte.
Es ist nicht meine Aufgabe, die politischen und kapitalistischen in Bangladesch zu verändern, auf dass dort menschenwürdige Zustände herrschen, um dann hier guten Gewissens ein T-Shirt kaufen zu können.
Meine Verantwortung sehe ich darin, dass ich in einem Land lebe, welches kapitalistischen Interessen den Vorrang vor solch menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen einräumt. Ich muss also zusehen, dass wir Artikel I unseres Grundgesetzes auch dann anwenden, wenn hiesige Firmen und Vertriebe ihn im Ausland verletzen.

Die Würde der Tiere zu besprechen, sprengt meines Erachtens hier die Diskussion, zumal diese schnell auf die Würde der Pflanzen und die Würde der anorganischen Materie kommen würde.
@****jar

Würde und Ehre sind völlig verschieden. Ameisenwürde ist dabei einfach rhetorischer Quatsch. Sinnvoll ist die Frage, ob die Würde des Menschen, als seine Grundeigenschaft im Zusammenhang mit seinen Gefühlen, gesellschaftlich bedingt ist und ihm dort (!) sein Überleben sichert. Interessant ist dann auch die Frage nach dem Verhältnis von Moral und Würde und nach dem zu seinem Bedürfnissen. Ersteres mag auch geeignet erscheinen eine gesellschaftlich-historische Entwicklung von Würde anzunehmen.

PS: Die Deutung des Zitats von Sokrates sehe ich auch so.

@********8864

Würde hat viel mit wert im og. Sinne eines gesellschaftlichen Bezugs zu tun. Hier gibt es Würdenträger und den Abfalldurchsucher. Die Menschenrechte entspringen vielleicht auch dem Recht auf Würde des Menschen in der Gesellschaft. Das die Menschenwürde zunächst die Anerkennung derer anderer nicht einschließt hast du selbst belegt. Jeder Nazi erlebte sich in seiner Würde trotzt seiner Verbrechen. Es war ihm auch eine Ehre im Namen des Führers zu quälen und zu töten und so die Würde anderer zu nehmen. Man kann im Gefühl des Wertes und der eigenen Würde quälen, aber schwer würdevoll gequält werden.

Dein Verhältnis zur Ehre erschließt sich mir nicht.

@**e

Auch ich sehe es als eine kulturelle Leistung des Menschen, die Menschenwürde in der Gesellschaft durchzusetzen.

Der Zusammenhang von Würde mit der Ethik von Handlungen mag bestehen, wird aber von mir nicht erkannt. Wenn Würde mit Arbeit zu hat, dann ist es richtig unter aller Würde keine Arbeit zu haben (Arbeitslosigkeit). Die Menschenwürde ist auch kulturell verschieden. Was für dich in der speziellen Form als würdevoll für Indien gelten mag, kann eine Inder selbst anders empfinden und beurteilen.

Deine Abgrenzung des Menschen vom Tier im Kontext des Themas unterschreibe ich.
**e Mann
2.564 Beiträge
Ich sprach nicht von der Arbeit als Würde, sondern von menschenunwürdiger Arbeit. Sind die Arbeitsbedingungen und der Lohn so schlecht wie in vielen Billiglohnländern, dann ist die Menschenwürde angegriffen, denn die Menschen werden hier als Arbeitsobjekte missbraucht, siehe noch einmal die Objektformel:

... schütze Art. 1 Abs. 1 GG den Menschen davor, „dass er durch den Staat oder durch seine Mitbürger als bloßes Objekt, das unter vollständiger Verfügung eines anderen Menschen steht, als Nummer eines Kollektivs, als Rädchen im Räderwerk behandelt und dass ihm damit jede eigene geistig-moralische oder gar physische Existenz genommen wird.“
aus Wikipedia

Der Missbrauch funktioniert, weil für uns Bangladesch weit weg ist und für die dort die Arbeit vielleicht noch als menschenwürdig angesehen wird. Immerhin noch besser als überhaupt keine Arbeit zu haben.

Wenn die in Bangladesch T-Shirts für unseren Markt herstellen, dann mag es sein, dass sie ihre eigenen Vorstellungen von Würde haben, wie auch meinetwegen die Inder. Treiben wir aber internationalen Handel, dann müssen wir uns auch international auf einen gleichen Menschenwürdenbegriff einigen. Sonst hängt die Moral dem Kapital hinterher und letzteres nutzt das "Menschenwürdengefälle" natürlich aus.

Einfach: Ein globalisierter Markt braucht eine globale Verständigung über Moral.
*********ke32 Mann
64 Beiträge
Das Problem...
Also Würde so wir es kennen ist ja ursprünglich der Begriff der Dignitas, den wir bei Marcus Tullius Cicero in De Officiis finden. Es ist eigentliche eine soziale und politische Währung, die vermehrbar ist, wie Ehre und in der römischen Gesellschaft auch Liebe, weshalb der Begriff der Freundschaft im römischen auch von der Liebe herkommt (amicitia). Deshalb ist Würde auch, nach Cicero, vermehrbar, eben weil es eine Form von Kapital ist.

Erst im Mittelalter wird es Personen zugeschrieben eine Würde durch Thomas von Aquin. Die Summa Theologica müsste ich allerdings erst noch lesen.

Eine Abhandlung der Würde, die bekannter ist, kommt dann von Giovanni Pico della Mirandola und begründet sich auf die Möglichkeit des Menschen aus dem Wissen, das er erwirbt etwas höherwertiges zu machen, es zum Besseren zu wenden.

Bei Hobbes ist es im [/Leviathani] um die Würde ähnlich bestellt wie um die Ehre, nämlich als soziale Währung.

Jean-Jacques Rousseau hingegen festigt die Würde auf der Bedingung der Arbeitskraft, dass das Recht des stärkeren vergänglich ist, die Arbeitskraft aber bleibt, auch wenn er nicht das Wort Arbeitskraft benutzt.

Was das Naturrecht, das Hobbes verneint betrifft, müsste man noch einmal bei Grotius nachschauen.

Schiller hingegen, der Friedrich, findet Würde im Aufstand des Menschen gegen seine Bedingungen, dieses Aufstehen aus der Wunde.

Immanuel Kant hingegen knüpft die Frage der Würde auch an die Frage der Mündigkeit an. Die Würde ist dann zwar nicht unbedingt unantastbar, aber nur jemand der genetisch und geschlechtlich und von der "Rasse" her, als auch dem Charakter her mündig ist, kann Würde besitzen, weil er sich dann auch selbst beherrschen kann. Das ist natürlich reichlich faschistisch, aber wer sein Gesamtwerk ein wenig kennt, kann das leicht erkennen.

Ich würde eher mit Schiller zustimmen, nicht weil seine Formulierung korrekt ist, sondern der Prinzipielle Gedanke der Erhebung gegen seine Umstände, ein stimmiger Gedanke ist und auch an die Selbstoptimierung des Wissens anknüpft. Aber was wirklich fehlt ist, dazu der Gedanke kommt, dass der Mensch auch sentient ist, nicht bloß consciousness und conscience. So könnte dem Menschen auch eine Intelligenz ohne Unterschrift des Rektors bestätigt werden- und wer mit geistig behinderten gearbeitet hat, weiß, dass es im Menschen eine Intelligenz gibt, die genau dieser Unterschrift nicht bedarf.

Unantastbar ist diese Würde nicht und sie kann gebrochen werden, aber eben aus diesem Bruch heraus erfolgt der meiste Widerstand und das dann wiederum ist eine Definition von Würde.
**e Mann
2.564 Beiträge
Ja, man sieht schön, wie sich der Begriff Würde gewandelt hat.

All das trifft aber den Begriff Menschenwürde, wie wie ihn heute benutzen, nicht.

So könnte dem Menschen auch eine Intelligenz ohne Unterschrift des Rektors bestätigt werden- und wer mit geistig behinderten gearbeitet hat, weiß, dass es im Menschen eine Intelligenz gibt, die genau dieser Unterschrift nicht bedarf.

Und ich bin froh, dass auch den geistig Behinderten Menschenwürde per Postulat zugesprochen ist. Die Menschenwürde kann man eben nicht erwerben, sonder hat sie per se. Das ist die Absprache.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Ja, aber dennoch ist diese Menschenwürde ein virtuelles Prädikat, welches einen realen Status Quo erschafft oder einfordert. Die Frage bleibt, woher das kommt und wozu es nützen soll?
**e Mann
2.564 Beiträge
Ja klar, eine Absprache.

Sie kommt aus dem Menschenverstand, aus philosophischen, ethischen, politischen, sozialen Erwägungen und soll fest legen, "dass alle Menschen unabhängig von allen ihren Unterscheidungsmerkmalen wie Herkunft, Geschlecht, Alter oder Zustand denselben Wert haben, und dass dieser Wert über dem aller anderen Lebewesen und Dinge steht." (so Wiki)
****e_H Mann
8.282 Beiträge
..und entpuppt sich in Realis als einfaches Distinktionsmerkmal. Denn es werden dem Menschen, obwohl per Geburt gleich 'bewürdet,' im Laufe seines Lebens Werte seiner Würde hinzuaddiert, bzw. abgezogen. Ein Schwerververbrecher z.B. gilt doch gemeinhin als würdelos.
*g*
**e Mann
2.564 Beiträge
Würdelosigkeit ist ein Unterschied zur Menschenwürdelosigkeit, die wir zumindest hierzulande ja gerade ausschließen.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Restwürde vielleicht, weil es so im Gesetz §1 steht.
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