Sprache und Denken
Hallo Flo87,
ui, das ist ein ziemlich weites Feld, was du da anschneidest und eines, dass ziemlich im Fluss ist zudem. Da gibt es keine kurze Antwort, eher nur erste Markierungen, die ich einrammen kann.
http://www.zeit.de/wirtschaf … bank-zinsen-deutsche/seite-3
Daran musste ich gleich denken, wenn es um den Einfluss von Sprache aufs Denken geht. In dem Artikel wird ein Ökonom zitiert, der die These vertritt, dass die Bereitschaft zu sparen (auch) von der Grammatik der Sprache abhängt. Spannend zu lesen.
Letztens war in der New York Times ein Artikel darüber, dass offenbar die Kultur in der mensch aufwächst den Geschmackssinn beeinflussen kann etc. ein sehr aktuelles Feld also über das du dir Gedanken machst.
Eines der bekanntesten Zitate zu dem Thema stammt sicherlich von Kant, der Mann hatte es einfach drauf erinnerungswürdige Sprüche in seine Bücher zu schreiben.
"Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind."
Quelle: Kritik der reinen Vernunft I, II, 1
Hierzu ein kurzes Video aus einer schönen Kant-Reihe:
http://www.ardmediathek.de/t … Id=18966912&bcastId=14913184
Die Frage wäre also:
Ist die Sprache die Bedingung der Möglichkeit zu denken, oder vielleicht umgekehrt? In dieser Frage fehlt allerdings noch die Wahrnehmung. Beeinflusst die Wahrnehmung die Sprache und das Denken?
Und was ist mit den Dingen? Beeinflussen die Dinge die Wahrnehmung und damit die Sprache und das Denken?
Mit Kant würde mensch wahrscheinlich Antworten, dass es Grundkategorien des Denkens gibt, die der Sprache vorangehen. Z.B. Dinge nebeneinander im Raum und nacheinander in der Zeit zu denken, oder eine Wirkung-Ursache-Beobachtung zu machen.
Z.B. können wir Menschen ab einem bestimmten Alter darüber nachdenken, dass ein in den Raum geworfener Ball eine Werferin impliziert, welcher Art auch immer. Kleine Kinder und viele Tiere können nur das Phänomen beobachten.
In der aktuellen Forschung würde ich sagen hat sich der Fokus verschoben. Es gibt Forschungen darüber, dass die Struktur der Sprache/Kultur es ermöglicht manche Gefühle zu fühlen (z.B. Heimat), es Kulturen gibt, die keine lineare Zeitvorstellung haben, oder sich schwerer tun jenseits von Binaritäten zu denken, etwas weil es nur männlich und weiblich, aber nicht sächlich gibt.
Ich selbst bin der Ansicht, dass zwar die Sprache nicht das Denken ermöglicht, sondern die Fähigkeit bestimmte Denkvorgänge durchzuführen (Vergleichen, Ursache-Wirkung, räumlich/zeitlich denken etc.) eine biologische Voraussetzung darstellt. Auf diese sehr rudimentäre Voraussetzung folgt jedoch eine unglaublich starke Prägung durch die (jeweilige) Sprache. Du kannst dem Sprachlichen nicht entkommen und es gibt keine Gedanken jenseits der Sprache.
Es geht soweit, dass deine Identität auf der Sprache basiert, da alles was du darstellst und dir zugeschrieben wird auf sprachlichen Definitionen basiert. Alle Eigenschaften männlich, jung, intelligent, attraktiv sind von den Bedeutungen abhängig, die in dem jeweiligen Diskurs festgesetzt sind.
Du überlegst dir nicht selbst was "intelligent" heißt oder was "attraktiv" ist und was nicht. Du übernimmst eine Sprache mit diversen Verweisen. Wenn du für etwas kein Wort hast, entwickelst du dann wirklich eines, dass völlig losgelöst ist von der bisherigen Sprache?
Wie soll das gelingen, da du über das neue Wort in deiner Sprache nachdenkst? Bewegst du dich wirklich jenseits der Sprache nur weil du die Buchstaben neu aneinanderreihst?
Meiner Meinung nach bleibst du vollkommen in der Sprache und sogar in der Grammatik, weil dein neues Wort männlich/weiblich/sächlich sein wird, vielleicht ein Verb oder Adjektiv etc. Schon allein weil du dir ein "WORT" ausdenkst, denkst du schon wieder sprachlich.
(Meine Position ist, wie du merkst diskursorientiert und nicht essentialistisch. D.h. ich glaube nicht daran, dass in einem Ding eine Essenz steckt, die eine bestimmte Repräsentation in der Sprache prägt.)
Soviel die ersten Landmarken von mir.