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Verhältnis von Sprache und Denken!

Verhältnis von Sprache und Denken!
Neulich bin ich auf einen Post in diesem Forum gestoßen, bei dem es um die Möglichkeiten der Philosophie geht. Der Themensteller hat einen Satz geäußert, denn ich aufhorchen ließ. Er lautet:

Welches sind Grenzgebiete der Philosophie? Psychologie oder gar Magie? Ist die dabei die Linguistik (Sprache) als Gefäß unserer Gedanken nicht im Grunde die Form und damit Grenze aller unserer Gedanken? Sollten wir uns also dann nur auf Sprachanalyse /-kritik begschränken?

Ich bin kein Sprachphilosoph und in diesem Bereich vollkommen unbeleckt. Wie ist das Verhältnis von Sprache und Denken? Wie beeinflusst das eine das andere? Können wir ohne Sprache denken?
Dies soll weniger eine Diskussion sein, sondern ein kleiner Hilferuf meinerseits, wie man diesem Thema Herr werden kann. Rein intuitiv würde ich sagen, dass sich beides gegenseitig beeinflusst. Wenn ich denke und kein Wort für etwas habe, dann entwickle ich ein Wort für die Sache, die ich neu erdacht habe, oder?
Umgekehrt vermute ich, dass bestimmte Worte eine Festlegung haben, die mich auch in meinem Denken beeinflussen können.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Wär halt von Vorteil, wenn man sich an seine eigenen Neugeborenen Jahre vor der eigenen Sprachentwicklung erinnern könnte. Dann wüsste man ob man ohne Sprache denken konnte.
*hehe
Sprache und Denken
Hallo Flo87,

ui, das ist ein ziemlich weites Feld, was du da anschneidest und eines, dass ziemlich im Fluss ist zudem. Da gibt es keine kurze Antwort, eher nur erste Markierungen, die ich einrammen kann.

http://www.zeit.de/wirtschaf … bank-zinsen-deutsche/seite-3

Daran musste ich gleich denken, wenn es um den Einfluss von Sprache aufs Denken geht. In dem Artikel wird ein Ökonom zitiert, der die These vertritt, dass die Bereitschaft zu sparen (auch) von der Grammatik der Sprache abhängt. Spannend zu lesen.
Letztens war in der New York Times ein Artikel darüber, dass offenbar die Kultur in der mensch aufwächst den Geschmackssinn beeinflussen kann etc. ein sehr aktuelles Feld also über das du dir Gedanken machst.

Eines der bekanntesten Zitate zu dem Thema stammt sicherlich von Kant, der Mann hatte es einfach drauf erinnerungswürdige Sprüche in seine Bücher zu schreiben. *zwinker*

"Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind."
Quelle: Kritik der reinen Vernunft I, II, 1

Hierzu ein kurzes Video aus einer schönen Kant-Reihe:
http://www.ardmediathek.de/t … Id=18966912&bcastId=14913184

Die Frage wäre also:
Ist die Sprache die Bedingung der Möglichkeit zu denken, oder vielleicht umgekehrt? In dieser Frage fehlt allerdings noch die Wahrnehmung. Beeinflusst die Wahrnehmung die Sprache und das Denken?
Und was ist mit den Dingen? Beeinflussen die Dinge die Wahrnehmung und damit die Sprache und das Denken?

Mit Kant würde mensch wahrscheinlich Antworten, dass es Grundkategorien des Denkens gibt, die der Sprache vorangehen. Z.B. Dinge nebeneinander im Raum und nacheinander in der Zeit zu denken, oder eine Wirkung-Ursache-Beobachtung zu machen.
Z.B. können wir Menschen ab einem bestimmten Alter darüber nachdenken, dass ein in den Raum geworfener Ball eine Werferin impliziert, welcher Art auch immer. Kleine Kinder und viele Tiere können nur das Phänomen beobachten.

In der aktuellen Forschung würde ich sagen hat sich der Fokus verschoben. Es gibt Forschungen darüber, dass die Struktur der Sprache/Kultur es ermöglicht manche Gefühle zu fühlen (z.B. Heimat), es Kulturen gibt, die keine lineare Zeitvorstellung haben, oder sich schwerer tun jenseits von Binaritäten zu denken, etwas weil es nur männlich und weiblich, aber nicht sächlich gibt.

Ich selbst bin der Ansicht, dass zwar die Sprache nicht das Denken ermöglicht, sondern die Fähigkeit bestimmte Denkvorgänge durchzuführen (Vergleichen, Ursache-Wirkung, räumlich/zeitlich denken etc.) eine biologische Voraussetzung darstellt. Auf diese sehr rudimentäre Voraussetzung folgt jedoch eine unglaublich starke Prägung durch die (jeweilige) Sprache. Du kannst dem Sprachlichen nicht entkommen und es gibt keine Gedanken jenseits der Sprache.

Es geht soweit, dass deine Identität auf der Sprache basiert, da alles was du darstellst und dir zugeschrieben wird auf sprachlichen Definitionen basiert. Alle Eigenschaften männlich, jung, intelligent, attraktiv sind von den Bedeutungen abhängig, die in dem jeweiligen Diskurs festgesetzt sind.
Du überlegst dir nicht selbst was "intelligent" heißt oder was "attraktiv" ist und was nicht. Du übernimmst eine Sprache mit diversen Verweisen. Wenn du für etwas kein Wort hast, entwickelst du dann wirklich eines, dass völlig losgelöst ist von der bisherigen Sprache?
Wie soll das gelingen, da du über das neue Wort in deiner Sprache nachdenkst? Bewegst du dich wirklich jenseits der Sprache nur weil du die Buchstaben neu aneinanderreihst?
Meiner Meinung nach bleibst du vollkommen in der Sprache und sogar in der Grammatik, weil dein neues Wort männlich/weiblich/sächlich sein wird, vielleicht ein Verb oder Adjektiv etc. Schon allein weil du dir ein "WORT" ausdenkst, denkst du schon wieder sprachlich.

(Meine Position ist, wie du merkst diskursorientiert und nicht essentialistisch. D.h. ich glaube nicht daran, dass in einem Ding eine Essenz steckt, die eine bestimmte Repräsentation in der Sprache prägt.)

Soviel die ersten Landmarken von mir. *g*
Wir sind heute mit der Sprache von der Welt getrennt. Das ist der kategorische Sperrzaun, den wir nicht überwinden können. Wir können uns als Schamane ausbilden lassen und als solcher auch erfolgreich arbeiten, aber nie können wir zurück hinter die Sprache in das magische Bewusstsein, aus dem das Schamanentum stammt. Magie können wir nur als sprachlich kodierte Erlebniswelt wahrnehmen, nie als Magie. Alles, was wir fühlen, denken und tun ist sprachlich kodiert. Deshalb ist das Denken selbstverständlich sprachlich.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
müssten aber primär, vor der Sprachentwicklung oder Symbolerkennung, einfache Reize gewesen sein, die so etwas wie eine Reaktion oder eine Vorstufe des Denkens initiiert haben.
Ja, es gibt sowas wie Gefühle. Die müssen aber durch das Raster der Sprache, sonst gibt es sie einfach nicht.
@Brynjar
Vielen Dank für deinen Beitrag. Wie konnte ich nur Kant und die ersten Kategorien vergessen*shame on me*– das kommt davon, wenn man kein Epistemologe ist.
****arm:
aber nie können wir zurück hinter die Sprache

Doch, u.a. mit Alkohol. Und das meine ich sogar in weiten Teilen bierernst. Mit steigenden Alkoholpegel nimmt sowohl Sprach-, als auch Denkvermögen ab.



Mal so als Idee.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Ganz so daneben ist dieser Einwurf nicht.
Es gibt erwiesenermaßen Bewusstseinszustände, hervorgerufen durch natürliche und chemische Substanzen in denen der Mensch Erfahrungen bar jeglicher Sprache macht.
Man nennt sie Trancezustände, aber man wird sie deshalb nicht als Denkbefreit (bezeichnen wäre jetzt der falsche Ausdruck), also besser:erfahren, durchfühlen können.
Realistisch sind es jedoch wenige, sind Ausnahmen und Experimente, wodurch die Überzeugung der unlösbaren Symbiose von Denken und Sprache dominant bleibt.
Das Besondere an unserer Situation ist, daß wir in der Sprache badend aufwachsen. Die sogenannten unmittelbaren Erfahrungen werden sprachlich kodiert, weil wir ebendas und nichts anderes lernen. Es gibt eine Menge an Topoi, die von dieser Sachlage Zeugnis ablegen. Einer dieser Topoi dreht sich um die Überzeugung, daß man nicht alles erklären könne, daß man vielmehr die wahren Emotionen zerredete, wenn man es versuchte.

Da ist etwas Wahres dran, aber dieses Wahre besteht meiner Ansicht nach darin, daß der Versuch, wahre Emotionen zu beschreiben, an einer unzureichenden sprachlichen Kompetenz scheitert oder die sprachliche (und damit die intellektuelle) Kompetenz im Vordergrund steht. Man ist also entweder außerstande, oder man will als besonders gelten.

Ich kann bewusstseinsverändernde Substanzen einsetzen, aber ich tue das vor meinem sprachlichen Hintergrund. Wer vor der Schrift bzw. vor der Sprache diese Praxis ausübte, tat dies vor einem dramatisch anderen Hintergrund. Dieser Hintergrund war mythisch. Vor unserem historischen Bewusstsein liegt die Zeit des magischen Bewusstseins. Ich kann mich also heute mit Alkohol betäuben, aber nicht hinter Schrift und Sprache und somit in das vorhistorische Bewusstsein gelangen.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Könnte man eventuell sagen, daß nur Wissen und Kommunikation nicht ohne Sprache (Begriffe,Symbolik Gestik...) funktioniert? Ich meine Denken als komplexer Vorgang beinhaltet auch Komponenten wie das (noch) Nichtgewusste.
(Das Fass vom unterbewussten Denken, möchte ich dabei, in diesem Thread, gar nicht erst aufmachen.)
Das Fass des unbewussten Denkens ist ein gigantisches, und es ist sprachlich kodiert. Das Bewusste wie auch das Unbewusste kann nur durch Sprache zugänglich sein. Ist es nicht durch Sprache zugänglich, existiert es nicht. Wir können nur Sprache, aber das "nur" deutet nicht auf eine Einschränkung, es deutet auf die Welt der Bedeutungen, die sprachlich kodiert ist, und diese Welt ist ebenso vielfältig wie die Welt des magischen Bewusstseins. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, daß wir mit Sprache und Schrift zwar der Welt entrückt, aber mit beiden ein mächtiges Instrument zur Hand haben, um das Leben mit Inhalt zu füllen.
ich glaube,
es gibt irgendwo, auf verstreuten hirnkarten-inseln, noch sprachlich uncodierte erinnerungs- und empfindungssequenzen. aus der frühen säuglingszeit oder vorgeburtlich. was wir da erlebt haben, hatte noch keine sprache, wenn es sicher auch zeichen hatte, im sinne von reiz-reaktions-schleifen.
und ich bin sicher, dass wir von diesen terrae incognitae informationen erhalten, die wir allerdings spärlich registrieren und verarbeiten können. sie fließen ein, werden vermutlich wirksam, und bleiben uns verborgen.
ich meine, ganz ausschließlich linguistisch geht es sicher nicht zu in der info-eingabe. die ausgabe hingegen wird vermutlich permanent sprachlich escortiert, auch wenn wir hochgradig unterbewusst agieren.


das chemisch veränderte bewusstsein gibt - wird es reflektiert - eine chance auf recodierung, das ergebnis wird aber, so sehe ich das auch, in der selben lochkartenmanier ausgespuckt, wie das nüchterne. bestenfalls wird alles origineller verknüpft, das gewebe besteht weiter aus lauten und buchstaben.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Wenn es so ist, wie es oberarm argumentiert, dann könnte man sich einen von beiden Begriffen (Sprache/ Denken) sparen. Dann bilden sie auch keine Symbiose, wie ich vorhin schrieb, es ist einfach Eins und Dasselbe, Einerlei.
was ist denn dieses denken
"eigentlich"?
weder beginnt es beim einkaufszettel komponieren, noch endet es beim kondensierten forumspost. ist verhalten denken? natürlich, es ist ja abfolge von neuronenfeuern. nein, isses nicht, es ist ja nur apspulen von programm. welle oder teilchen?
Die unmittelbaren Inputs können für Wesen, die unmittelbare Erfahrungen machen, nur sprachlich wahrgenommen und kommuniziert, wenn sie Menschen ab einem gewissen Alter sind. Alles, was vor der Sprache als universaler Kode funktionierte, wird von der Sprache als universaler Kode abgelöst.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Während wir kommunizieren ist es unbestritten wahr, daß Denken an Sprache gebunden ist. Ich versuche, ähnlich wie MaerzMond schrieb, mal diesen Begriff Denken zu isolieren, als Prozess zu 'denken'. Daraus zeichne ich eine Allegorie vom Feuer, in dem der Brennstoff die Begriffswelt ist und das Denken der Umwandlungsprozess der Aggregatszustände.(das schöpferische Jonglieren der Begriffe)
Ob dabei Energie (in Welle oder Teilchen) freigesetzt wird, weiß ich nicht.
Irgendetwas lässt sich scheinbar doch messen.
*******use Mann
3.197 Beiträge
Das Langzeitgedächtnis
entwickelt sich beim Kind erst im 5. -6. Lebensjahr.
Erinnerungen an die jüngere Vergangenheit davor sind Fragmente,
Erinnerungen an das Säuglingsalter existieren also nicht -im doppelten
Wortsinne.
Was aber schon gespeichert wird, sind starke Emotionen -zB. Ekel vor
einem bestimmten Essen.
Dies könnte als Beweis für nonverbales Denken dienen.
Aber Begrifflichkeiten und damit Sprache sind wohl unabdingbar für
komplexere Denkvorgänge?
Und die besonders komplexen Denkvorgänge funktionieren dann wieder
"überbegrifflich" -ein Zusammenhang wird erkannt oder eine Lösung
für ein komplexes Problem intuitiv gefunden -nach passsenden Worten
wird erst hinterher gesucht, um dies kommunizieren zu können...? *g*

Eine wirklich schwierige und somit interessante Frage.

Wie ist das zB. mit der Inspiration von Künstlern, wird hier das Wort
nicht durch andere Mittel ersetzt, @**e?
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Letzteres wäre sinngemäß egal, ob Wort, Bild oder Ton begrifflich wirkten, diese kann man auch zusammenfassend als unabdingbare Matrix (Brennstoff) deuten
Erinnerungen an das Säuglingsalter existieren also nicht -im doppelten
Wortsinne.

das glaube ich nicht. das mag unser jetziger stand sein, aber ich bin davon überzeugt, dass es folien gibt, auf denen einiges älteres gedruckt wird, wir haben nur kein werkzeug, sie zu finden und zu deuten.
etliche therapie-formen und body-mind-interventionen scheinen in diesem sinne zu sprechen. und ich meine jetzt nicht rückführungen und obskure methoden, sondern befunde, die über eine organsprache und ein gewebegedächtnis nachzudenken veranlassen.
in der cranio-sakralen therapie, einem teil der osteopathie, werden phänomene registriert, die dafür sprechen. entsprechend wird von therapeuten-seite nonverbal kommuniziert, was dazu führt, dass das ergebnis, ja verbalisiert, also bedacht, nicht wirklich genau abbildet, was erfahren wurde. aber das, was dabei an info hin- und her fluktuiert, erzählt mitunter von sehr sehr frühen erinnerungen.
Sprache ist eine auf das Leben gestülpte Folie. Das Leben an sich funktioniert offenbar quantenmechanisch. Wir können riechen, und diese Fähigkeit beruht auf die Passung von Molekülen auf Rezeptoren unserer Sinneszellen. Nun weiß man mittlerweile, daß ein bestimmtes Molekül ein bestimmtes Empfinden hervorruft: Ein blumiges, angenehmes Empfinden. Wenn dieses Molekül aber anstatt eines Wasserstoffatoms ein Deuteriumatom enthält, das chemisch identisch, aber doppelt so schwer wie ein Wasserstoffatom ist, dann ist die Empfindung so eklig wie der Geruch von vergammelten Eiern. Die Sinneszellen können also offenbar unterscheiden zwischen den Eigenschaften eines Atoms in einem Molekül. Wahrscheinlich ist es der Unterschied zwischen den Vibrationen dieses einen Atoms. Das ist Quantenmechanik. Sprache ist alles andere als quantenmechanisch.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Na gut, Sprache kann man nicht riechen.
Aber man kann Sprache hören, sehen, tasten. Daraus folgere ich, daß Sprache unterschiedliche Effektoren in Form von Wellen (jeglicher Art) bildet, welche von den jeweiligen Rezeptorenmolekülen zur Weiterverarbeitung erkannt werden.
*g*

PS: Apropos riechen. Andererseits soll unterbewusst ja sehr viel zwischenmenschlich Duftendes 'gesprochen' werden.
Das Leben an sich funktioniert offenbar quantenmechanisch.

Oberarm,

das offenbart sich mir überhaupt nicht!
Quantenmechanik ist ein sehr unvollständiges Modell,
Materie zu beschreiben,
also halt auch nur ne Sprache.

*sonne*
Julius
Was bedeutet "nur ne Sprache"?
Nur ne über das Leben gestülpte Folie, wie Du sagtest.
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