Die Persönlichkeit ist das, was eine Person im Besonderen ausmacht.
Zu Persönlichkeit gehört der Charakter, den ein Mensch nach meinen Erfahrungen schon vor der Geburt als Anlage mit bringt. Das haben wir in den 1970ern nicht wahr haben wollen, dass solch ein großer Teil des Charakters schon so früh fest gelegt sei. Wir gingen vielleicht von 20% aus und waren der Überzeugung, dass der Rest anerzogen sei. Wie gesagt, vom Charakter, nicht von der Persönlichkeit.
Heute sehe ich es anders herum. Ich habe einige Kinder bei und kurz nach der Geburt erlebt und sehe sie auch nach Jahrzehnten noch völlig unverändert in ihren charakterlichen Zügen.
Persönlichkeit baut auf den Charakter auf und ist von den weiteren Lebensumständen geprägt. Persönlichkeit wird meisten als das bezeichnet, was einen von den anderen unterscheidet und so gibt es Menschen, denen wir eine besondere Persönlichkeit zugestehen, in der Regel eine mehr oder weniger große. Die kleine Persönlichkeit gibt es im Sprachgebrauch dagegen nicht; da spricht man denn eher vom Normalbürger.
Der Begriff Persönlichkeit wird also meist wertend gebraucht. Man kann mehr oder weniger davon haben. Dem zu Grunde muss natürlich ein Wertesystem liegen, dass alle anerkennen: Mehr Persönlichkeit = besser.
Das ist nicht in allen Ländern so: In Japan lebt(e) man sehr viel unindividueller. Die Gruppe hat dort einen sehr viel höheren Stellenwert hat als bei. Traditionell besser ist es dort, seine Persönlichkeit der Gruppe zu unterstellen.
Ich glaube, unser hiesiges Werteschema, in dem die Individualität großes Ansehen genießt, ist noch gar nicht so alt. Früher war unsere Welt hierarchisch übersichtlicher angeordnet. Das Ansehen hatten die Personen von Rang und Adel, die Persönlichkeit also schon mit dem Blut vererbt. Für den kleinen Mann gab es weniger Anlass, sich auf dem Markt durch ein hippes Outfit von den anderen abzusetzen. Man trug unauffällige Arbeitsklamotten und am Wochenende vielleicht eine Tracht. Letztere kommt eher einer Uniform nahe und steht nicht gerade für Individualität.
Der Abbau von Hierarchien in den letzten Jahrhunderten machte vielleicht Platz für einen individuelleren Stil. Viel dazu beigetragen haben unter Garantie die neuen Medien ab dem 20. Jahrhundert. Für mich das Jahrhundert der Stars und Sternchen, und genau diese sind für viele zum Vorbild einer weniger angepassten Einstellung geworden. Ganz verkürzt: Erst seitdem es diese Medien gibt, hat man die Möglichkeit, aus der Masse der kleinen Männer heraus zu treten und bekannt zu werden, auch ohne dass man blaues Blut in den Adern trägt.
Gleichzeitig mit der Aufwertung des Individuums, vor allem seiner "Freiheit", erfolgt eine Abwertung des Angepasstseins. Der Angepasste wurde bei uns in Deutschland, gerade nach den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges zum Sinnbild des Wohlstandsbürgers und Spießers.
Es ist schon eine kleine Cloud, die sich hier zusammen findet: Individualität Angepasstsein Gruppendynamik Selbstbewusstsein Freier Wille Bekanntheit Normalbürger Freiheit Unterdrückung Duckmäusertum Schwarmverhalten Abgrenzung Protest, all das und mehr assoziiert in den Begriff Persönlichkeit hinein.
Soweit für jetzt. Habe noch mehr Gedanken dazu, wollte aber erst einmal grundsätzlich aufzeigen, dass dem Begriff Persönlichkeit in unserem Kulturkreis diese starke Wertung anhaftet und dass das nicht überall und immer so gewesen ist.