Heraus kam, das je fortschrittlicher ein Land in Sachen Gleichstellung ist, umso tradierter sind die Geschlechterrollen. -> Gleichstellungsparadoxon
Das kam nicht heraus, sondern war der Grund, den Film zu drehen.
Der Film ist toll. Es kommen solche Wissenschaftler zu Wort, die sagen, es gäbe keinen biologischen Unterschied vom weiblichen und männlichen Hirn bis zu Forschern, die sagen, schon beim gerade Geschlüpften könne man Unterschiede in Prägung und Verhalten erkennen.
Jeder hält an seiner Seite fest, ganz entsprechend der Diskussion hier im Forum.
Mich interessiert nicht so sehr, welche Seite Recht hat, sondern warum es zu dem Widerspruch kommt und warum beide Seiten mit ernsthaften Bemühungen zu anscheinend widersprüchlichen Ergebnissen kommen.
Am nahesten dran für mich war die Forscherin aus Durham, die dem Sinn gemäß fragt: Wie kann die Evolution erfolgreich sein, wenn sie nicht Männchen und Weibchen ihren Aufgaben entsprechend ausstattet?
Der Grundkonflikt des Films und auch der Diskussion hier spiegelt sich in der Frage: Ist geschlechtsspezifisches Verhalten vererbt, also angeboren oder wird es durch soziales Verhalten geprägt?
Wie so oft liegt der Fehler in der Frage selbst. Es wird eine ganz wichtige Funktion übersehen: Auch Erlerntes manifestiert sich im Erbmaterial. Geht man nämlich davon aus, dann schwinden alle Widersprüche dahin.
Die Mutter, die gute Erfahrungen in ihrem sozialen Verhalten gemacht hat, vermittelt Kind und Kindeskindern eben auch diese. So kommt es, dass diese schon bei Geburt eine Prägung erhalten haben, die sich allein schon in den farblichen Vorlieben der Kleinsten zeigen.
Dass dies überhaupt möglich ist, ist weitgehend unbekannt. So gehen wir gedanklich noch immer davon aus, dass unsere Kinder quasi mit leerer Festplatte geboren werden. Dass dem nicht so ist, beweist zum Beispiel folgendes Experiment:
http://www.spiegel.de/wissen … e-erinnerungen-a-936692.html
Vor diesem Hintergrund müssen wir davon ausgehen, dass nicht nur körperliche Strukturen vererbt werden, sondern auch solche aus dem Erfahrungsbereich der Eltern. Obwohl also das Gehirn von Weibchen und Männchen in der Funktion und Beschaffenheit gleich ist, wurde dieses schon pränatal mit unterschiedlichen Informationen vorformatiert.
Ich finde das sehr bedeutend für den Diskurs, zeigt es doch, dass unser tradiertes Rollenverständnis eben auch schon in den Genen angelegt ist. Zeigt aber auch, dass sich Verhaltensänderungen wiederum auf das Erbmaterial auswirken können. Nur braucht das natürlich Zeit und geht nicht innerhalb von drei Generationen.
Meine Großeltern sind im 19. Jahrhundert geboren und ein jeder kann sich ausmalen, mit welchem, heute für uns völlig verschrobenen Rollenverständnis diese ausgestattet waren. Da wird also noch ein gutes Stück davon an mich und meine Kinder weiter gegeben worden sein.
Warten wir also ab, wie und wann sich die Emanzipationsbewegung erfolgreich auch ins Erbmaterial eingebaut haben wird.