Information ist immer und überall, nur der Filter wäre eine Betrachtung wert.
Gut, wir wollen es so, und es ist gut, dass Informationen "on demand" da sind, wo man sie braucht.
Früher haben die Medien uns erklärt, was für uns wichtig ist, heute stehen sie in unserem Dienst. Morgen buhlen sie um unsere Aufmerksamkeit.
Ich danke euch fürs Mitschreiben.
Wobei ich das gar nicht moderieren mag.
Es tut mir fast Leid, diese olle Kamelle hier durch den nährstoffreichen Philo-Kakao zu ziehen.
Aber eben die philosophische Auseinandersetzung hat mir in den Nachrichten sehr gefehlt. Durch das Internet rücken wir auf der virtuellen Couch so nah zusammen, dass die Fernsicht verloren geht.
Empathie ist ein ganz großer Begriff: Entweder man hat sie, oder nicht, und da lässt sich nicht dran schrauben. Als ich von dem Flugzeugabsturz hörte, und vor allem von der Schulklasse, war die erste Reaktion: Au weia, das hätte meinen Sohn treffen können. Gleiches Alter, gleich Geografie, Gymnasium, Schüleraustausch. Vllt. denkt das Hirn schon in "Matches" und ver"clouded." Vllt. ist Empathie nur eine Frage der Matchpoints.
Also direkt auf dem Handy die News-App installiert und selbst auf ferner Hunderunde mal eben gelürt: Was gibt es Neues? -- Und es wird ja immer bunter: Der Voice-Rekorder wird gefunden, dann herrscht Schweigen. "Im Namen der Angehörigen" drängt man in den Medien um Informationen, die Informationen kommen am anderen Tag, "im Namen der Angehörigen" drängt man, das sei bitte sehr zu früh. Man solle erst die gründlichen Untersuchungen abwarten. "Im Namen der Angehörigen" schalten die News-Boards ihre Kommentarfunktion ab, dabei hätte ich gedacht "im Namen der Angehörigen" wäre es besser, die Sache offen zu diskutieren.
Nun soll es eine Depression gewesen sein, die den Piloten zu der Wahnsinnstat verführt hat. Ich denke, ich höre wieder nicht richtig: Habe ich eine andere Vorstellung von Depression? Warum nimmt der Mann sich nicht den Strick oder -- meinetwegen zerschellt in seiner Cessna nur für sich allein in den Bergen?
Das alles ist eine ordentliche wechselseitige Hybris, wie ich meine. Erst sind wir im Januar "Charlie", dann die großen psychologischen Depressivenkenner. Und zwischendurch bombt die IS uns ins Mittelalter zurück. Ich bin verärgert. Unsere Altvorderen hatten genug Krieg durchlitten und auch mit angezettelt. Wir haben gelernt, uns zu erklären und offen zu debattieren. Wir leben (das gilt es nicht zu diskutieren!) in einer Demokratie. Zumindest schaue ich nicht in ein Mündungsrohr, wenn ich zum Shoppen bei aldi auf dem Parkplatz halte.
Und das soll jetzt anders werden? -- weil ein paar Lemminge sich und den Planeten Erde keine Zukunft geben, weil sie etwas erreichen können mit Macht -- bewaffnet mit einem Airbus unterm Arsch? Da rollt doch eine ganze Welle Dystopie heran. Oder irre ich mich?
Meine eigene Flugangst ist eher bescheiden im Vergleich dazu. Doch auch sie ist ein Rhizom in dieser Gesellschaft, ein kleines, das manchmal größer wird, aber nie so groß, 150 Menschen huckepack in den Tod zu schicken. Vielleicht ändert sich das noch. Wer will schon als unbeschriebenes Blatt zuende gehen, wenn er nicht posthum noch Aufmerksamkeit erlangen kann?
Und sterben müssen wir ja alle.
Irgendwie.