Einzelbeispiele
sagen nicht viel und seien sie noch so monströs. Krieg und Vernichtung gab es leider schon immer, aber eben auch und in der ganz überwältigenden Mehrzahl das Gegenteil. Gerade die Tatsache, dass es Gewalt und Ungerechtigkeit in der Welt gab und gibt, zeigt ja die Alternativlosigkeit des Prinzips des sittlich Guten, nämlich Werte und Tugenden immer wieder neu zu leben, Frieden, Recht, sozialen Ausgleich, Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit unermüdlich anzustreben. Und ich meine, das gelingt auch jeden Tag - wenn auch von manchen unbemerkt - auf diesem Planeten, in den Familien, unter Freunden, Schulen, Universitäten, Vereinen, in sozialen Einrichtungen, Krankenhäusern, Arzt-, Psychologie- und Anwaltspraxen, Gerichten, Betrieben, der Politik, in Kirchen usw. usw. usw. Natürlich gibt es auch das Gegenteil. Aber wer das Gute in und um uns nicht sehen kann und nicht spürt, der ist natürlich arm dran.
Vielleicht öffnet dieses Gleichnis von Tauler, das ich sehr liebe, manche Augen (Wer sich daran stört mögen den religiösen Hintergund ausblenden):
Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst sodann schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Also trage deinen Mist – das sind deine Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst – mit Mühe und mit Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne allen Zweifel in einer demütigen Gelassenheit köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus.
Johannes Tauler (um 1300 - 1361), Straßburger Dominikaner und Mystiker, möglicherweise Schüler Meister Eckarts