Philosophie und Manipulation
Philosophie und Manipulation sind ein uraltes Wechselspiel, dass ihr schon bei Sokrates/Platon finden könnt.
Dort findet sich die Auseinandersetzung unter anderem beim Umgang mit der "Rhetorik" (Wobei Rhetorik mehr ist als Manipulation). Die Diskussion dreht sich, mal ganz grobkörnig, um die Frage, ob es unethisch ist die Kunst der Rede zu lehren und zu verwenden. Sokrates sieht die rhetorischen Fähigkeiten der Sophisten sehr kritisch.
Hintergrund:
Die neu entstandene Demokratie fand in der polis statt und dort wurden Reden und Diskussionen geführt. Natürlich hatten begnadete Redner dort großen Einfluss, da es zwar Interessen, aber nicht Parteien wie heute gab.
Meiner Meinung nach gab es in der Antike zwei Fragen rund um die Manipulation mittel Rhetorik, eine eher politische und eine eher pädagogische:
1.) Ist es gut oder schlecht Menschen mit der richtigen Redetechnik zu überzeugen? Das Problem: eine überzeugende Technik ist erst einmal ethisch neutral und kann für Gutes und für Schlechtes verwendet werden. Ist es aber nicht unverantwortlich anderen ein Werkzeug in die Hand zu drücken und sich nicht darum zu scheren, was sie damit machen?
2.) Sollte Wissensvermittlung mittels Vortrag oder Dialog entstehen? Sokrates und Platon waren dabei eher dialogisch unterwegs, wie ihr sicher wisst. Argument: Das Erarbeiten des Wissens geschieht durch den Gesprächspartner und es wird einem nicht vorgesetzt.
Was hat das mit heute und mit Manipulation zu tun?
Ich finde für eine philosophische Diskussion lassen sich ein paar Punkte gewinnen:
1) Manipulation wird zwar im alltäglichen Wortgebrauch negativ gesehen, aber wieso sollte gerade eine philosophische Diskussion sich daran halten was "üblich" ist.
Ich würde vorschlagen die antike Ansicht zu übernehmen: Der Manipulation liegen erst einmal ethisch neutrale Techniken zu Grunde die man so oder so verwernden kann (Stichwort Pick-up-Artists vs. Selbstbewusssteinstraining).
2) Gab es überhaupt ein Opfer im aktuellen Fall?
Im Falle der Manipulation durch die schöne Frau (Danke
@*******airy für das Contra gegen die Klischeeklitsche) scheint es mir eh so zu sein, dass der Mann ja nicht leer ausging. Es bleibt daher zu fragen, ob er unglücklich war
während er Aufmerksamkeit und Sex bekam oder eigentlich nur deswegen ein Problem darin sah, weil sie nicht blieb.
In diesem Fall wäre es weniger eine Manipulation der Frau, als eine narzisstische Kränkung des verlassenen Mannes, der die Kränkung als Manipulation umdeutet, weil er mit der Herabsetzung der Frau als Manipulatorin die Kränkung zu mindern versucht.
Das führt direkt zu
3) Wer manipuliert hier wen?
Vielleicht manipuliert gerade der Mann seine Erinnerung um die Kränkung durch die Zurückweisung besser zu verarbeiten. Die Herabsetzung der Frau würde dazu gut passen (Ha! Die Schönheit mit der du mich verführt hast, wird dir nicht bleiben!). Er erfreut sich an einem zukünftigen Verlust der anderen um seinen oberflächlichen Verlust (Geld, Zeit etc.) zu "rächen". Dabei fällt ihm nicht auf, dass er den eigentlichen Verlust (der Liebe, Zuwendung etc.) damit zu verdrängen sucht. Vielleicht ist es für ihn auch einfacher sich einzureden, sie hätte ihn wegen mangelnder Güter verlassen und nicht weil sie seines Charakters überrdrüssig wurde.
Die Gefahr einer massiven Selbstmanipulation ist zumindest gegeben.
Und möglicherweise gibt es noch eine weitere Manipulation:
4) Gesellschaftliche Setzungen
Das ganze Szenario findet in einem gesellschaftlichen Kontext statt. Erwartungshaltungen an Geschlechter, Generationen etc. spielen hier eine Rolle. Ausbrüche aus diesen Rollen werden Sanktioniert, Verhalten innerhalb der Rollenbilder werden belohnt. Das Beispiel ist ein übles Klischee und doch ein Zeichen der Gesellschaft in der wir leben.
Männliche Versorger sind häufiger, Toyboys reicher Damen sind seltener. Du kannst die Rolle der ausgehaltenen Frau spielen und beide Mann und Frau werden selten Gegenwind bekommen. Umgekehrt ist es nicht so reibungslos.
Es gibt also einen großen Strom, nennen wir ihn mainstream, der mit Lob und Tadel, Spott und Anerkennung (was für eine Frau du da hast, geile Schnitte), es mehr oder weniger angenehm machen eine Beziehungskonstellation zu leben.
Werden also am Ende vielleicht beide von außen manipuliert? Der Mann und die Frau, die Rollenvorbildern folgen, die sie in hunderten Filmen gesehen haben, aus ihrem Freundschaftkreis oder von den eigenen Eltern kennen? Der Mann als pekuniär potent, die Frau als huldvolle Empfängerin seiner Reichtümer, die sie mit Schönheit und sexueller Gefälligkeit goutiert?
Sind in diesem Sinn nicht beide auch ein Stückweit Opfer?