@kyra_1905
Ich habe schon in der Schule sehr schnell gesprochen. Meine Hand war immer oben und wenn ich antworten durfte, habe ich das was ich wusste oder mir gedacht habe, in rasender Geschwindigkeit hervorgebracht, alles mit allen Assoziationen und 'Nebengedanken'. "Sprich langsam.“sagten die Lehrer immer. Ich wurde auch manchmal darüber rot und habe sogar gelegentlich dabei gestottert.
Als ich später Unternehmensberater war, hatte ich inzwischen gelernt meine Rede z.B. bei Präsentationen langsam und getragen vorzubringen - um dann aber dennoch immer wieder mal in ein schnelles Intermezzo über zu wechseln. Das dann mit Absicht, um Abwechslung und Dynamik in die Rede einzubauen. Damals hing alles vom Verständnis und von der Akzeptanz beim Kunde ab. Auch heute wechsle ich aus verschieden Gründen bewußt mein Sprechtempo.
Ich hatte also gelernt, einen Teil der Gedanken nicht auszusprechen. Der Teil war auch meist nicht dazu geeignet, denn er betraf meinen Vortrag selbst, lag also auf der Metaebene: Wie sage ich das jetzt noch klarer und deutlicher, wie werde ich besser akzeptiert? Hören mir alle zu oder schweifen welche schon ab? Wie gewinne ich Zuhörer?
Nach meinem Studium habe ich in der Computerforschung gearbeitet. Dort waren viele Mathematiker beschäftigt und mich hat es irritiert, wie sie langsam und bedächtig gesprochen haben. Aber sie haben sich das, was sie sagen wollen, vorher nur (intern) gründlich durchdacht und dann das Ergebnis langsam vorgetragen. Es hat auch immer ziemlich lange gedauert, bis sie in Fachgesprächen selbst auf Fragen oder Einwände geantwortet haben, nicht weil sie mit dem Verstehen des Vorgebrachten beschäftigt, sondern mit dem Entwickeln ihrer Antwort beschäftigt waren - es war wirklich für mich manchmal ziemlich nervig, hatte aber eben einen guten Grund. Und ich habe daraus auch gelernt. Oft war das, was sie gesagt haben gut verständlich, denn es hatte den inneren Prozess der Ordnung und Klärung der Gedanken durchlaufen. Darum ging es mir auch immer und es ist wirklich sehr schwer.
Man kann es tatsächlich mit einem Computer vergleichen. Der Prozessor kann viele Operationen durch führen ohne etwas auszugeben. An komplexen Aufgabenstellungen arbeiten sie tagelang. Er kann sicher auch schnell ausgeben, aber dazu braucht er vorher eben die Ergebnisse des Prozessors. Wenn die die Ausgabe schneller ist, als der Prozessor arbeitet, gibt der Computer nur inhaltsleere Zeichenfolgen aus, 'Schrott' also. Das entspricht dem schnellen Geplapper von manchen (meist) jungen Leuten. Wenn der Computer etwas ausgeben soll, was einen Wert hat, muß dieser vorher erst intern geschaffen und also erbracht werden, der Prozessor muß vorher erst rechnen bevor er Ergebnisse von Wert ausspuckt (er rechnet in er Tat nur bzw. führt nur logische Operationen aus).
Wer schnell spricht und etwas sinnvolles klar und verständlich darlegt, hat auch vorher schnell gedacht. Davon bin ich überzeugt. Das halte ansonsten ich auch für ein wesentliches Merkmal von Intelligenz. Ein Merkmal, was zunächst unabhängig vom Inhalt des Denkens selbst ist.
Das waren bisher aber lediglich psychologische und technische Überlegungen. Was bedeutet das nun philosophisch? Nun es führt uns auf die Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sprache. Das aber ist wiederum ein eigens Thema – etwas an das ich mich nicht recht heranwage.
Ist denken lautes reden mit sich selbst?Ich denke es ist oft mehr, weil ich beispielsweise Gedankenverbindungen herstelle ohne das ich darüber innerlich mit mir rede. Das Denken hat eine rationale (logische) und emotionale (intuitive) Komponente. Woraus bestehen diese jetzt eigentlich so...?
Das Reden zu beschreiben ist wohl etwas einfacher... Und außerdem haben wir noch gar nicht vom Schweigen gesprochen...