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ich verstehe günther – bisher – so,
Hmmm.
Ich habe nicht viel Energie zum Tippen heute, deshalb nur "kurz":
Ich denke, dass Günther doch vor allem einen sehr stringenten
historischen Bogen aufspannt.
Das, was wir heute unter Logik und Mathematik verstehen, ist im Wesentlichen in der griechischen Antike entstanden: Insbesondere die Vorstellung absolut und ewig gültiger Wahrheiten. Absolut im Sinne von losgelöst von jeder tatsächlichen empirischen Tatsache. Platonische Ideen.
In dieser Vorstellung west (nach Günther) eine ganz bestimmte Metaphysik.
Allgemein ticken die Menschen heute so, dass Mathematik und Wissenschaft das religiös-metaphysische Zeitalter überwunden haben. Dass sich im Gefolge der Aufklärung ein Bewußtsein herausgebildet hat, das keiner "metaphysischen" Grundlagen mehr bedarf, sondern ausschließlich auf objektiv-wissenschaftlich überprüfbaren Beweisen fußt.
Dieses Denken hat sich im 19 Jahrhundert immer weiter herauskristallisiert: In ihm steht die Mathematik im Zentrum der Wissenschaften. Diese Mathematik stellt Modelle (Berechnungsverfahren) zur Verfügung, die so mit den Ergebnissen empirischer Forschung verglichen werden, dasss sich am Ende ein System von Naturgesetzen ergibt, welches mit möglichst wenigen Regeln und Grund-Begriffen (Si-Einheiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Einheitensystem) auskommt. Elegantestes Beispiel sind die Newtonschen Bewegungsgesetze.
Man nennt dies das reduktionistische Wissenschaftsprinzip: die Physik beschreibt die elementaren Teilchen und deren Bewegungen nach festen (mathematisch präzise formulierbaren) Gesetzen. Aus diesen ergeben sich idealerweise auch die komplexeren, von der Chemie beobachteten Phänomene und aus der Chemie wiederum die Biologie und aus dieser am Ende sogar Soziologie, Psychologie und Geschichte. Alles in diesem Elfenbeinturm kann auf ein mathmatisch präsizes Fundament reduziert werden.
So weit so gut.
Dieses Prinzip hat im 19.Jhdt bemerkenswerte Erfolge zu verzeichnen gehabt und stand am fin de ciele kurz vor seiner Vollendung insofern, als es (vor allem durch die Arbeiten von Frege und Russel/Whitehead zur formalen Logik) denkbar, ja greifbar nahe schien, dass auch mathematische Beweisverfahren selber berechenbar/beweisbar/irrtumsfrei würden, da die formale Logik zu einem reinen Zeicheneinsetzungsverfahren vereinfacht worden war.
Zwischen 1926 und 1934 wurde dieses Idealbild von zwei Seiten massiv erschüttert:
Die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik stellte den Objektivitätsbegriff in Frage insofern als sich die empirischen Ergebnisse einer Beobachtung nicht mehr vom Einfluss des Beobachtungsprozesses (und damit vom beobachtenden Sbjekt) trennen ließen. Ohne eine solche Reflektion auf den Beobachtungsvorgang ist Quantenphysik nicht machbar.
Zweitens zeigte Gödel, dass jeder "Reflektionsprozess" der Mathematik, der versucht, absolut und
vollständig arithmetische Beweisverfahren mit arithmetischen Mitteln zu beschreiben, sich notwendig in Widersprüche verstricken muss.
(Diese Seltsamen reflektiven Dreiecksverhältnisse zwischen Subjekt, Objekt und Beobachtungs-/Kommunikations-/Beweis-Prozess werden ja auch von der modernen Psychologie ganz toll beschrieben. Watzlawik ist klasse und auch Fritz B. Simon: "Meine Psychose, mein Fahrad und ich." Das Muster ist überall dasselbe wie bei Gödel: Wenn die Metaebene teil des Systems wird, beginnt der Irrsinn=Widerspruch.)
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Was Günther herausarbeitet ist, dass gerade die Erfolge bei der Formalisierung der Logik (und damit der mathematischen Beweisverfahren) uns seit Gödel nunmehr nötigen, noch einmal ganz genau hinzuschauen, welche metaphysischen Grundlagen eigentlich in der griechischen Logikvorstellung enthalten waren.
Und er kommt dann eben dahin, dass es gerade diese Zweiwertigkeit der aristotelischen Logik ist, die stillscheigend seit 2000 Jahren angenommen wurde, und die nur mit einer metaphysischen Neuordnung der Kernbegriffe überwunden werden kann.
Ergänzend noch: Das mathematische Gleichheitszeichen ist formaler Ausdruck der Verbs "sein." zweiundzwei
IST vier. Ontologie (gr. ontos, lat. ens, dt das Seiende, engl being, Partizip Präsens) ist die Lehre vom Seienden. Deshalb ist die Ontologie natürlich auch immer mit dabei und Günther muss genau hier: Beim Sein des Seienden beginnen.
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Wobei ich große Zweifel habe, dass ich das jetzt klarer zusammenfassen konnte, als Günther selber.