Kant II
Ich will hier zur Möglichkeit unserer Erkenntnis ein tiefer liegendes Problem zur Diskussion stellen. Dazu aber sollten wir Kant selbst und seine Behauptung dazu vernehmen:Wir können uns keinen Gegenstand denken, ohne durch Kategorien; wir können keinen gedachten Gegenstand erkennen, ohne durch Anschauungen, die jenen Begriffen entsprechen. Nun sind alle unsere Anschauungen sinnlich, und diese Erkenntnis, ... , ist empirisch. Empirische Erkenntnis aber ist Erfahrung. Folglich ist uns keine Erkenntnis a priori möglich, als lediglich von Gegenständen möglicher Erfahrung*.
Aber diese Erkenntnis, die bloß auf Gegenstände der Erfahrung eingeschränkt ist, ist darum nicht alle von der Erfahrung entlehnt, sondern, ... in uns a priori .... Nun sind nur zwei Wege, auf welchen eine notwendige Übereinstimmung der Erfahrung mit den Begriffen von ihren Gegenständen gedacht werden kann: entweder die Erfahrung macht diese Begriffe, oder diese Begriffe machen die Erfahrung möglich. Das erstere findet nicht in Ansehung der Kategorien ... statt; denn sie sind Begriffe a priori, mithin unabhängig von der Erfahrung … Folglich bleibt nur das zweite übrig … daß nämlich die Kategorien von Seiten des Verstandes die Gründe der Möglichkeit aller Erfahrung überhaupt enthalten.
(Kant; Kritik der reinen Vernunft, B167)
Hat er damit Recht? Ist seine Argumentation schlüssig? Vereinfacht gefragt: Entlehnen wir die Begriffe, die wir verwenden, nun der Erfahrung, unserem unmittelbaren Erleben von etwas dadurch, dass wir z.B. etwas erblicken oder unserem Denken von vornherein also gleichsam von Geburt an)?