Mensch-Tier-Mensch-Umwelt
Natürlich ist das Thema in der Philosophie schon durchgekaut bis zum geht nicht mehr. Es scheint ein ständiges Thema zu sein, was zeigt, dass die Antwort nicht so einfach ist.
Meiner Meinung liegt das vor allem daran, dass der Blick auf Mensch-Tier-Pflanzen-Natur nicht konstant ist. Es gibt, wie bei vielen Themen, eher Moden, Strömungen, die von Paradigmen beherrscht werden, die oft gar nicht mit der Ursprungsphase zu tun haben, sondern kulturell eingefasst sind. In Phasen der Beherrschung der Außenwelt wird eine klarere Trennung gezogen, weil sonst die Idee der Herrschaft unterminiert wird. In Phasen in denen das Zusammenleben im Vordergrund steht, ist es genau umgekehrt.
Das findet sich oft auch bei konkreten Menschen. Menschen, die ihre Umwelt instrumental begreifen, suchen nach einer Abgrenzung, diejenigen, die eher empatisch denken, suchen Kontinuitäten anstatt Brüche.
Es gab in der Philosophiegeschichte viele Klassifikationsversuche. Die Älteren kann man nur noch überarbeiten, weil sie von einer überholten Faktenlage ausgehen, wie hier ja schon vielfach gesagt wurde. selbst die Trias von Hans Jonas aus den 70ern (Werkzeug, Bild, Grab) gilt nicht mehr, wenn man nicht bereit ist graduell zu argumentieren.
Das ist bei so einer Fragestellung sowieso die erste Frage. Der "Mensch an sich", sucht das nach einem qualitativen oder quantitativen Unterschied? Wenn ein quantitativer Unterschied reicht, kommst du mit Jonas gut durch:
-Es gibt kein Tier, was nur annähernd so exstensiv und kommunikativ, geplant und durchdacht komplexe Werkzeuge herstellt wie der Mensch.
-Es gibt kein Tier, dass so reflexiv, in Relation zu anderen und aktiv mit dem eigenen Bild umgeht, bzw. mit Informationen an sich (s.h. Vorredner zur Trennung von Information und Autor).
-Es gibt kein Tier, dass so umfassend über die eigene Endlichkeit und die dazu führenden Faktoren aufgeklärt ist und darauf das Leben aufbaut, wie der Mensch.
Dazu kommt die Summe der Fähigkeiten im Menschen. Während viele Tiere Werkzeuge benutzen, einige ihr Bild erkennen und eine Handvoll so etwas wie Friedhöfe kennt, ist die Teilmenge, die alles drei kann nochmal deutlich kleiner.
Doch es gibt noch weitere Eigenschaften, wenn man auf dem quantitativen Weg bleibt. Fügen wir die zur Schnittmenge hinzu, fallen weitere Tierarten heraus, bis eigentlich nur der Mensch übrigbleibt:
• Die Fähigkeit Abstand zu nehmen zwischen Bedürfnis und Bedürfnisbefriedigung. Da viel mir was aus meiner Kindheit ein (den rassistischen Kommentar am Ende hatte ich nicht mehr in Erinnerung)
Eine Eigenschaft, die wir auch erst lernen müssen und die manche nicht hinkriegen (werden):
• Empathie, sich in andere hineinversetzen, sozusagen Spiegelstest Stufe 2 ;-), happy victimiser-Test, und auch die Grundlage für moralische Gedanken. Wie man in dem Video sehen kann, ist hier auch wieder das Problem, dass dies auch nicht alle Menschen wirklich entwickeln :
• Hannah Arendt hat die "Natalität" eingebracht in die Debatte. Wieviele Tiere gibt es, die sich auch ihrer eigenen Gebürtlichkeit bewusst sind? Die verstehen, was dies bedeutet und damit auch die Fähigkeit der eigenen Fortpflanzung reflektieren können? Mir ist kein solches Tier bekannt, es mag aber eines Geben.
• Dazu kommt natürlich die Sinnzuschreibung in Prozesse. Menschen suchen nach Sinn, andere Tiere nicht in dem Maße, weshalb es wohl keinen tierischen Götterglauben gibt. Auch hier ist es wieder ein quantitativer Unterschied, da der Werkzeuggebrauch natürlich schon eine rudimentäre Sinnzuschreibung ist. Doch nur Menschen erfinden höhere Wesen (und behaupten dann, dass sie Recht haben und sich die 80% die an andere höhere Wesen glauben/geglaubt haben, total irren. ;-)).
Meiner Meinung nach kommst du damit sehr gut weiter. Da sich der Mensch evolutionär entwickelt hat, ist ein qualitativer Unterschied für mich nicht zielführend, da es eben ein Entwicklungsprozess ist. Einzigartigkeit entsteht in diesem Fall nicht durch eine völlig einzigartige Fähigkeit, sondern ist multifaktoriell. Dieses Modell bietet überdies die Rückbindung an die vielen tierischen und dem Leben insgesamt innewohnenden Eigenheiten, die wir beim Menschen immer noch stark ausgeprägt finden.
Anders gesagt:
Die Idee eines Menschen "an sich" ist eine Strömung einer bestimmten Denkungsart von "Mensch", die ich schon zurückweisen würde. Der Mensch ist nicht an sich, sondern Teil eines komplexen, verbundenen Konstrukts namens Natur. Gleichzeitig ist die Vorstellung von Einzigartigkeit zu hinterfragen, die nämlich nicht nur in einer totalen Abgrenzung zum Anderen gesehen werden kann, sondern auch in einer einzigartigen Mischung von Eigenschaften, die du jeweils mit Anderen teilst.
gruß
Brynjar