Grenzfälle
Wenn ich einen Text schreibe, ist er mein
geistiges Eigentum. Das gehört mir, denn ich habe den Text erdacht und aufgeschrieben, evtl. noch verbreitet und sogar dafür mit irgendetwas bezahlt, das in der
materiellen Welt mir gehört. Bedenke ich aber weiter, dass ich für diesen Text Worte benutzt habe, die ich nicht selbst ersonnen habe und auf Gedanken aufgebaut habe, die nicht durch meinen eigenen Verstand erzeugt wurden, wird die Sache unscharf - dann taucht die Frage auf: Kann etwas, das nicht ganz und gar mir gehört, weil alles daran von mir stammt, mein Eigentum sein?
Mit dem Gedanken, irgendetwas könnte mir wirklich gehören, begebe ich mich schnell auf Glatteis: Mir kann partiell und temporär ein Teil von irgendetwas gehören, weil ich es so definiert habe, wie es vorher noch nie jemand anderes tat, aber niemals das große Ganze. Entweder es gehört allen, oder es gehört niemandem. Wenn ich einen Text geschrieben habe, gehört mir dieser Text, aber nicht alle Texte, die jemals geschrieben wurden. Wenn mir aber das große Ganze nicht gehört, kann mir mein Text auch nicht exklusiv gehören.
Ist das logisch? - Ich weiss nicht! Mit dem Gedanken, irgendetwas, was ich erzeugt habe, könne mir nicht zur Gänze gehören, fühle ich mich unbehaglich. Was ist es, was mich diese Unbehaglichkeit empfinden lässt? Ich denke, es ist der Wunsch, mich als Individuum in meiner Einmaligkeit zu definieren und der Wunsch,
besitzen zu wollen. Ich glaube, diese Wünsche haben in uns allen ungeheure Macht.