Sich selbst als dumm empfinden halte ich nicht für gesund.
ist es auch nicht. es ruiniert das ego und erschwert die balz und den wettbewerb. aber es fördert religion, wir-gefühl und totalitarismus.
tatsächlich müßte der gipfel der einsichtigkeit in die himmel des dummseins münden. wir müßten jeden morgen vor unserer dummheit erschauern, das erst ergäbe einen hauch von begabung.
wir überleben aus gewohnheit und kurzkettigem handeln, teils nur aus dem verhalten heraus, in einer welt, die sich längst als unüberschaubar und zu komplex erweist. wir halten unser tun für intelligent, weil es unsere rechnungen halbwegs restfrei lösen läßt. aber wir ahnen kaum, inwieweit unsere rechnung mit der des lebens übereinstimmt. dann werden wir dauernd überrascht und halten das für den thrill am geschick, dabei ist es aber nur unsere lahme optik, die dinge versteckt läßt.
ich halte uns alle für dumm. alle hier und die gesamte gattung. wir pressen nächtens kleine, sulzige tipppilze in den modrigen datenboden, statt draußen nach luft zu schnappen, einer schildkröte die beinwunde zu versorgen oder die großtante, die bald geht, endlich anzurufen. ich halte diese hochkarätige zugeknöpfte hochnäsigkeit der sapientes für den offenbaren beweis für ihre dummheit.
ich halte das meiste, was wir tun, für sehr dumm. morgens kohlehydrate futtern, mittags hyaluron unterspritzen und abends den wellnessmantel überziehen. lesen, was best sellt, rosthungrige karosserien zu kapitalanlagen verkleiden, joy hochfahren, obwohl es anders auch ginge.
wir können immer und gerne in alle ewigkeit über klugheit tippen. das tut den fingergelenken gut. aber sich hin und wieder hinsetzen und ob der eigenen verlorenheit, sehunschärfe und geworfenheit alle viere von sich strecken, halte ich für noch gesünder.
nur nicht zu oft praktizieren.