Wahrnehmendes Selbst
... und unterscheidendes Selbst sind zwei verschiedene Schuhe, an jedem Fuß einer.
Betrete ich einen Raum, nehme ich erst mal alles mögliche wahr, von der hohen Decke bis zum zerquetschten Kaugummi auf dem Boden.
Ich bekomme einen Eindruck des Raums, und der ist noch nicht vom Verstand geprägt- bsp. könnte mir schlecht werden, weil es dort nach verbranntem Fett riecht und das erinnert mich an die Pommesbude an der Ecke, in der sich immer die Schläger des Viertels getroffen haben, so dass ich Angst hatte, dort her zu gehen usw. usf...
Oder ich sehe ein kleines Mädchen mit einem roten Luftballon und ich reagiere auf das Rot, weil ich aus irgendwelchen Gründen eine Affinität zu dieser Farbe habe.
Aber: Sind diese Eindrücke von Relevanz für mich? Hier schaltet sich der Verstand ein und sagt beispielsweise: Du solltest diesen Raum durchqueren, auch wenn es hier stinkt, denn Du musst zum Bahngleis und es gibt keinen anderen Weg. Und das Unterbewusste schiebt die Erinnerung an die Pommesbude wieder in die Versenkung. Ich nehme dann zwar noch immer wahr, was mich stört, aber ich setze mich darüber hinweg.
Oder aber: Du bleibst mitten im Raum entzückt stehen, weil Du hingerissen bist von dem Rot des Luftballons in der Hand des kleinen Mädchens, und Du dieser Szene noch eine Weile folgen möchtest, auch wenn Dein Verstand Dir sagt: Hier stinkt es nach verbranntem Fett.
Es ist also ein Ping-Pong-Spiel zwischen Unterbewusstsein und Verstand, das unsere Wahrnehmung steuert. Aus dieser Überlegung heraus halte ich die Frage der Gewichtung zwischen beiden für müssig. Ich nehme das in den Focus, was mir wichtig ist, und ich frage mich in diesem Moment nicht, was mir diese Wichtigkeit zuschiebt.
Wenn man nach der wahrheit fragt: Wahr ist beides - dass es in dem Raum nach Fett stinkt und dass zur gleichen Zeit ein Mädchen mit einem roten Ballon durch die Szene läuft. Wahr sind auch die anderen Menschen in dem Raum, auch wenn ich sie nicht wahr-nehme, wahr ist der Ksugummi und vieles, was niemand sehen, hören oder riechen kann.
es ist in diesem Moment nur nicht
meine Wahrheit.