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ich sage, nur mit der immer gleichen IP-Adresse wird es besser.
Eigentlich sehe ich das ja auch so.
Am Ende setzt sich eh die Wahrheit durch: In Beziehungskrisen, in der Philosophie, im Fegefeuer, in der Wissenschaft und bei Richterin Barbara Salesch.
Die Idee, dass durch eine totale (gegenseitige) Überwachung aller Menschen jedwedes Verbrechen unmöglich gemacht und jedwede Ungerechtigkeit beseitigt wird, ist einfach zu verlockend. Wir alle sehnen uns nach einer möglichst angstfreien und friedfertigen Welt, damit unser Geist und unsere Erotik und unsere Kultur sich ungestört zu den Höhenflügen aufschwingen können, für die sie bestimmt sind. Theoretisch kann die Menschheit dieser Vision technisch einen riesigen Schritt näher kommen.
Warum sperren wir uns dagegen?
Die Totalitarismusdebatte der Nachkriegszeit, die in diesem Thema die ganze Zeit mitschwingt, war von den Greueltaten des Krieges geprägt. Für wen macht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung überhaupt Sinn? Vor allem für das Folteropfer des Gestapo-Schergen, das seine Kameraden nicht verraten will. Aber da dieses Opfer eh seiner Rechte beraubt ist, hat dieses Recht letztlich nur eine symbolisch warnende Bedeutung: Nie wieder darf so etwas geschehen.
Die Frage wäre also, ob es an der Zeit ist, diese Totalitarismusdebatte zusammen mit ihren paranoiden Wahnvorstellungen historisch ad acta zu legen.
Wissen ist Macht. Weil es sich durch Teilung nicht vermindert, sondern vermehrt.
Dieses (Ver-)Teilungsproblem hat die Menschheit noch nicht gelöst. Wir (be)handeln Informationen, die sich durch Teilung vermehren, wie materialle Güter, die sich durch Teilung vermindern. Wir horten sie analog zum Getreide und Reis in Datenspeichern und wollen sie von dort aus verkaufen.
Dieses Bewußtsein des fundamentalen ontologischen Klassenunterschieds zwischen Informationen und Waren hat sich noch nicht im Entferntesten durchgesetzt. Es
erfordert gigantische Umänderungen im Selbstverständnis des globalen Wirtschaftslebens, die gleichfalls noch kaum erforscht wurden. Zu den bekanntesten Putzigkeiten dieser Kinderschuhe des Informationszeitalters gehören all die technischen und juristischen Possenspielchen um Kopierschutz und Urheberrechte. Mazitas Thema beleuchtet dasselbe Problem von einer anderen, totaleren Seite aus.
Wir befinden uns hier in einer Übergangsphase.
Gegenwärtig ist es möglich, durch das Sammeln von Informationen Geld zu verdienen, indem die Informationen ausgewertet werden und die Auswertung als Information weitergeleitet und verkauft wird. Reflexartig sperren wir uns gegen die Ausspähung unserer Privatsphäre, denn privare heißt berauben.
Die Datenkraken können uns aber nicht wirklich etwas wegnehmen.
Also brauchen wir keine Angst zu haben.
Die Angst, uns nackich zu machen, ist ja in unserem Kulturkreis erster Kollateralschaden der Vertreibung aus dem Paradies. Indem wir diese Angst überwinden, kehren wir dorthin zurück.
Angst müssen eigentlich die Datenkraken haben, denn die müssen von irgendetwas ihre Stromrechnung und ihre Aktionäre bezahlen.
Blöderweise bekommen die das derzeit besser hin als ich.
Ich stimme mit pue überein, dass unter dem Strich der Weg hin zu mehr Transparenz metaphysisch gesehen unausweichlich ist. Und dass auch die Datenkraken irgendwann ganz automatisch gezwungen werden, ihren derzeit arg "hortenden Charakter" wieder aufzugeben. Ich habe den Eindruck, dass sich das historisch in Wellenbewegungen abspielt:
Die Zündung des Internets in den Neunzigern war ganz wesentlich mitgeprägt von der open-source-Kultur; von der quasi "gemeinnützigen" Arbeit der linux-freaks, die dazu führte, dass auf der überweigenden Mehrzahl aller webserver heute unixoide Betriebssysteme laufen. Und zwar mit software, die sich jeder technisch interessierte Privatmensch kostenlos herunterladen, überprüfen und weiterentwickeln kann. Unter der Alleinherrschaft von Bill Gates hätte das alles weeeeeeeeeeeeeeesentlich länger gedauert. An diesem anarchischen Aufbruch habe ich mit Begeisterung teilgenommen. Mazita auch.
Mit der Wiederauferstehung von Steve jobs und den smartphones hat sich erneut ein Fast-Monopolist breitgemacht, der sein Betriebssystem noch stärker abschottet und mächtig Kohle abgreift. Hinzu kommen die Funknetze und ihre Technik als zusätzlicher technischer layer mit ähnlich oligopol-artigen Strukturen.
"Da mach ich nicht mit. Da mach ich nicht mehr mit."
Astrid Lindgren: "Carlsson vom Dach."
Was mir Sorgen macht, ist nicht meine Gläsernheit, meine Transparenz. War mir Sorgen macht, ist die Tatsache, dass diese Cliquen unsere gemeinsame Fahrt ins Licht derzeit ausbremsen und die Welt verdunkeln.
Auch googles personalisierte Suche verleugnet viele für unsere Kultur sehr wichtige Prinzipien wie Universalität, allgemeine Wahrheit, das Streben nach dem unum, bonum, verum. Gleichheit! Indem google die Unterschiede zwischen den Menschen auf diese Weise betont und damit die Filterblasen verstärkt, stiftet diese Firma Unfrieden unter den Menschen.
Google hat ein nettes Motto für webmaster, die suchmaschinenoptimierung betreiben wollen, welches ich heute gerne zurückrufe:
Don't do evil.