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Ich danke Dir, pue, dass Du Deine positiven Aspekte in dieser Ausführlichkeit dar gelegt hast.
Dem schließe ich mich an.
Und unterstützend Richtung positives Denken kommt ja offenbar hinzu, dass der mediale Druck in der Flüchtlingsblase etwas nachgelassen hat? Aber wir wollen es auch nicht übertreiben:
Die Einnahmen bekommt der Hersteller durch die Klicks, respektive die Werbung, die Nutzerdaten oder durch Lizenzen.
Dieses Modell hat zwar bemerkenswerte Erfolgsgeschichten hervorgebracht. Gerade für viele Kulturschaffende ist es wirklich großartig, dass sie heute die Möglichkeit haben, auch ohne die Vermittlung durch eine parasitäre Kulturindustrie Einkommen zu generieren.
Dennoch sehe ich nicht, wie dieser allgemeine Dienstleistungssektor der Informationsverteilung/-verarbeitung - in Marxscher Terminologie der kulturelle Überbau - tatsächlich das wirtschaftliche Überleben breiter Massen gewährleisten kann. Jedenfalls nicht beim gegenwärtigen Stand der Dinge.
Wir haben heute in Detuschland die Situation, dass kaum mehr 2% der Menschen in der Landwirtschaft tätig sind und weniger als 20 % in den klassischen Kernfeldern Rohstoffe (Bergbau), Stahlproduktion, Schwerindustrie einschließlich Maschinenbau. Jene Sektoren, die die Produktion der lebensnotwendigen Güter sicherstellen.
Nahezu vier fünftel aller Werktätigen balgen sich um irgendwelche schlechtbezahlten Brosamen teils absurdester Handels- Transport- und Verwaltungstätigkeiten sowie Dienstleistungen im weitesten Sinne. Als Beispiel seien nur mal diese Callcenter genannt, für deren Gründung man nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland tatsächlich Subventionen bekam. Oder Tatoo- und Nagelstudios.
Jeder Friseurbesuch, jeder Werbeclick, jedes heruntergeladene Musikstück, jede app muss letztlich aus jenen (zeitlichen und monetären) Überschüssen heraus finanziert werden, die uns der Einsatz von Maschinen in den überlebenssichernden Kernfeldern der Volkswirtschaft beschert hat. Wo aber genau landen diese Überschüsse? Wer verfügt über sie? Strukturpolitische Maßnahmen kümmern sich meist nur darum, dass regional irgendwelche (industriellen) Großbetriebe ihren Standort bekommen, in der Hoffnung, weitere Arbeitsplätze würden sich irgendwie drumherum ansiedeln wie die Fliegen auf einem Scheißehaufen.
Das Ungeordnete dieser Prozesse wird uns als Freiheit verkauft.
Wenn wir aber genauer hinsehen, stellen wir fest, dass eine konstant anwachsende Zahl von Menschen aus diesem System insofern herausfällt, als ihnen das lt Art 23 der UNO-Charta der Menschenrechte zugesicherte Recht auf Arbeit verwehrt wird. Sämtliche Statistiken, die hierzu in den Medien verbreitet werden, sind blanke Augenwischerei, wenn wir Absatz 3 betrachten
Jeder Mensch, der arbeitet, hat das Recht auf angemessene und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert und die, wenn nötig, durch andere soziale Schutzmassnahmen zu ergänzen ist.
Nötig kommt von Not.
Im Notfall bedürfen wir der Hilfe anderer, das ist menschlich, aber dieser Notfall ist für annähernd die Hälfte der Bevölkerung unseres Landes zum Dauerzustand geworden, weil die Nettoreallöhne inflationsbereinigt seit Beginn der 80er fast um die Hälfte gesunken sind.
Die Geldzuwendungen ersetzen nicht die Würde,
die den Menschen dadurch genommen wurde, dass sie entweder gar keine Arbeit haben oder zu wenig damit verdienen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Es ist bezeichnend, dass dieser Artikel 23 selbst unter Intellektuellen hierzulande weitgehend unbekannt ist. Wo liegt jetzt nochmal China?
Insofern müssen wir - um tatsächlich zum Thema zurückzukommen - die immer weiter elaborierten technischen Überwachungsmöglichkeiten auch als Ausdruck eines paranoiden Wahns ihrer Hersteller betrachten.
Einer Paranoia, die angesichts des sozialen Sprengstoffs, der sich in der Entwürdigung so breiter Schichten verbirgt, zu einer sehr sehr sehr berechtigten Furcht wird. Denn ich habe nur grob die Situation in Deutschland geschildert. Die erzwungene Untätigkeit so vieler Menschen in unseren Flüchtlingsheimen, in den Palästinensergebieten, ja praktisch fast im gesamten mittleren Osten und in vielen Ländern Afrikas macht den Terrorismus in all seiner Hilflosigkeit nämlich aus dieser Perspektive fast zu einer Not-Wendigkeit.
Es ist ja keineswegs so, dass diese stark marxistisch riechenden ökonomischen Theorien mit dem Endsieg von 89/90 widerlegt worden wären. Ganz im Gegenteil: Die Vorstellung zyklischer Krisen, welche durch die aus dem Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit entstehenden Pendelbewegungen hervorgerufen werden, wurde längst in die Volkswirtschaftslehre integriert. Steuerung der Geldmengen über die Leitzinsen. Das hat uns im globalen Maßstab eine lange Friedensperiode beschert (wenngleich das für Vietnamesen, Tschetschenen etc schon ziemlich zynisch klingt).
Dennoch ist nicht auszuschließen, dass die Karre doch irgendwann rechts oder links durch die Leitplanke semmelt.
Natürlich ist es wichtig, dass wir hierbei nicht vollständig die positive Denke, unsere gute laune, die Hoffnung, unsren Glauben (an das Gute) verlieren. Vor allem nicht im Hinblick auf jene kleine Nische im Weltinnenraum des Kapitals, an der wir selber gerade herumwerkeln dürfen. Wir dürfen aber auch darauf hinweisen, wenn wir dabei eine morsche Stelle im Gebälk entdecken, auch und gerade wenn es tragende Teile betrifft.
ein Bayer und ein Schwabe stehen bewundernd vor dem Eiffelturm
B: Sogns amoi, wonaus issn dör gmocht?
S: Ausch Guscheise.
B: Jo höit denn dös?